Interview mit Erasmus Herold

 

(c) Erasmus Herold

(c) Erasmus Herold

Erasmus Herold, 1969 in Bonn geboren, ist verheiratet und hat zwei Töchter. Er lebt in Oelde und ist im Hauptberuf IT-Leiter eines mittelständischen Unternehmens. Seine Tätigkeit als Schriftsteller nahm Herold 2009 auf. In seinen Romanen finden sich Bezüge zu seiner Heimat Westfalen. Der Autor des CW Niemeyer-Verlages ist Mitglied der Autorenvereinigung „Das Syndikat“.

 

Fabelhafte Bücher: Jedes Jahr buhlen im deutschsprachigen Raum weit mehr als 100.000 Bücher in Neuauflage um die Aufmerksamkeit der Leser. Die „Konkurrenz“ ist also gewaltig. Denken Sie über sowas nach, wenn Sie ein neues Buch in Angriff nehmen?

Erasmus Herold: Wettbewerb belebt das Geschäft, sagt man und ich denke, ein Stück weit ist das richtig. Wir kennen in der Belletristik die unterschiedlichsten Genres, jedes dazu ist vielschichtig in seiner Art. Nehmen wir beispielsweise den Krimi. Von klassischer Polizeiarbeit bis Psychothriller ist alles dabei. Wenn ich als Schriftsteller eine Idee habe und daraus eine Geschichte schreibe, beeinflusst mich der übrige Büchermarkt nicht. Warum auch, sollte er? Entscheidend ist es, mit den eigenen Erzählungen etwas Besonderes zu schaffen, ein Alleinstellungsmerkmal zu finden und die Fantasie des Lesers mit weiteren Geschichten / Büchern immer neu gefangen nehmen zu können.

Fabelhafte Bücher: Bestsellerlisten wie beispielsweise die Spiegel-Bestseller-Liste waren immer schon heiß umstritten und doch orientieren sich nun mal viele Menschen an den Lesegewohnheiten anderer Leser. Wie stehen Sie zu solchen Bücherrankings?

Erasmus Herold: Umstritten oder nicht. Zeigen Sie mir einen Schriftsteller, der seinen Namen in diesen Listen nicht sehen möchte. Wenn ein Leser nach einem Buch Ausschau hält, sind die unterschiedlichsten Faktoren für einen Kauf verantwortlich. Einer wird inspiriert durch das Cover, ein anderer stellt sich auf den Klappentext ein, wieder andere lesen in der Buchhandlung einen Auszug des Romans. Was bleibt, und das sind nicht wenige, ist die Gruppe derer, die sich auf Empfehlung anderer verlassen. Dabei ist es nicht entscheidend, ob ein Bücherblog, eine Freundin oder halt eine Bestsellerliste für den Tipp ausschlaggebend ist. Eines ist aber sicher, die Bestsellerlisten erreichen tausende von Lesern.

Fabelhafte Bücher: Schreibblockaden, Selbstzweifel oder einfach zu viel zu tun: Jeder Autor hat mal Durchhänger. Was ist Ihr Geheimrezept?

Erasmus Herold: Aussetzen und etwas anderes unternehmen. Das Schreiben, insbesondere das kreative Schreiben, lässt sich nicht erzwingen. Darüberhinaus bestimmen von Zeit zu Zeit andere Dinge unser Leben oder sind halt wichtiger. Ein Manuskript zu entwerfen hat etwas mit Fantasie und Ideenfindung zu tun, das eigentliche Text erfassen am PC ist nur das schriftliche Festhalten der vorherigen Arbeit.

Fabelhafte Bücher: Ob Indieautor oder Verlagsautor – längst wird erwartet, dass Autoren auf ihre Leser zugehen. Lesungen reichen nicht mehr, der Autor sollte möglichst auch im Internet präsent sein. Wie viel Zeit setzen Sie ungefähr für diese Aktivitäten rund ums Buch ein?

Erasmus Herold: Lesungen sind tolle Veranstaltungen, denn hier hat der Schriftsteller die Möglichkeit mit seinen Zuhörern auf Augenhöhe zu sein. Gemeinsam zu lesen, etwas ums Buch zu erzählen oder die Runde daran teilhaben zu lassen, wie man selbst einen Roman erstellt. Das erreicht sein Ziel. Die Rückmeldungen der Zuhörer bestätigen das. Darüber hinaus bemerke ich verstärkt, dass Leser Interesse daran haben, Kontakt zum Autor aufzubauen, sich austauschen zu dürfen oder gerne einfach mal per Mail eine Rückmeldung zum Buch schicken möchten. Ich finde das okay, denn ein Buch zu schreiben ist schon ein Gesamtpaket.

