Interview mit Nils Mohl

Nils Mohl  (c) a_mo

Nils Mohl
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Nils Mohl, geboren 1971. Lebt in seiner Heimatstadt Hamburg. Zuletzt erschienen bei Rowohlt die Romane „Es war einmal Indianerland“, u. a. ausgezeichnet mit dem Deutschen Jugend-literaturpreis, „Stadtrandritter“ und „Mogel“. Alle handeln vom Erwachsenwerden – und haben sich für jedes Lesealter ab 14 und bis 104 bestens bewährt.

 

Fabelhafte Bücher: Jedes Jahr buhlen im deutschsprachigen Raum weit mehr als 100.000 Bücher in Neuauflage um die Aufmerksamkeit der Leser. Denken Sie über sowas nach, wenn Sie ein neues Buch in Angriff nehmen?

Es leben ein paar Milliarden Menschen auf diesem Planeten. Ich gehe trotzdem noch immer vor die Tür. Man weiß ja nie, was so passiert.

Fabelhafte Bücher: Bestsellerlisten wie beispielsweise die Spiegel-Bestseller-Liste waren immer schon heiß umstritten und doch orientieren sich nun mal viele Menschen an den Lesegewohnheiten anderer Leser. Wie stehen Sie zu solchen Bücherrankings?

Als Autor würde ich mich nicht grämen, wenn sich meine Bücher auf einer Bestsellerliste wiederfänden. Für meine Lesegewohnheiten spielen Rankings nicht die geringste Rolle.

Fabelhafte Bücher: Schreibblockaden, Selbstzweifel oder einfach zu viel zu tun: Jeder Autor hat mal Durchhänger. Was ist Ihr Geheimrezept?

Schreibblockaden sind ein Mythos, Selbstzweifel gesund und wer etwas zu erzählen hat, wird dauerhaft kaum davon abzuhalten sein. Im Zweifel helfen bei Durchhängern Schlaf, Sport, vernünftiges Essen.

Fabelhafte Bücher: Ob Indieautor oder Verlagsautor – längst wird erwartet, dass Autoren auf ihre Leser zugehen. Lesungen reichen nicht mehr, der Autor sollte möglichst auch im Internet präsent sein. Wie viel Zeit setzen Sie ungefähr für diese Aktivitäten rund ums Buch ein?

Wer erwartet genau, dass Autoren auf Leser zugehen? Ich erwarte als Leser vor allem, einen anständigen Text serviert zu bekommen. Das Internet wiederum ist eine Spielwiese für sich. Wie Lesungen auch. Und ich mag mich selbst nicht sonderlich, wenn ich den Online-Aktivitäten zu viel Zeit widme. Ab mehr als einer Stunde am Tag wird es im Zweifel kritisch.

Fabelhafte Bücher: Wenn Neulinge Sie nach einem Tipp fragen würden: Auf welches Marketinginstrument setzen Sie in erster Linie?

Sehr altmodisch setze ich in erster Linie aufs Kerngeschäft. Ich bemühe mich Tag für Tag redlich, als Schriftsteller handwerklich Fortschritte zu machen.

Fabelhafte Bücher: Von welchen Schriftstellern sehen Sie sich in Ihrem eigenen Werk beeinflusst? Wer inspiriert Sie?

Vermutlich wird der Einfluss von anderen Schriftstellern überschätzt. Letztlich hilft jeder gelesene Satz dabei, das eigene Programm zu definieren.

Fabelhafte Bücher: Wieso werden von den großen Feuilletons immer nur die üblichen Verdächtigen rezensiert, die ohnehin jeder kennt? Wie könnte es gelingen, Newcomer stärker in den Vordergrund zu rücken?

Die üblichen Verdächtigen haben einiges dafür getan, um ins Rampenlicht zu kommen. Oder es wurde einiges für sie getan. Und sie alle waren mal Newcomer. Mit einem langen und steinigen Weg, der vor ihnen lag.

Fabelhafte Bücher: Nach Ihren Erfahrungen – welche Anfängerfehler würden Sie im Nachhinein vermeiden – was können Sie Neulingen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Buch zu schreiben?

Ist es denn verkehrt, Anfängerfehler zu machen? Ich kann aber wärmstens empfehlen, sich an Dingen abzuarbeiten, die einen auch wirklich beschäftigen. Eine gute Geschichte ist eine, die am Ende immer nur von einem einzigen Menschen auf diese Art erzählt werden konnte.

Fabelhafte Bücher: Viele Schriftsteller tun sich beim Schreiben von Sex-Szenen ziemlich schwer. Gibt es Themen oder Situationen, bei deren Beschreibung Sie sich schwer tun?

Sobald man sich mit dem Schreiben einer Szene leicht tut, sollten die Alarmglocken schrillen.

Fabelhafte Bücher: Als heikel gelten auch politische Zuschreibungen, etwa Islamkritik oder Kritik an jüdischer Siedlungspolitik um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie gehen Sie mit dem Thema um und welchen Umgang erwarten Sie sich von Autoren insgesamt zu dem Thema?

Ich bin kein Journalist. Ich bin kein Politiker. Ich bin Geschichtenerzähler. Mein Material sollte möglichst aus erster Hand stammen. Prima, wenn Autoren einen persönlichen Bezug zu nachrichtenrelevanten Geschehnisse haben. Oder vielleicht sogar über exklusives Wissen verfügen, das mir die Zeitgeschichte verständlicher macht. Was mich aber in der Regel nicht die Bohne interessiert, sind halbgare Meinungsbekundungen. Manchmal wäre es deshalb sicher ganz schön, wenn Autoren sich genau damit zurückhalten würden.

Fabelhafte Bücher: Wenn Sie schreiben – wie strukturieren Sie Ihren Tag? Schreiben Sie, wenn Sie gerade in Stimmung sind? Oder haben Sie sich feste Zeiten reserviert?

An Stimmung mangelt es eher selten. Ohne feste Zeiten geht es nicht. Lange Jahre habe ich einen Kontojob gehabt und mich immer frühmorgens zwei Stunden an den Schreibtisch gesetzt, bevor es zur Arbeit ging. In den Sonnenaufgang zu schreiben ist etwas sehr Schönes.

Fabelhafte Bücher: Bitte verraten Sie uns etwas über Ihr aktuelles Projekt. Wovon soll Ihr nächstes Buch handeln, was können Sie schon verraten?

Mich beschäftigt seit einigen Jahren das Thema Erwachsenwerden. So sind zuletzt die Romane „Es war einmal Indianerland“ und „Stadtrandritter“ entstanden, die völlig unabhängig voneinander gelesen werden können und doch die ersten beiden Teile einer Liebe-Glaube-Hoffnung-Trilogie sind. Dann habe ich noch so etwas wie einen zweieinhalbten Teil dazwischengeschummelt – mit dem Titel „Mogel“. Und im Augenblick sitze ich an dem Abschluss dieses Projekts. „Zeit für Astronauten“ erscheint im Frühjahr 2016 bei Rowohlt. Eine echte Rakete, versteht sich.

Fabelhafte Bücher: Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch.


Nils Mohl im www