Interview mit Alfons Huckebrink

 

Alfons Huckebrink, *1953. Lebt in Münster. Prosa, Lyrik, Literaturkritik. Mitveranstalter der Münsteraner Literaturmeisterschaften. 2005-08 Bezirkssprecher
des Verbands deutscher Schriftsteller (VS). Leiter von Schreibwerkstätten. Zuletzt (als Co-Autor): „Autor des eigenen Lebens werden. Eine Anleitung zur Selbstentwicklung“, Stuttgart 2012 und „Gelinde gesagt. 99 Kürzestgeschichten“ Münster 2012

(c) Gudula Ritz

(c) Gudula Ritz

 

Fabelhafte Bücher: Jedes Jahr buhlen im deutschsprachigen Raum weit mehr als 100.000 Bücher in Neuauflage um die Aufmerksamkeit der Leser. Die „Konkurrenz“ ist also gewaltig. Denken Sie über sowas nach, wenn Sie ein neues Buch in Angriff nehmen?

Ganz und gar nicht. Der Schreibprozess kennt viele Imponderabilien. Konkurrenzdruck zählt dazu nicht.

Fabelhafte Bücher: Bestsellerlisten wie beispielsweise die Spiegel-Bestseller-Liste waren immer schon heiß umstritten und doch orientieren sich nun mal viele Menschen an den Lesegewohnheiten anderer Leser. Wie stehen Sie zu solchen Bücherrankings?

Gut fürs Geschäft, schlecht für den Geschmack. Der Leser ist gefordert, muss zum Trüffelschwein mutieren, um die guten neuen und alten Werke aufzustöbern.

Fabelhafte Bücher: Schreibblockaden, Selbstzweifel oder einfach zu viel zu tun: Jeder Autor hat mal Durchhänger. Was ist Ihr Geheimrezept?

Beherzigen Sie die achte der dreizehn Thesen Walter Benjamins zur Technik des Schriftstellers: „Das Aussetzen der Eingebung fülle aus mit der sauberen Abschrift des Geleisteten. Die Intuition wird darüber erwachen.“

Fabelhafte Bücher: Ob Indieautor oder Verlagsautor – längst wird erwartet, dass Autoren auf ihre Leser zugehen. Lesungen reichen nicht mehr, der Autor sollte möglichst auch im Internet präsent sein. Wie viel Zeit setzen Sie ungefähr für diese Aktivitäten rund ums Buch ein?

Trotz Beantwortung dieser Interviewfragen wahrscheinlich immer noch zu wenig.

Fabelhafte Bücher: Wenn Neulinge Sie nach einem Tipp fragen würden: Auf welches Marketinginstrument setzen Sie in erster Linie?

Das Gespräch über Bücher initiieren und in Gang halten.

Fabelhafte Bücher: Von welchen Schriftstellern sehen Sie sich in Ihrem eigenen Werk beeinflusst? Wer inspiriert Sie?

Peter Weiss und Bert Brecht in der ersten Kategorie. Paul Nizon und Franz Hohler in der zweiten. Um nur einige zu nennen. Entscheidend bleibt aber, den eigenen (also eigentümlichen) Stil zu finden. Zugleich das Schwerste.

Fabelhafte Bücher: Wieso werden von den großen Feuilletons, egal ob Spiegel, FAZ, ZEIT oder sonstigen Granden des Literaturbetriebs, immer nur die üblichen Verdächtigen rezensiert, die ohnehin jeder kennt? Wie könnte es gelingen, Newcomer stärker in den Vordergrund zu rücken?

Das sind die Mechanismen des Markts. Genauso gut ließe sich fragen, warum die Leute fast ausschließlich Puddingpulver von Dr. Oetker und nicht das vergleichbar gute von Vogeley kaufen.

Fabelhafte Bücher: Nach Ihren Erfahrungen – welche Anfängerfehler würden Sie im Nachhinein vermeiden – was können Sie Neulingen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Buch zu schreiben?

Ausdauer, Beharren, Klausur. Mut zum Streichen. Vor allem: Reden Sie nicht über Ihr neues Werk, bevor Sie es als abgeschlossen betrachten.

Fabelhafte Bücher: Viele Schriftsteller tun sich beim Schreiben von Sex-Szenen ziemlich schwer. Gibt es Themen oder Situationen, bei deren Beschreibung Sie sich schwer tun?

Koch- und Abschiedsszenen. Beide können anbrennen und letztere fallen mir auch im richtigen Leben nicht eben leicht.

Fabelhafte Bücher: Als heikel gelten auch politische Zuschreibungen, etwa Islamkritik oder Kritik an jüdischer Siedlungspolitik um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie gehen Sie mit dem Thema um und welchen Umgang erwarten Sie sich von Autoren insgesamt zu dem Thema? 

Warum sollte ich jüdische Siedlungspolitik kritisieren? Ich erwarte diesbezüglich auch nichts von anderen und beargwöhne hiesige Bebauungspläne. Im Sinne, dass sie das Bedenken stärkt, wirkt Literatur immer widerständig.

Fabelhafte Bücher: Wenn Sie schreiben – wie strukturieren Sie Ihren Tag? Schreiben Sie, wenn Sie gerade in Stimmung sind? Oder haben Sie sich feste Zeiten reserviert?

Stimmungen gehören in den Text. Der Autor möchte kühlen Kopf bewahren. Er sollte sein Handwerk verstehen und es zu festen Arbeitszeiten ausüben. Diese können durchaus auch nachts liegen.

Fabelhafte Bücher: Bitte verraten Sie uns etwas über Ihr aktuelles Projekt. Wovon soll Ihr nächstes Buch handeln, was können Sie schon verraten?

Von Kürzestgeschichten, einer im Doppelsinn einseitigen Textgattung. Vor zwei Jahren erschien mit ‚Gelinde gesagt‘ meine Sammlung von 99 Kürzestgeschichten. Im Moment arbeite ich an einem neuen Band, der, weil man sich ja immer selbst übertreffen will, 101 neue enthalten soll.

Fabelhafte Bücher: Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch.


 

Alfons Huckebrink im www

www.alfons-huckebrink.de

www.autor-des-eigenen-lebens.de