Interview mit Regina Schymiczek

 

(c) Regina Schymiczek

(c) Regina Schymiczek

Regina E.G. Schymiczek (*1961 in Essen) studierte Kunstgeschichte, Archäologie und Mittelalterliche Geschichte. Sie schrieb ihre Dissertation über die Wasser-speier des Kölner Doms und veröffentlichte dazu mehrere Bücher und Aufsätze. 2003 erschien ihr erstes Kinderbuch, zwei weitere folgten. Seit 2009 schreibt sie Geschichten für Erwachsene. Ihr Roman „Hilde-gundis und die Kinderkrone“ ist der erste Mittelalter-Roman, der in Essen spielt.

 

Fabelhafte Bücher: Jedes Jahr buhlen im deutschsprachigen Raum weit mehr als 100.000 Bücher in Neuauflage um die Aufmerksamkeit der Leser. Die „Konkurrenz“ ist also gewaltig. Denken Sie über sowas nach, wenn Sie ein neues Buch in Angriff nehmen?

Nein. Wenn man so betriebswirtschaftlich an das Schreiben herangeht, kann man es auch direkt lassen. Man muss von seiner Geschichte fasziniert und von dem Willen getrieben sein, sie zu erzählen.

Fabelhafte Bücher: Bestsellerlisten wie beispielsweise die Spiegel-Bestseller-Liste waren immer schon heiß umstritten und doch orientieren sich nun mal viele Menschen an den Lesegewohnheiten anderer Leser. Wie stehen Sie zu solchen Bücherrankings?

Es ist halt in der Regel so: Wer einen bekannten Namen hat, stürmt auch die Bestseller-Listen – dazu muss er das Buch noch nicht einmal selbst geschrieben haben. Das ist für unbekannte Autoren bitter, aber es ist auch nur menschlich, dass jeder mitreden möchte, wenn die Nachbarn auch schon das neue Buch von XY auf dem Nachttisch liegen haben.

Fabelhafte Bücher: Schreibblockaden, Selbstzweifel oder einfach zu viel zu tun: Jeder Autor hat mal Durchhänger. Was ist Ihr Geheimrezept?

Wenn mir der zündende Gedanke für das Weiterschreiben fehlt, fange ich einfach an, das Manuskript von vorn zu lesen, bis ich wieder ganz in der Welt meiner Geschichte bin. Dann geht’s von ganz allein weiter. Manchmal springt mir auch eine Szene oder ein Dialog in den Kopf, die aber erst viel später vorkommen dürfen. Dann schreibe ich diese schon mal auf und fülle den Zwischenraum später.

Fabelhafte Bücher: Ob Indieautor oder Verlagsautor – längst wird erwartet, dass Autoren auf ihre Leser zugehen. Lesungen reichen nicht mehr, der Autor sollte möglichst auch im Internet präsent sein. Wie viel Zeit setzen Sie ungefähr für diese Aktivitäten rund ums Buch ein?

Noch zu wenig. Aber ich bemühe mich, auf meiner eigenen Website und auf Facebook aktuell zu sein. Und natürlich beantworte ich alle Fragen, die Leser an mich stellen, zeitnah.

Fabelhafte Bücher: Wenn Neulinge Sie nach einem Tipp fragen würden: Auf welches Marketinginstrument setzen Sie in erster Linie?

Die lokale Presse ist für mich ein wichtiges Marketinginstrument. Zeitung und Radio haben eine enorme Wirkung. Allerdings ist auch nicht einfach, sich dort zu platzieren. Glück gehört, wie immer im Leben, auch dazu. Ansonsten benutze ich auch die sozialen Netzwerke und das Internet, wie eben angesprochen.

Fabelhafte Bücher: Von welchen Schriftstellern sehen Sie sich in Ihrem eigenen Werk beeinflusst? Wer inspiriert Sie?

Bei Dan Brown liebe ich die Verwebungen von Fakten und Fiktion und ganz besonders die detailreichen Ortsbeschreibungen. Darum ist es für mich auch immer wichtig, die Orte, an denen meine Romane spielen, selbst gesehen zu haben. Die WEIDE DER SEEPFERDE spielt zum Beispiel in Miami, Berlin, auf dem Mont-St-Michel, in New York und Las Vegas – Orte, die ich selbst besucht habe. Die Leser können meine Angaben vor Ort überprüfen. Für DAS SIEGEL DES JAGUARS war ich sogar in den Maya-Tempeln in Belize, am Golf von Mexiko.

Fabelhafte Bücher: Wieso werden von den großen Feuilletons, egal ob Spiegel, FAZ, ZEIT oder sonstigen Granden des Literaturbetriebs, immer nur die üblichen Verdächtigen rezensiert, die ohnehin jeder kennt? Wie könnte es gelingen, Newcomer stärker in den Vordergrund zu rücken?

