Rezension von Mona

„Wer auch nur ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt“ (S. 156)

„Der Junge auf der Holzkiste“ ist die Autobiographie des jüdischen Holocaust Überlebenden Leon Leyson, der nach Ende des zweiten Weltkriegs nach Amerika auswanderte und dort irgendwann sein Trauma aufarbeitete.

Wir begleiten den jungen Leon und seine Familie, die ein (für damalige Verhältnisse) unbeschwertes Leben im provinzialischen Polen führen. Seitenhiebe gegenüber Juden waren zwar schon damals an der Tagesordnung, allerdings nicht in der Form, dass es lebensbeeinträchtigend oder gar lebensbedrohlich war, denn „ein Jude war ein Jude und jeder Jude war verantwortlich für Jesus’ Tod“ (S. 24). Als die Nazis an die Macht kommen, fühlt die Familie sich in ihrem Heimatort nicht mehr sicher genug und verlagert ihren Wohnsitz nach Krakau – ein Ballungsgebiet für polnische Juden. Dort werden sie nach einiger Zeit in ein jüdisches Ghetto verfrachtet und müssen erfahren, was es heißt, das Hassbild für einen Großteil der Menschheit zu sein.

Ein für unsere Generation unvorstellbares Leben beginnt, in dem permanenter Hunger noch zu den angenehmeren Seiten des Alltags gehört. Gleichzeitig werden sie Zeuge einer jener Heldentaten, die in unserer Geschichte eine genau so große Daseinsberechtigung haben, wie die Kriege selbst. Denn diese Geschichte dreht sich um die Personifizierung des Heldentums, einem Stück Menschlichkeit in der Hölle. Das ist die Geschichte von Oskar Schindler, einem selbst ernannten Nationalsozialisten, der ca. 1200 Juden vor ihrem sicheren Tod bewahrte, indem er sie offiziell in seiner Fabrik anstellte und ihnen Sicherheit bot.

Das Buch ist eine Huldigung an diesen Mann, der später von seinen Arbeitern liebevoll als „seine Kinder“ sprach und sich in Jerusalem beerdigen ließ. Genauso ist es eine Kindheit fernab von unserer heutigen Vorstellung von Kindheit. Und obwohl das Buch als Kinder- und Jugendbuch klassifiziert ist, ist es auch für Erwachsene eine unglaubliche Bereicherung…

junge holzkisteVöllig authentisch schildert Leon Leyson vor allem seine Kindheitserlebnisse, sodass ich das Gefühl hatte, mitten im Geschehen zu stecken und auch wirklich von einem Kind erzählt zu bekommen. Das Erleben war gespickt von Trauer, Wut und vor allem Unverständnis für die Situation. Und genau deshalb konnte ich mich so gut in ihn hineinversetzen, denn empfinden wir nicht genau das heute, wenn wir solche Erlebnisschilderungen hören?

„Freiheit kam uns unmöglich und viel zu phantastisch vor“ (S. 155), solche und ähnliche Sätze lassen uns in die Gedankenwelt der Opfer eintauchen. Was für uns heute eine Selbstverständlichkeit darstellt, war für die Betroffenen ein Wunschdenken, das sich nur die wenigsten erlaubten. Allerdings werden hier nicht bloß Todeskampf und Verlust beschrieben, denn nach Beendigung des Krieges legte der schwer traumatisierte Leon Leyson noch eine bemerkenswerte Laufbahn hin und zeigt uns, wie kostbar das Leben ist!

Noch Tage danach wirken diese lebensbejahenden Zeilen bei mir nach und ermutigen, ja motivieren sogar.

Fazit

Ein unglaublich wertvolles Buch, das noch lange nachhallt. Für Kinder ebenso wie für Erwachsene eine dringende Leseempfehlung!