Interview mit Angela Waidmann

 

Angela Waidmann mit Pferd Vingador

Angela Waidmann mit Pferd Vingador

Angela Waidmann, geboren 1965, hat mit fünf Jahren ihre ersten Geschichten geschrieben. Schon in der Grundschule träumte sie davon, Romanautorin zu werden. Nach ihrem Magister-Examen und der Betreuung einer historischen Ausstellung beim Deutschen Pferdemmusem lief alles sehr schnell aufs Schreiben hinaus: Mehr als zehn Jahre lang arbeitete sie als Pferde-Fachjournalistin und schrieb zwei Sachbücher über Pferde, bevor 2003 die ersten vier von bislang über 20 Romanen für Kinder oder Jugendliche aus ihrer Feder erschienen. Die Autorin lebt mit ihrem Mann, ihrem Sohn, der dreifarbigen Glückskatze Niki und dem portugiesischen Schimmelwallach Vingador in einem Dorf im Spessart.

 

Fabelhafte Bücher: Jedes Jahr buhlen im deutschsprachigen Raum weit mehr als 100.000 Bücher in Neuauflage um die Aufmerksamkeit der Leser. Die „Konkurrenz“ ist also gewaltig. Denken Sie über sowas nach, wenn Sie ein neues Buch in Angriff nehmen?

Ich bin mir dessen natürlich bewusst. Aber viel Konkurrenz gibt es in wirklich jeder Industrie-Branche, in der es einigermaßen gut läuft. Außerdem treten die vielen Bücher in unterscheidlichen Sparten an, z.B. als Reiseführer, Erwachsenenromane, Kinderbücher, Bilderbücher usw. Und die meisten des Lesens mächtigen Menschen in Deutschland kaufen mehr als ein Buch pro Jahr. Diese Tatsachen relativieren das „Problem“ erheblich.

Fabelhafte Bücher: Bestsellerlisten waren immer schon heiß umstritten und doch orientieren sich nun mal viele Menschen an den Lesegewohnheiten anderer Leser. Wie stehen Sie zu solchen Rankings?

Die gehören nun mal zum Geschäft. Glücklicherweise gibt es auch noch andere Faktoren, die für die Leser wichtig sind, etwa Empfehlungen von Freunden oder von Buchhändlern oder Buchbesprechungen in  Zeitungen, Zeitschriften und im Internet.

Fabelhafte Bücher: Schreibblockaden, Selbstzweifel oder einfach zu viel zu tun: Jeder Autor hat mal Durchhänger. Was ist Ihr Geheimrezept?

Disziplin. Egal, wie es mir an einem bestimmten Tag geht, ich setze mich an den Computer und beginne zu schreiben. Bisher sind am Ende noch jedesmal gute Texte heraus gekommen, und selbst an einem eher schwierigen Tag macht das Schreiben nach einer Weile richtig Spaß. Ich habe dann nur ein bisschen mehr Zeit zum Einarbeiten gebraucht.

Fabelhafte Bücher: Ob Indieautor oder Verlagsautor – längst wird erwartet, dass Autoren auf ihre Leser zugehen. Lesungen reichen nicht mehr, der Autor sollte möglichst auch im Internet präsent sein. Wie viel Zeit setzen Sie ungefähr für diese Aktivitäten rund ums Buch ein?

Eine konkrete Zeitangabe kann ich nicht machen. Es hängt davon ab, ob gerade ein neues Buch von mir erschienen ist. In den Wochen/wenigen Monaten vorher und nachher bin ich am aktivsten.

Fabelhafte Bücher: Wenn Neulinge Sie nach einem Tipp fragen würden: Auf welches Marketinginstrument setzen Sie in erster Linie?

Ich setze vor allem auf gute eigene Texte. Ein Leser, der eines meiner Bücher mag, wird wahrscheinlich darüber reden und es weiter empfehlen oder an Freunde verschenken. Natürlich ist auch die Arbeit des Verlages wichtig, etwa, wenn es um einen guten Titel, ein schönes Cover oder das passende Marketing geht. Aber darauf habe ich als Autor nur sehr bedingt Einfluss.

Fabelhafte Bücher: Von welchen Schriftstellern sehen Sie sich in Ihrem eigenen Werk beeinflusst? Wer inspiriert Sie?

Einen Namen kann ich nicht nennen. Als Ideen-Lieferant hat mir schon alles mögliche gedient, von eigenen Erlebnissen über die Geschichten, die mir Freunde erzählt haben,  bis Kinofilmen und alten Sagen.

Fabelhafte Bücher: Wieso werden von den großen Feuilletons, egal ob Spiegel, FAZ, ZEIT oder sonstigen Granden des Literaturbetriebs, immer nur die üblichen Verdächtigen rezensiert, die ohnehin jeder kennt? Wie könnte es gelingen, Newcomer stärker in den Vordergrund zu rücken?

