Rezension von Amir Junuzović

Nein, hierbei handelt es sich nicht um einen Serienmörder und es wird kaum über einen Detektiv erzählt, der auf spektakulärer Art und Weise die schwierigsten Mordfälle löst – und eigentlich gibt es gar keinen Mord, Blut oder Tod. Naja, wieso denn dann ein solch trivialer Name für ein Buch, das nichts mit ermorden, bluten oder töten zu tun hat?

Die Antwort ist einfach und sie hat einen Namen: Alfred Andersch!

Der Akrobat der deutschen Sprache verewigt sich in diesem Werk und er erschafft uns einen kurzen, jedoch tiefen und atemberaubenden Einblick in sein Leben – „Der Vater eines Mörders“ ist nicht nur ein Buch, sondern ein Stück vom Herzen des Autors. Es ist auch ein autobiografisches Werk und erst nach dem ersten Lesen wird einem auch der Titel klar.

anderschAndersch, der sich selbst in der Figur des Franz Kien verewigt, erzählt auf seine charakteristische Art und Weise die Begebenheiten während einer Griechisch-Stunde in einem humanistischen Gymnasium im Jahre 1928 – Ereignisse, die sein späteres Leben und seinen Charakter enorm prägten. „Der Vater eines Mörders“, der hier in der Person des allwissenden und kritisch betrachtenden Schuldirektors dargestellt wird, nimmt den kleinen Kien während einer Schulinspektion in die Mangel – er durchfragt eine Reihe von Schülern und als letztes Opfer den kleinen Kien.

Nach langem Hin und Her und nach zahllosen Versuchen, sich klüger darzustellen, als man wirklich ist, verliert Kien das Duell gegen den „Rex“ und muss sich danach mit einer der härtesten Bestrafungen abfinden, die es überhaupt im Schulwesen gibt. Doch natürlich kommt hier nicht das Ende der Geschichte! Der „kluge Leser“ wird sich in den überragenden Tiefgründigkeiten, Mehrdeutigkeiten, humoristischen Äußerungen und den überragenden Beschreibungen im Stile eines Kleists verlieben und das Buch verschlingen! Ich habe es auch mehrmals gelesen (natürlich innerhalb eines Tages!)

„Der Vater eines Mörders“ ist einfach nur gut!

Weitere Infos:
• Andersch, einer der Gründungsmitglieder der „Gruppe 47“, war ein zeitkritischer Autor und er veröffentlichte neben den bekanntesten Romanen auch zahlreiche Erzählungen – Andersch war politisch sehr kritisch und ein wahrer Pazifist jener Zeit.

• Ohne Alfred Andersch würde es auch keinen Heinrich Böll geben – Andersch lud Böll zu einer Tagung der „Gruppe 47“ ein, wonach Böll nicht nur den Preis der Gruppe gewann, sonder auch an enormer Popularität.
• Im „Diogenes Verlag“ 160 Seiten, die „Deluxe Edition“ ist äußerst schön und ich kann sie nur weterempfehlen!

• Das Werk im „Diogenes Verlag

Meine Bewertung:  

(O – war grausam!!
10- excellentes Buch!!)
Historischer Wert: 0-10: 8
Spannung: 0-10: 8
Lesefreude: 0-10: 10
Muss-man-gelesen-haben: 0-10