Wie eben schon erwähnt, sehe ich das als schwierig an. Der Leser im Allgemeinen interessiert sich eben mehr für die Autoren, über die schon alle anderen reden. Hier sehe ich den ersten Ansatz wieder in der Lokalpresse. Von dort könnte der Sprung dann in die überregionalen Medien gelingen.

Fabelhafte Bücher: Nach Ihren Erfahrungen – welche Anfängerfehler würden Sie im Nachhinein vermeiden – was können Sie Neulingen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Buch zu schreiben?

Da ich sowohl Verlags- als auch Indieautorin bin, kann ich beide Seiten „bedienen“. Als Verlagsautor sollte man im Vorfeld genau die Marketingmaßnahmen mit dem Verlag abstimmen, sonst kann man böse Überraschungen erleben. Als Indieautor muss man sich im Klaren darüber sein, dass man für das ganze Marketing selbst verantwortlich ist – was sehr viel Zeit erfordert. Für beide Seiten ist es sicher sinnvoll, sich rechtzeitig in Autorennetzwerke einzuklinken, sich faire, aber kritische Probeleser zu sichern und vor allem: Mindestens einen, besser zwei gute Lektoren zu besorgen!

Fabelhafte Bücher: Viele Schriftsteller tun sich beim Schreiben von Sex-Szenen ziemlich schwer. Gibt es Themen oder Situationen, bei deren Beschreibung Sie sich schwer tun?

Rohe Gewalt, die bis in das kleinste Detail beschrieben wird, kommt in meinen Büchern nicht vor. Hier ist meine persönliche Meinung, dass die Leser genug Vorstellungskraft haben, um sich aus den Hinweisen, die ich ihnen gebe, ein Bild zusammenzusetzen.

Fabelhafte Bücher: Als heikel gelten auch politische Zuschreibungen, etwa Islamkritik oder Kritik an jüdischer Siedlungspolitik um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie gehen Sie mit dem Thema um und welchen Umgang erwarten Sie sich von Autoren insgesamt zu dem Thema?

Ich sehe Autoren so ähnlich wie bildende Künstler. Es gibt welche, die mit ihren Werken auf soziale Missstände und aktuelle politische Themen aufmerksam machen – was auch gut und richtig ist. Dann gibt es andere, die eine besondere Landschaft, einen schönen Körper oder nur ein interessantes Farbenspiel darstellen – etwas, das einen einfach aufgrund seiner Schönheit berührt. Auch solch eine Kunst ist gut und wichtig. Ich sehe mich in der zweiten Gruppe. Ich möchte mit meinen Romanen spannend unterhalten und nebenbei ein bisschen Wissen über Kunst, Kultur, Geschichte und Theologie vermitteln, den Leser in eine andere Welt entführen und ihn mit einem Gefühl der Zufriedenheit wieder in seinen Alltag entlassen.

Fabelhafte Bücher: Wenn Sie schreiben – wie strukturieren Sie Ihren Tag? Schreiben Sie, wenn Sie gerade in Stimmung sind? Oder haben Sie sich feste Zeiten reserviert?

Ich versuche, jeden Tag zu schreiben. Das gelingt mir leider selten, da ich vom Schreiben (noch!) nicht leben kann und daher einem „Brotberuf“ nachgehe – was mir nur den Abend und die Wochenenden übriglässt. Besonders am Wochenende kann ich dann aber stundenlag am Stück schreiben.

Fabelhafte Bücher: Bitte verraten Sie uns etwas über Ihr aktuelles Projekt. Wovon soll Ihr nächstes Buch handeln, was können Sie schon verraten?

Nach DIE WEIDE DER SEEPFERDE und DAS SIEGEL DES JAGUARS (der gerade frisch aus der Druckerpresse gekommen ist) beginne ich jetzt mit dem dritten Teil der Abenteuerserie um den Meeresarchäologen Jack Foster, DER TRAUM DES COYOTEN. Dieser wird u.a. in Texas spielen, wo ich gerade wegen letzter Recherchen war. Parallel schreibe ich auch unter meinem Pseudonym Ray Silver an einem Krimi, der in den Indianerreservaten des amerikanischen Südwestens spielt.

Fabelhafte Bücher: Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch.


Regina Schymiczek im www


Weitere Hintergründe zur Autorin

Mit „Die Weide der Seepferde“, hat sie das Genre der Urban Fantasy für sich entdeckt. Der zweite Teil „Das Siegel des Jaguars“ erschien im Januar 2015. Wie in all ihren Büchern sind auch hier die historischen Hintergründe und örtlichen Gegebenheiten sorgfältig recherchiert. Außerdem wurden mehrere E-Short-Books von ihr veröffentlicht, zum Teil auch unter ihrem Pseudonym Ray Silver.
Regina E.G. Schymiczek lebt und arbeitet in Essen sowie in einem Ferienhaus in den Niederlanden, ist aber auch immer wieder gern in den USA unterwegs.