Fabelhafte Bücher: Wenn Neulinge Sie nach einem Tipp fragen würden: Auf welches Marketinginstrument setzen Sie in erster Linie?

Erasmus Herold: Ohne einen kräftigen Verlag, der dir den Rücken stärkt, läuft nichts. In sofern geht mein ganz persönlicher Dank an das Team des CW Niemeyer Verlags in Hameln.

Fabelhafte Bücher: Von welchen Schriftstellern sehen Sie sich in Ihrem eigenen Werk beeinflusst? Wer inspiriert Sie?

Erasmus Herold: Wie schon mehrfach geschrieben, begeistern mich die Krimis von Fred Vargas. Ich mag diese ruhige und filigrane Art des Kommissar Adamsbergs und seiner Kollegen. Frau Vargas (ja – für alle, die es nicht wissen, es handelt sich um eine Autorin) versteht es, Momente festzuhalten und viele Seiten über Dinge niederzuschreiben, die andere Schriftsteller in wenigen Sätzen abhandeln würden. Das gleichzeitig lesenswert und spannend zu halten, ist eine Kunst.

Meine eigenen Krimis „Und ich vergebe dir nicht“, „Und dein Lohn ist der Tod“ und „Und ich richte ohne Reue“ sind anders gelagert und zugleich in Ihrer Art doch alle unterschiedlich. Beim letzten Krimi „Und ich richte ohne Reue“ dreht sich der Fall ums Motiv. Was, wenn man keinen Zusammenhang zwischen den Morden sieht und auf den ersten Blick keine Verbindung zu bestehen scheint? Was, wenn der Täter dann irgendwann vom Namen her bekannt ist, aber nie bei polizeilichen Ermittlungen aufgefallen ist und nun auch nicht mehr an seinem Wohnort aufzufinden ist? Bei „Und dein Lohn ist der Tod“ geht es um eine Gruppe Gesellschafter und ihre Frauen. Gemeinsam betreiben sie ein Unternehmen für erneuerbare Energien. Schnell, nachdem ein Mord geschieht, ist dem Leser klar, einer von Ihnen muss der Täter sein. Doch was, wenn die Gruppe sich immer weiter dezimiert und die Verdächtigen, die der Leser auserkoren hatte, irgendwann durchs Raster fallen. Bei „Und ich vergebe dir nicht“ spielen zwei Zeitstränge miteinander.

In der Gegenwartsgeschichte passiert ein Mord, dann ein weiterer. Wie hängt alles miteinander zusammen? Parallel im Buch wird eine Geschichte von vor vielen Jahren erzählt und so entwickelt sich nach und nach das Motiv aus der Vergangenheitsgeschichte heraus.

Fabelhafte Bücher: Wieso werden von den großen Feuilletons, egal ob Spiegel, FAZ, ZEIT oder sonstigen Granden des Literaturbetriebs, immer nur die üblichen Verdächtigen rezensiert, die ohnehin jeder kennt? Wie könnte es gelingen, Newcomer stärker in den Vordergrund zu rücken?

Lesestadt_Gu¦êtersloh_Herold©Kai Uwe Oesterhelweg

(c) Erasmus Herold

Erasmus Herold: Ein großer Verlag hat einmal zu mir gesagt: Warum sollen wir uns mit unbekannten Autoren beschäftigen, wenn wir einfach erfolgreiche Bücher des Ausland übersetzen können, um erfolgreich zu sein? Genau so ist es in vielen Bereichen, egal ob beim Schreiben oder anderswo. Hast du erst einmal einen Namen oder Status, werden deine folgenden Aktivitäten anders bewertet.

Fabelhafte Bücher: Nach Ihren Erfahrungen – welche Anfängerfehler würden Sie im Nachhinein vermeiden – was können Sie Neulingen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Buch zu schreiben?

Erasmus Herold: Einerseits ist es toll, dass heutzutage jeder Schreiberling ein Buch mit einfachen Schritten im Internet selbst veröffentlichen kann. Aber genau darin liegt auch die Krux, was häufig Qualität und Aufmachung angeht. Ein Lektorat beschäftigt sich nicht nur mit den Schreibfehlern eines Manuskripts, der Schriftsteller sollte und darf mehr erwarten. Hier geht es um Reibungspunkte und Meinungsaustausch. Denn wer eine Geschichte schreibt, braucht Menschen, die aus einer anderen Richtung auf das Buch schauen und so verschiedene Kapitel mit dir diskutieren. Ich kann jedem nur empfehlen, die Zusammenarbeit mit einem Verlag zu suchen, anstatt vorschnell eigene Schritt im Selfpublishing zu starten. Auch ich habe bei meinem ersten Skript viele, viele Verlage angeschrieben.

