Rezension von Annemarie

Inhalt

Fatum: lateinisch für Schicksal. Besonders ein Schicksal ist aus Sicht vieler Geschichtsforscher unbekannt und noch immer nicht gelöst: Das des Untergangs des römischen Reiches. Wie konnte es kommen, dass ein riesiges Reich, das über drei Kontinente ging, das es geschafft hat, mutige, starke Völker wie die Gallier zu erobern, das eine enorm hohe Effizienz und Fortschrittlichkeit hatte, einfach so untergehen konnte? Waren es, wie einige Forscher behaupten, wirklich die verkrusteten Strukturen, die dem Wandel der Zeit nicht mehr gewachsen waren? Waren es andere kriegerische Völker, die auf einmal so stark wurden, dass sie die als unbesiegbar geltenden Römer einfach mal eben besiegen konnten? All das ist nicht der entscheidende Grund – entscheidend waren Klimaveränderungen und Krankheiten, so Kyle Harper, der u.a. Professor für Altertumswissenschaften, Senior Vice President und Provost der Universität Oklahoma und Autor dieses Buches ist. Diese haben seiner Meinung nach das römische Reich so sehr geschwächt, dass es keine ausreichende Widerstandskraft gegen seine Feinde hatte. Und die Einzelheiten dazu erläutert er in seinem Band.

Das Buch ist – wie bei einem Professor als Autor durchaus zu erwarten – wissenschaftlich fundiert, er baut also auf wissenschaftlichen Quellen auf und nutzt diverse wissenschaftliche Quellen zur Unterstützung seiner These. Unterteilt ist es in sieben Teile plus Prolog und Epilog. Diese sind in Bezug auf ihre Themen nicht stark voneinander abgegrenzt, vielmehr gehen sie stark ineinander über. Im ersten Teil werden die Umweltbedingungen – darunter Geographie, Klima, Sozialstruktur, Politik und Krankheiten – im römischen Reich kurz erläutert und es wird eine eher allgemeine Einführung in Bedingungen zur damaligen Zeit gegeben. Im Anschluss daran geht der Autor schwerpunktmäßig auf die positiven klimatischen Bedingungen und den Wohlstand im römischen Reich ein, er erläutert aber auch, was für Belastungen es gab und wie mit diesen bestmöglich umgegangen wurde. Der Folgeteil „Apollos Rache“ hat die negativen Faktoren zum Inhalt, darunter die Ursachen für die Sterblichkeit, eine erhöhte Mortalität, deren Wandel im Jahresverlauf. Natürlich geht Harper hier auch auf verschiedene Krankheiten, darunter die Pest und die Pocken, ein, also wie diese ins römische Reich kamen, wie sie sich verbreiteten und welche gravierenden Auswirkungen sie auf das römische Volk hatten. Der daran anschließende Teil hat das dritte und vierte Jahrhundert, also die Endzeit des römischen Reichs, zum Schwerpunkt. Der Fokus hierbei liegt auf den Belastungen in dieser Zeit. Im Anschluss daran geht es um die Auswirkungen von Schicksalsereignissen auf Rom. Die letzten beiden Teile haben den aus den Faktoren resultierenden Untergang des römischen Reichs zum Schwerpunkt. Ein sehr umfangreicher Anhang mit den Ergebnissen forensischer Untersuchungen, Einzelheiten zu unterschiedlichen Pandemieausbrüchen, einem sehr umfangreichen Anmerkungsverzeichnis und der Bibliographie schließt den Band ab. Das Quellenverzeichnis ist in Bezug auf den Umfang definitiv kaum zu überbieten – allein für die Forschungsliteratur wurden 56 Seiten benötigt, die eng beschrieben sind.

Rezension

Die Auswirkungen des sich wandelnden Klimas und Pandemien, die ein Volk stark schwächen – gerade in einer Zeit des menschgemachten Klimawandels, in der das Coronavirus die ganze Welt lahmlegt, sind das topaktuelle Themen. Und daher fand ich diesen Band hochinteressant, schließlich zeigt er, wie schlimm die Auswirkungen von Klimaveränderungen und Krankheiten auf Menschen und auf ganze Völker auch langfristig sein können.

Harpers Argumentationen sind wissenschaftlich fundiert, klingen logisch und schlüssig, seine Ausführungen sind gut verständlich. Dennoch sollte man sich, wenn man Interesse an diesem Band hat, definitiv dafür interessieren, wie das römische Reich untergehen konnte, und ein gesteigertes Interesse an Geschichte haben, schließlich ist der Band mit über vierhundert in relativ kleiner Schrift beschriebenen Seiten sehr umfassend und der Fokus liegt eindeutig auf einer logischen, in sich konsistenten Argumentation, weniger auf Unterhaltsamkeit. Wer Augustus für einen Hundenamen hält, mit Cicero nur die gleichnamige Zeitschrift assoziiert und beim Begriff Cäsar vor allem an eine bekannte Hundefuttermarke denkt, sollte sich daher wohl besser eine andere Lektüre suchen.

Dafür schreibt Harper wirklich detailliert, seine Erläuterungen und Ausführungen sind auf dem neuesten Stand der Forschung und man erhält nebenbei noch diverse andere interessante Informationen zum römischen Reich. Dies ist nicht verwunderlich, schließlich hat Harper diverse unterschiedliche Informationen aus verschiedenen Fachbereichen – nicht nur geschichtliche, sondern auch Infos aus der Meteorologie und generell der Geographie sowie aus den Bereichen Biologie und Medizin – gesammelt, ausgewertet und als Grundlage für seine These genutzt.

Fazit

Ein wissenschaftlich sehr fundierter, interdisziplinärer Band, in dem die These, dass der Untergang des römischen Reichs primär durch Krankheiten und Klimaveränderungen verursacht wurde, sehr umfassend und logisch erläutert wird. Allen an Geschichte und insbesondere der römischen Antike Interessierten, die ein hochwertiges, umfangreiches, wissenschaftliches Sachbuch suchen, sehr zu empfehlen.