Da kann ich nur vermuten: Auch die großen Zeitungen und Zeitschriften brauchen Auflage. Im Bereich Buchbesprechungen glauben sie diese aber nur zu erreichen, indem sie Bücher von sehr bekannten Autoren behandeln. Wenn meine Vermutung stimmt, beißt sich die Katze in den Schwanz. Ein Patentrezept, mit dem man diesen vicious circle durchbrechen kann, habe ich nicht. Newcomer haben wohl nur eine Chance, wenn ihre Bücher überdurchschnittlich gut verkauft werden und ihr Name auch ohne Rückenwind von den großen Zeitungen und Zeitschriften bekannt wird. Zugegeben:  Das ist schwer genug. Aber manchmal gelingt es trotzdem.

Fabelhafte Bücher: Nach Ihren Erfahrungen – welche Anfängerfehler würden Sie im Nachhinein vermeiden – was können Sie Neulingen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Buch zu schreiben?

Als „Anfänger“ muss man sich klar machen, dass die Konkurrenz wirklich riesengroß ist. Ich habe den Eindruck, dass es kaum ein Kind und kaum einen Erwachsenen gibt, der nicht schon einmal versucht hat, ein Buch zu schreiben. Und von den LektorInnen höre ich immer wieder, dass ihre Schreibtische beinahe unter den Bergen von unangefordert eingesandten Manuskripten zusammenbrechen. Das ist genauso hart, wie es ist. Darum würde ich jedem, der als Autor Fuß fassen möchte, raten: Fragen Sie sich und Ihre Freunde sehr ernsthaft, ob Sie wirklich gut schreiben können. Denken Sie darüber nach, ob ihre Ideen frisch und originell sind oder ob Sie nur alt bekannte Geschichten wiederholen. Lassen Sie sich niemals auf einen Verlag ein, der von Ihnen verlangt, das Lekotrat und den Druck des Buches aus eigener Tasche zu bezahlen! Solche Verlage verdienen nämlich an Ihnen und tun hinterher so gut wie nichts für den Verkauf Ihres Buches. Dagegen ist sinnvoll, einen seriösen Agenten zu finden, der von Ihrer Arbeit überzeugt ist und Ihnen dabei hilft, für Ihre Ideen und Manuskripte einen guten Verlag zu finden.

Fabelhafte Bücher: Viele Schriftsteller tun sich beim Schreiben von Sex-Szenen ziemlich schwer. Gibt es Themen oder Situationen, bei deren Beschreibung Sie sich schwer tun?

Eigentlich nicht. Beim Schreiben einer Geschichte erlebe ich sie immer hautnah mit und gehe völlig in der Hauptdarstellerin/dem Hauptdarsteller auf. Dafür muss ich allerdings davon überzeugt sein, dass eine Szene zu einer Geschichte und zu einer Altergruppe passt. Dann habe ich aber überhaupt kein Problem damit, sie aufzuschreiben, auch wenn sie sexbetont, skurril oder grausam ist.

Fabelhafte Bücher: Als heikel gelten auch politische Zuschreibungen, etwa Islamkritik oder Kritik an jüdischer Siedlungspolitik um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie gehen Sie mit dem Thema um und welchen Umgang erwarten Sie sich von Autoren  insgesamt zu dem Thema?

An Aussagen zu solchen wirklich heiklen Themen traue ich mich grundsätzlich nur heran, wenn ich mich vorher sehr intensiv damit auseinandergesetzt habe. Immerhin muss ich damit rechnen, das hinterher eine Menge Leute meinen Text lesen und sich vielleicht davon beeinflussen lassen oder über meine Stellungnahme ärgern. Übrigens erschrecke ich bei einer gründlichen Auseinandersetzung mit einem Thema oft darüber, wie weit sich die „öffentliche Meinung“ von den tatsächlichen Verhältnissen entfernt hat. Da ist es umso wichtiger, dass man sich gründlich mit den Themen auskennt, über die man schreibt.

Fabelhafte Bücher: Wenn Sie schreiben – wie strukturieren Sie Ihren Tag?

Ich schreibe zu festen Zeiten, nämlich vormittags von 9.00 bis 13.00 Uhr.

Fabelhafte Bücher: Bitte verraten Sie uns etwas über Ihr aktuelles Projekt. Wovon soll Ihr nächstes Buch handeln, was können Sie schon verraten?

Zur Zeit sind zwei Projekte in Vorbereitung: eine Pferdebuch-Serie beim arena-Verlag mit dem Titel „Zoe – Mein Glück hat vier Hufe“ und ein Kinderkrimi beim emons-Verlag, in dem es um die Suche nach einem mittelalterlichen Schatz geht. Der Titel hierfür steht noch nicht fest.

Fabelhafte Bücher: Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch.


Die Autorin im Rowohlt-Verlag