Fabelhafte Bücher: Viele Schriftsteller tun sich beim Schreiben von Sex-Szenen ziemlich schwer. Gibt es Themen oder Situationen, bei deren Beschreibung Sie sich schwer tun?

Erasmus Herold: Wunden Punkt getroffen! Haha. In meinem letzten Krimi „Und ich richte ohne Reue“ hat in der Tat eine Liebesgeschichte in für mich beträchtlichem Ausmaß Einzug gehalten. So etwas ist Teil unseres Lebens und ich wollte das in meinem dritten Krimi nun auch entsprechend darstellen. Ich muss gestehen, genau diese Kapitel haben dann auch dreimal soviel Zeit in Anspruch genommen, wie der Rest der Geschichte. Warum? Es ging um Wortklauberei, um Details und das Spielen mit Worten. Keinesfalls sollten die Beschreibungen Vulgär sein, auch nicht typisch Mann. Die Fantasie anzuregen, viel auszudrücken ohne es im Einzelnen zu benennen war mir wichtig. Es freut mich, dass die Leser meinen neuen Schritt begrüßen.

Fabelhafte Bücher: Als heikel gelten auch politische Zuschreibungen, etwa Islamkritik oder Kritik an jüdischer Siedlungspolitik um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie gehen Sie mit dem Thema um und welchen Umgang erwarten Sie sich von Autoren insgesamt zu dem Thema?

Erasmus Herold: Politik interessiert mich nicht. Weder im privaten Leben, noch als Schriftsteller. Sprüche wie: Wer nicht wählt, verschenkt seine Stimme, kann ich nicht mehr hören und sind darüber hinaus Quatsch. Solange der mündige Bürger nicht ernsthaft nach seinen Wünschen befragt wird und dementsprechend Ideen der Mehrheit umgesetzt werden, ist Politik eine Politik um ihrer selbst Willen. Davon hab ich als Individuum wenig. In meinen Krimis geht es um Menschen und was sie antreibt. Es sind die Schicksale einzelner die mich interessieren.

Fabelhafte Bücher: Wenn Sie schreiben – wie strukturieren Sie Ihren Tag? Schreiben Sie, wenn Sie gerade in Stimmung sind? Oder haben Sie sich feste Zeiten reserviert?

Erasmus Herold: Ich schreibe gerne abends, spät. Wenn man sowohl dem Hauptberuf als auch der Familie gerecht geworden ist, kann ich mich auf Neues einlassen.

Fabelhafte Bücher: Bitte verraten Sie uns etwas über Ihr aktuelles Projekt. Wovon soll Ihr nächstes Buch handeln, was können Sie schon verraten?

Erasmus Herold: Ich biete Ihnen hier und heute einen exklusiven Klappentext.

Gütersloh im Frühling 2015. Als am Rande der Stadt die Knochen einer Leiche entdeckt werden, ahnt Kommissar Clemens Barsch nichts von weiteren Funden während der Ausgrabungen. Eines ist allen Toten gemein, die Grabbeigabe in Form einer an ein hölzernes Kreuz geschlagenen Frau. Je intensiver die Polizei ermittelt, desto mehr Fragen wirft der Fall auf. Der Kommissar spürt, anstatt eines Kirchenrelikts verbirgt sich weit mehr hinter dem Abbild der Sterbenden.

Zur gleichen Zeit in Lippstadt. Artur Sokolow war trotz seiner Aktivitäten als Nachtclub-Betreiber ein angesehenes Mitglied der Stadt. Doch sein Imperium bröckelt. Die Angestellten lehnen sich gegen seinen renitenten Führungsstiel auf, die Polizei nimmt ihn wegen verschiedener Gesetzesverstöße ins Visier. In die Enge getrieben und von der Familie entzweit, schreckt er vor keinem Mittel zurück, seinen letzten Besitz zu sichern. Beide Ermittlungen scheinen ohne Zusammenhang bis Kommissar Barsch auf das Foto einer perfiden Inszenierung stößt. Darauf abgebildet, eine lebendige Frau am Kreuz. Der Entführten schwindet die Zeit, denn niemand kann sie schreien hören.

Fabelhafte Bücher: Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch.

Erasmus Herold: Danke für die interessanten und auch ausgefallenen Fragen.


Erasmus Herold im www