Rezension von Mona.

„Wörter in der Luft verwehen, kaum, dass man sie gesagt hat, aber Wörter auf Papier bleiben für immer.“ (S.284)

Wörter auf papier„Wörter auf Papier“ ist das preisgekrönte Erstlingswerk des US-amerikanischen Schriftstellers Vince Vawter. Die Grundgeschichte dieses Buches – ein Junge, der mit seinem Leben als Stotterer versucht umzugehen, hat autobiographische Züge, wie im Nachwort klar wird. Durch seinen Protagonisten Victor konfrontiert uns der Autor unwahrscheinlich charmant mit dem Umgang einer Störung, die ein viel größeres Ausmaß annimmt, als Nicht-Betroffene sich denken könnten. Und zusätzlich schenkt er uns eine Geschichte gespickt mit liebevollen Anekdoten aus dem Leben.

Seit „The King’s Speech“ dürfte das Stottern als Sprachstörung weiter in den Fokus geraten sein. Ging es dabei jedoch hauptsächlich um die Beseitigung und den Umgang mit diesem weitverbreiteten Sprachfehler, widmet Vince Vawter’s Kinder- und Jugendbuch sich eher der Akzeptanz mit eigenen Unzulänglichkeiten.

„Ich komme wahrscheinlich schneller als andere Kinder über Sachen weg, die wehtun. Ich habe auch keine andere Wahl, weil mein Stottern mir schließlich an jedem Tag so wehtut.“  (S. 121)

Victor trägt diesen Sommer die Zeitungen für seinen besten Freund aus und damit lernt er nicht bloß neue Menschen kennen, sondern muss sich seiner größten Angst stellen – Menschen offen ansprechen. Welche Tücken das für ihn als stotternden Menschen birgt, zeigen uns eine Vielzahl an Einblicken in seine Gedankenwelt. Um das Stottern zu mäßigen, muss er sich genau überlegen, welche Wörter er benutzt und ob diese Buchstaben bergen, die in der Aussprache zu hart sind und somit für ihn einen Stolperstein in der Aussprache darstellen.

Nicht leicht für einen intelligenten 11-Jährigen, der eigentlich so viel zu sagen hat. Da Papier ja bekanntermaßen geduldig ist, wird das schließlich zu seinem besten Zuhörer und schließlich zum Träger einer wunderschönen Geschichte. Ganz stark eingebrannt bei mir haben sich die Charaktere. Neben Viktor als Hauptträger der Geschichte, tauchen Mam – eine farbige Hausangestellte, die für Viktor eine viel größere Rolle zu spielen scheint als seine eigenen Eltern und Mr Spiro, auf.

Während Mam ein Stück weit die Rolle beider Elternteile übernimmt, Verständnis zeigt und ihm jede Fürsorge zuteil werden lässt, vermittelt Mr. Spiro ihm grundlegende Werte und eine große Portion Selbstbewusstsein. Er ist einer diese Charaktere, die sich vermutlich jeder in seiner Nachbarschaft wünschen würde.

Was mir außerdem unheimlich gut an der Geschichte gefiel, war die Tatsache, dass der Autor bestimmte Fakten nicht konkretisiert hat, sondern man sie sich selbst erschließen musste. Nehmen wir zum Beispiel die Zeit, in der die Geschichte überhaupt spielt. Es wurde nie eine Jahreszahl genannt (im Nachwort klärt der Autor das jedoch noch auf), sondern dem aufmerksamen Leser fallen Dinge auf, mit denen er den Zeitraum zumindest eingrenzen kann. So ist die Rede von Elvis und davon, dass Farbige einen bestimmten Platz im Bus zugewiesen bekommen. Außerdem stellt das Fernsehen eine Besonderheit dar.

In dieser Art und Weise verfährt der Autor des Öfteren, somit befasst man sich noch eingehender mit der Geschichte. Obwohl das Design eines Buches normalerweise überhaupt nicht relevant für die Bewertung ist, muss ich aber hier erwähnen, wie gelungen ich die Aufmachung finde.

Cover, Buchrücken, Schutzumschlag und Fotos auf den Innenseiten des Buches machen es zu einem wahren Schmuckstück. Und die Tatsache, dass die Geschichte wunderschön und einfach unheimlich besonders ist, macht das Buch umso wertvoller.

Fazit: Ein unglaublich hochwertiges Buch, aus dem der Leser sich eine Menge mitnehmen kann. Völlig zu Recht preisgekrönt!!