Interview mit Holger Ucher

 

©Holger Ucher

©Holger Ucher

Holger Ucher, geboren 1978 in Nettetal/NRW.  Der gelernte Bankkaufmann kam bereits mit 16 Jahren durch die Liebe zum Lesen zum Schreiben. Seine großen Vorbilder waren damals Stephen King und Ephraim Kishon. Mittlerweile hat Holger Ucher keine Vorbilder mehr und entnimmt seine Ideen dem Alltag.
Seine große Stärke ist seine Vielseitigkeit. Ob Kurzgeschichten, Horror- oder Philosophie-Romane – sein Repertoire ist reichhaltig.

 

Fabelhafte Bücher: Jedes Jahr buhlen im deutschsprachigen Raum weit mehr als 100.000 Bücher in Neuauflage um die Aufmerksamkeit der Leser. Die „Konkurrenz“ ist also gewaltig. Denken Sie über sowas nach, wenn Sie ein neues Buch in Angriff nehmen?

Holger Ucher: Selbstverständlich denke ich über sowas nach. Schließlich schreibe ich um gelesen zu werden. Es ist doch nichts ärgerlicher als im Büchermeer unter zu gehen und nicht gelesen zu werden. Jedoch gehe ich nicht so weit, dass ich diesem Konkurrenzdruck erlaube Einfluss auf meine Geschichte zu nehmen. Es gibt z.B. den Trend regionalbezogen zu schreiben. Das eigene kleine Dorf, den Fußballclub oder den Karnevalsverein reinzuschreiben, nur um einige Abnehmer sicher zu haben. Das mache ich nicht. Jedoch nutze ich schon alle mir zur Verfügung stehenden Kanäle, um auf meine Bücher aufmerksam zu machen. Besonders die Sozialen Netzwerke, wie z.B. facebook oder twitter, bieten eine ideale Plattform Leser zu werben und in einem direkten Kontakt zu treten.

Fabelhafte Bücher: Bestsellerlisten wie beispielsweise die Spiegel-Bestseller-Liste waren immer schon heiß umstritten und doch orientieren sich nun mal viele Menschen an den Lesegewohnheiten anderer Leser. Wie stehen Sie zu solchen Bücherrankings?

Holger Ucher: Von diesen Bestseller-Listen distanziere ich mich scharf. Man kann auf Platz 1 der Bestseller-Liste stehen, ohne auch nur ein Buch verkauft zu haben. Diese Listen orientieren sich daran, wie viele Bücher über den Grossist ausgeliefert wurden und nicht daran wie oft es über die Ladentheke ging. Mit dem richtigen Sponsor schafft man es daher leicht an die Spitze. Dazu ein kleines Beispiel: Zeitung X möchte über mein neues Buch Y zwei Wochen vor Veröffentlichung exklusiv berichten. Im Gegenzug nimmt diese Zeitung 20.000 Exemplare ab und über Nacht hat mein Buch den Weg in die Bestsellerliste gefunden. Diese Listen haben gar keine Bedeutung für mich. Schon eher interessieren mich Kundenbewertungen auf amazon oder LovelyBooks.

Fabelhafte Bücher: Schreibblockaden, Selbstzweifel oder einfach zu viel zu tun: Jeder Autor hat mal Durchhänger. Was ist Ihr Geheimrezept?

Mein Geheimrezept lautet Disziplin. Trotz Schreibblockade, trotz Durchhänger hin setzen und versuchen weiter zu schreiben. Auch wenn diese Phase nicht produktiv ist. Man muss sich quälen und sich aus der Blockade heraus schreiben.

Fabelhafte Bücher: Ob Indieautor oder Verlagsautor – längst wird erwartet, dass Autoren auf ihre Leser zugehen. Lesungen reichen nicht mehr, der Autor sollte möglichst auch im Internet präsent sein. Wie viel Zeit setzen Sie ungefähr für diese Aktivitäten rund ums Buch ein?

Leider zu viel Zeit. Eigentlich möchte ich Autor sein, in meine Traumwelten versinken, meiner Phantasie freien laufen lassen und einfach nur schreiben. Einige Wochen vor einer Neuveröffentlichung und bis zu sechs Monaten danach, bin ich jedoch nur noch mit Meldungen, Fotos und Berichten auf twitter und facebook oder z.B. mit der Produktion eines Buchtrailers für YouTube beschäftigt. Das nervt, ist aber heutzutage unverzichtbar.

Fabelhafte Bücher: Wenn Neulinge Sie nach einem Tipp fragen würden: Auf welches Marketinginstrument setzen Sie in erster Linie?

Mein Tipp sind die Sozialen Netzwerke. Vor allen Dingen facebook. Es gibt keinen geeigneteren Kanal um schnell und günstig mit einer großen Anzahl von Lesern in Kontakt zu treten. Es ist jedoch wichtig ein Marketing-Konzept zu haben und nicht wahllos alles zu posten.

Fabelhafte Bücher: Von welchen Schriftstellern sehen Sie sich in Ihrem eigenen Werk beeinflusst? Wer inspiriert Sie?

Stephen King hatte mich stark bei meinen Arbeiten an dem Mystery-Roman „Das Haus am Elmpter Stadtrand“ beeinflusst und bei meinen Kurzgeschichten habe ich mich durch Ephraim Kishon inspirieren lassen. Ich liebe seine Geschichten und kann sie immer und immer wieder lesen.

Fabelhafte Bücher: Wieso werden von den großen Feuilletons, egal ob Spiegel, FAZ, ZEIT oder sonstigen Granden des Literaturbetriebs, immer nur die üblichen Verdächtigen rezensiert, die ohnehin jeder kennt? Wie könnte es gelingen, Newcomer stärker in den Vordergrund zu rücken?

Geld und Lobby spielen hier eine große Rolle. Als Neuling ohne Connections hat man keine Chance dort rein zu kommen. Lamentieren hilft allerdings nicht. Diesen Nachteil muss man auch als Chance sehen und zu seinem Vorteil ummünzen. Neulinge müssen auf die vielen kleinen regionalen Zeitschriften setzen und in den kleinen örtlichen Buchhandlungen Klinken putzen. Auch das gehört heutzutage zu den unverzichtbaren Aufgaben eines jeden Autors, der gelesen werden möchte. Nur schreiben und sich danach gemütlich zurück lehnen und auf Lobeshymnen und Reichtum warten, funktioniert nicht.

Fabelhafte Bücher: Nach Ihren Erfahrungen – welche Anfängerfehler würden Sie im Nachhinein vermeiden – was können Sie Neulingen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Buch zu schreiben?

Erstens muss man sich von den Gedanken verabschieden damit Geld verdienen zu können. In Deutschland können nur eine Hand voll Autoren mit dem Schreiben Geld verdienen. Auch bekannte Schriftsteller kommen ohne Zusatzverdienste aus Lesungen, Vorträgen oder TV-Auftritten, nicht über die Runden. Zweitens muss man sich vor unseriösen Angeboten in Acht nehmen.
Es gibt genügend Internetseiten auf denen Verlage junge Autoren mit vielversprechenden Angeboten locken, aber wenn man dann die 3. oder 4. Seite des Vertragsangebotes durchliest, findet man den großen Haken. Oft verlangen diese Verlage 3.000 – 5.000 EUR, um das Manuskript ins Verlagsangebot aufzunehmen und hat man einmal bezahlt, hört man so gut wie gar nichts mehr. Natürlich darf man als junger Autor auch nicht erwarten, dass man 5.000 EUR für sein 1. Manuskript erhält. Als Faustregel sollte man sich merken, kein Geld für die Inverlagnahme zu zahlen. Das man sich vielleicht an den Druckkosten beteiligt und dafür einen Satz X Bücher vom Verlag erhält, ist gerade für einen Neuling gängige Praxis, aber Unsummen für die Inverlagnahme zu bezahlen, nur damit das eigene Buch eine ISBN Nummer erhält und überall bestellbar ist, ist unseriös. Hier muss man sehr vorsichtig sein.

Fabelhafte Bücher: Viele Schriftsteller tun sich beim Schreiben von Sex-Szenen ziemlich schwer. Gibt es Themen oder Situationen, bei deren Beschreibung Sie sich schwer tun?

Das ist eine interessante Frage, über die ich noch nie nachgedacht habe. Es gibt jedenfalls kein Eisen was mir als Schriftsteller zu heiß wäre. Schwierig finde ich eher Beschreibungen aus dem Alltag. Szenen aus dem täglichen Leben mit eigenen Worten anders zu beschreiben, als in den 1000 Büchern zuvor. Das ist eine riesen Herausforderung.

Fabelhafte Bücher: Als heikel gelten auch politische Zuschreibungen, etwa Islamkritik oder Kritik an jüdischer Siedlungspolitik um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie gehen Sie mit dem Thema um und welchen Umgang erwarten Sie sich von Autoren insgesamt zu dem Thema?

Ich gehe mit diesem Thema ganz natürlich um. Es ist kein Tabu für mich. Mein drittes Buch „Querfeldein – Ein langer Tag, ein neuer Weg“ ist ein politischer Philosophie-Roman, den ich zusammen mit meinem ehemaligen Arbeitskollegen Christoph Reichen geschrieben habe. Wir haben uns in den 4 ½ Schreibjahren an diesem Buch sehr intensiv mit Politik auseinander gesetzt und wurden sogar zur Recherchezwecken vom Uwe Schummer (MdB) nach Berlin eingeladen. Ich glaube, dass dieses Thema ganz normal und natürlich für mich ist, da ich mich damit intensiv auseinander gesetzt habe und auch einen Blick hinter die Kulissen werfen konnte. Erwartungen an meine Autorenkollegen habe ich nicht. Jeder ist für sich selbst verantwortlich.

Fabelhafte Bücher: Wenn Sie schreiben – wie strukturieren Sie Ihren Tag? Schreiben Sie, wenn Sie gerade in Stimmung sind? Oder haben Sie sich feste Zeiten reserviert?

Ich bin ein sehr strukturierter und organisierter Mensch der sich selbst einige Zwänge auferlegt. Also, ja! Natürlich habe ich feste Zeiten/Tage an denen ich schreibe. Ansonsten ist das wie mit den guten Vorsätzen zu Neujahr. Während den Arbeiten an „Querfeldein – Ein langer Tag, ein neuer Weg“, habe ich mich z.B. jeden Mittwochabend mit Christoph Reichen getroffen und wir haben zusammen an dem Manuskript gearbeitet. Egal ob eine Einladung zum Kino kam, egal ob ein wichtiges CL-Spiel anstand oder man einfach einen anstrengenden Tag und keine Lust hatte. Ich brauche diese feste Struktur, um zum Ziel zu gelangen.

Fabelhafte Bücher: Bitte verraten Sie uns etwas über Ihr aktuelles Projekt. Wovon soll Ihr nächstes Buch handeln, was können Sie schon verraten?

Ich arbeite zur Zeit an zwei neuen Projekten. Ich habe großes Gefallen daran gefunden, aktuelle politische sowie gesellschaftliche Probleme in modernen Märchen zu behandeln. Des Weiteren werde ich mich auf ganz neues Terrain begeben und mich als Sachbuchautor versuchen. Es gibt hier schon eine ganz konkrete Idee, an der ich schon sehr intensiv seit letztem Jahr arbeite. Worum es geht, bleibt aber vorerst noch mein Geheimnis.

Fabelhafte Bücher: Mit bedanken uns herzlich für das Gespräch.


 

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