Interview mit Christoph Danne

 

Christoph Danne, geb. 1976 in Bonn. Literatur-Studium in Berlin und Salamanca. Arbeitet als Schriftsteller, Herausgeber und Buchhändler in Köln. Publikationen in zahlreichen Zeitschriften und Anthologien. Betreibt den tauland-verlag, ist Veranstalter der Lyrik-Lesebühne HELLOPOETRY! in Köln. Drei Einzelveröffentlichungen, zuletzt der Gedichtband SHOOTING STARS, Elifverlag 2015.

(c) Sascha Bofinger

(c) Sascha Bofinger

 

Fabelhafte Bücher: Jedes Jahr buhlen im deutschsprachigen Raum weit mehr als 100.000 Bücher in Neuauflage um die Aufmerksamkeit der Leser. Die „Konkurrenz“ ist also gewaltig. Denken Sie über sowas nach, wenn Sie ein neues Buch in Angriff nehmen?

Christoph Danne: Nein. Das interessiert mich nicht, weil es mich nicht betrifft. Meine Veröffentlichungen stehen zu niemandem in Konkurrenz. Jeder neue Gedichtband aus der Lyrik-Szene steht für sich und ist – im Optimalfall – eine Bereicherung.

Fabelhafte Bücher: Bestsellerlisten wie beispielsweise die Spiegel-Bestseller-Liste waren immer schon heiß umstritten und doch orientieren sich nun mal viele Menschen an den Lesegewohnheiten anderer Leser. Wie stehen Sie zu solchen Bücherrankings?

Christoph Danne: Sie sind legitim, für mich jedoch völlig irrelevant. Es wird eine kommerzielle Statistik abgebildet. Mehr nicht. Wer etwas Ausgefallenes, Anspruchsvolles sucht, kauft dies. Wer Massenware möchte, kauft jenes.

Fabelhafte Bücher: Schreibblockaden, Selbstzweifel oder einfach zu viel zu tun: Jeder Autor hat mal Durchhänger. Was ist Ihr Geheimrezept?

Christoph Danne: Loslassen. Eine Weile etwas anderes tun. Viel lesen, ans Meer fahren. Eine Flasche Gin trinken. Ruhig bleiben.

Fabelhafte Bücher: Ob Indieautor oder Verlagsautor – längst wird erwartet, dass Autoren auf ihre Leser zugehen. Lesungen reichen nicht mehr, der Autor sollte möglichst auch im Internet präsent sein. Wie viel Zeit setzen Sie ungefähr für diese Aktivitäten rund ums Buch ein?

Christoph Danne: Wenn eine neue Veröffentlichung ansteht, gebe ich Lesungen. Bin auf den Messen präsent, bewerbe selbstverständlich das Buch in den sozialen Netzwerken. Das geht Hand in Hand mit der Marketingarbeit der Verlage. Man ist als Autor mit seinem Werk komplett im Netz (v.a. den üblichen Literaturportalen, aber auch via Enzyklopädien wie Wikipedia) auffindbar – zwei Klicks, alles da. Wenn sich das eingespielt hat, dann benötigt man dazu nicht viel Zeit. Es steht in keinem Vergleich zum Finden des richtigen Wortes im letzten Gedicht.

Fabelhafte Bücher: Wenn Neulinge Sie nach einem Tipp fragen würden: Auf welches Marketinginstrument setzen Sie in erster Linie?

Christoph Danne: Soziale Netzwerke, ganz klar. Alles andere ist Steinzeit oder Ignoranz.

Fabelhafte Bücher: Von welchen Schriftstellern sehen Sie sich in Ihrem eigenen Werk beeinflusst? Wer inspiriert Sie?

Christoph Danne: Charles Bukowski. Marcel Proust. Samuel Beckett.

Fabelhafte Bücher: Wieso werden von den großen Feuilletons, egal ob Spiegel, FAZ, ZEIT oder sonstigen Granden des Literaturbetriebs, immer nur die üblichen Verdächtigen rezensiert, die ohnehin jeder kennt? Wie könnte es gelingen, Newcomer stärker in den Vordergrund zu rücken?

Christoph Danne: Das ist ein Ärgernis. Aber nicht weiter schlimm, da die Feuilletons als Reservat der Meinungshoheit auf akademischen Cordhosen-Niveau sowieso seine Relevanz verloren hat. Das ist Elfenbeinturm-Gefasel für Ex-Studienräte. Und damit man sich jede Fallhöhe erspart und kein Risiko eingeht, schreiben alle dasselbe über dieselben etablierten Autoren. Kann nichts schiefgehen, macht auch wenig Aufwand. Aber Meinungsbildung und die Auseinandersetzung mit Literatur findet schon lange woanders statt.

Fabelhafte Bücher: Nach Ihren Erfahrungen – welche Anfängerfehler würden Sie im Nachhinein vermeiden – was können Sie Neulingen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Buch zu schreiben?

Christoph Danne: Dem Drang, zu früh, zu schnell zu veröffentlichen, sollte man eine Weile wiederstehen. Nichts läuft weg, alles wird besser.

Fabelhafte Bücher: Viele Schriftsteller tun sich beim Schreiben von Sex-Szenen ziemlich schwer. Gibt es Themen oder Situationen, bei deren Beschreibung Sie sich schwer tun?

Christoph Danne: Nein. Es gibt aber Dinge oder Sachverhalte, die ich nicht beschreibe oder die in meinen Texten nicht vorkommen. Sex zum Beispiel. Könnte ich auch nicht. Will ich auch nicht.

Fabelhafte Bücher: Als heikel gelten auch politische Zuschreibungen, etwa Islamkritik oder Kritik an jüdischer Siedlungspolitik um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie gehen Sie mit dem Thema um und welchen Umgang erwarten Sie sich von Autoren insgesamt zu dem Thema?

Christoph Danne: Wer etwas dazu zu sagen hat und einen gewinnenden Beitrag zu einem Thema künstlerisch anbieten kann, der tue es. Das ist wichtig. Für mich als Autor sind andere Felder interessanter. Insgesamt schließe ich mich Jonathan Meese und seiner proklamierten „Diktatur der Kunst“ an: Alles geht, nichts ist heikel. Schon gar nicht verboten.

Fabelhafte Bücher: Wenn Sie schreiben – wie strukturieren Sie Ihren Tag? Schreiben Sie, wenn Sie gerade in Stimmung sind? Oder haben Sie sich feste Zeiten reserviert?

Christoph Danne: Ich schreibe abends, bis in die Nacht. Am nächsten Tag sehe ich mir das an, werfe die Hälfte weg, fange abends wieder an. Am Wochenende bin ich zudem viel in Cafes und Bars und lasse mich treiben, lese Zeitungen, Gedichte von Kollegen, schreibe Notizhefte mit Skizzen voll. Daraus entstehen dann später die Texte.

Fabelhafte Bücher: Bitte verraten Sie uns etwas über Ihr aktuelles Projekt. Wovon soll Ihr nächstes Buch handeln, was können Sie schon verraten?

Christoph Danne: Es wird – wenig überraschend – ein Gedichtband. Viele Texte von unterwegs. Afrika, Südeuropa. Mit staubigen Knien. Der Rest ist natürlich geheim.

Fabelhafte Bücher: Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch.