Interview mit Isolde Ahr

 

(c) Isolde Ahr

(c) Isolde Ahr

Isolde Ahr, geb 1940 in Köln,lebt in Köln und veröffentlicht Lyrik und Prosa. Veröffentlichungen in vielen Anthologien, Literaturzeitungen und Zeitschriften in Deutschland, der Schweiz und Italien. Mitarbeit bei Sendungen des WDR und Radio Köln.1-stündige Fernseh-Lesung bei tv-nrw Lesungen deutschlandweit. Isolde Ahr ist Mitglied im ARE – Autorenkreis Rhein-Erft, bei AURA09 e.V., der Aktion unabhängiger Rhein/Ruhr-Autoren und bei „Mörderische Schwestern e.V.“

Fabelhafte Bücher: Jedes Jahr buhlen im deutschsprachigen Raum weit mehr als 100.000 Bücher in Neuauflage um die Aufmerksamkeit der Leser. Die „Konkurrenz“ ist also gewaltig. Denken Sie über sowas nach, wenn Sie ein neues Buch in Angriff nehmen?

Isolde Ahr: Ja, ich denke ernsthaft darüber nach und habe einige Jahre, nachdem der mir vertraute Verleger gestorben ist, kein Buch mehr gemacht. Aber die Lesungen (dann überwiegend aus Anthologien) gingen weiter. Die Frage nach dem Auslegen von Büchern war mir dann immer etwas peinlich, meine Bücher waren zwischen 1998 und 2003 erschienen und wer legt sowas schon gerne zum Verkauf bereit. Eines war völlig vergriffen. Und ca. 50-60 Anthologien auszulegen???? Wer will die schon?

Fabelhafte Bücher: Bestsellerlisten wie beispielsweise die Spiegel-Bestseller-Liste waren immer schon heiß umstritten und doch orientieren sich nun mal viele Menschen an den Lesegewohnheiten anderer Leser. Wie stehen Sie zu solchen Bücherrankings?

Isolde Ahr: Ich gebe zu, ich habe meine eigene Fan-Gemeinde. Veröffentlicht habe ich in einem Klein-Verlag, der bei so etwas sowieso keine Chancen hat. Also ich zähle nur die Verkäufe dieses Verlages und meine eigenen.

Fabelhafte Bücher: Schreibblockaden, Selbstzweifel oder einfach zu viel zu tun: Jeder Autor hat mal Durchhänger. Was ist Ihr Geheimrezept?

Isolde Ahr: Ich bin Rheinländerin und da gilt der Spruch, wat kütt, dat kütt! Und so entstehen auch meine Texte. Meist kenne ich das Ende zuerst! Und wenn nix kütt, dann kütt nix!

Fabelhafte Bücher: Ob Indieautor oder Verlagsautor – längst wird erwartet, dass Autoren auf ihre Leser zugehen. Lesungen reichen nicht mehr, der Autor sollte möglichst auch im Internet präsent sein. Wie viel Zeit setzen Sie ungefähr für diese Aktivitäten rund ums Buch ein?

Isolde Ahr: Z.Zt., gerade ist mein neues Buch „Du & andere Irrtümer“ erschienen und ich muss natürlich Lese- und Verkaufsaquise machen, das nimmt schon ein paar Stunden täglich in Anspruch. Aber das ändert sich wieder und dann brauche ich eine neue Herausforderung.

Fabelhafte Bücher: Wenn Neulinge Sie nach einem Tipp fragen würden: Auf welches Marketinginstrument setzen Sie in erster Linie?

Isolde Ahr: Ich schwöre auf Lesungen und Fan-Pflege.

Fabelhafte Bücher: Von welchen Schriftstellern sehen Sie sich in Ihrem eigenen Werk beeinflusst? Wer inspiriert Sie?

Isolde Ahr: Ich gehöre zu den „Mörderische Schwestern“ und da gibt es eine Menge Vorbilder. Dass Alice Munro den Nobel-Literaturpreis bekommen hat, motiviert mich zu meinen Kurzgeschichten. Ihre Texte gefallen mir sehr! Ich erwarte übrigens keinen Preis, ich schreibe für Leute, die Spaß an kleinen Geschichten haben und auch gern ein wenig böse sind.

Fabelhafte Bücher: Wieso werden von den großen Feuilletons, egal ob Spiegel, FAZ, ZEIT oder sonstigen Granden des Literaturbetriebs, immer nur die üblichen Verdächtigen rezensiert, die ohnehin jeder kennt? Wie könnte es gelingen, Newcomer stärker in den Vordergrund zu rücken?

Isolde Ahr: Das wird nie gelingen, da ohne Vitamin „B“ so etwas nicht möglich ist. Habe mal von einer bekannten Kritikerin den Waschkorb mit Büchern gesehen, die sie geschickt bekommt und die sie nicht einmal ansieht.

Fabelhafte Bücher: Nach Ihren Erfahrungen – welche Anfängerfehler würden Sie im Nachhinein vermeiden – was können Sie Neulingen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Buch zu schreiben?

Isolde Ahr: Vielleicht würde ich als Neuling doch versuchen, einen großen Verlag für mich zu interessieren, aber ich war wohl zu träge und da der Klein-Verlag mich gefunden hatte, brauchte ich mich nie bemühen und hab es auch nie getan. Vielleicht ein großer Fehler – vielleicht reicht auch mein Ehrgeiz einfach nicht.

Fabelhafte Bücher: Viele Schriftsteller tun sich beim Schreiben von Sex-Szenen ziemlich schwer. Gibt es Themen oder Situationen, bei deren Beschreibung Sie sich schwer tun?

Isolde Ahr: Nein, hab ich nicht, in meinem neuen Buch sind einige erotische Texte und auch Sex-Szenen, die mir verdammt Spaß gemacht haben.

Fabelhafte Bücher: Als heikel gelten auch politische Zuschreibungen, etwa Islamkritik oder Kritik an jüdischer Siedlungspolitik um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie gehen Sie mit dem Thema um und welchen Umgang erwarten Sie sich von Autoren insgesamt zu dem Thema?

Isolde Ahr: Ich schreibe „nur“ um zu unterhalten, arbeite zwar auch in einem ziemlich politischen Autorenkreis mit, die Texte, die ich dort lese, veröffentliche ich aber nicht in einem meiner Bücher.

Fabelhafte Bücher: Wenn Sie schreiben – wie strukturieren Sie Ihren Tag? Schreiben Sie, wenn Sie gerade in Stimmung sind? Oder haben Sie sich feste Zeiten reserviert?

Isolde Ahr: Da ich meist am Vormittag noch berufstätig bin (in einem muslimischen Frauenzentrum) schreibe ich meist am Abend – wenn es mich überkommt, sonst ruft mein bequemer Sessel.

Fabelhafte Bücher: Bitte verraten Sie uns etwas über Ihr aktuelles Projekt. Wovon soll Ihr nächstes Buch handeln, was können Sie schon verraten?

Isolde Ahr: Mein neues Buch ist gestern herausgekommen. Es heißt „Du & andere Irrtümer“ – Kurzgeschichten mal böse, mal liebevoll, gewürzt mit Erotik und schwarzem Humor. Unmögliches wird möglich und meist ist das Ende voller Überraschungen. Erst einmal reicht mir das wieder, aber gespeichert sind noch viele Texte, die in dieses Buch vom Inhalt her nicht gepasst haben!

Fabelhafte Bücher: Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch.