Interview mit Jochen Till

 

(c) Fotopoetin Jen Preusler

(c) Fotopoetin Jen Preusler

Fabelhafte Bücher: Jedes Jahr buhlen im deutschsprachigen Raum weit mehr als 100.000 Bücher in Neuauflage um die Aufmerksamkeit der Leser. Die „Konkurrenz“ ist also gewaltig. Denken Sie über sowas nach, wenn Sie ein neues Buch in Angriff nehmen?

Nein, überhaupt nicht, das führt ja auch zu nichts. Wenn ich ein Buch plane und schreibe, bewege ich mich nur in meinem eigenen Buch-Mikrokosmos, dann spielen die Geschichte und meine Charaktere die Hauptrolle. Was andere schreiben interessiert mich nur als Leser, nicht als Autor.

Fabelhafte Bücher: Bestsellerlisten wie beispielsweise die Spiegel-Bestseller-Liste waren immer schon heiß umstritten und doch orientieren sich nun mal viele Menschen an den Lesegewohnheiten anderer Leser. Wie stehen Sie zu solchen Bücherrankings?

Rankings gibt es in der Popkultur überall, sie gehören dazu und ich finde das nicht schlimm. Der geneigte Leser wird dadurch auf Bücher aufmerksam gemacht, was ja schon mal grundsätzlich nichts Schlechtes ist. Und besonders im Netz gibt es mittlerweile unzählige Rankings, die sich nicht rein auf die Verkaufszahlen stützen, da kann sich jeder sein Ranking aussuchen.

Fabelhafte Bücher: Schreibblockaden, Selbstzweifel oder einfach zu viel zu tun: Jeder Autor hat mal Durchhänger. Was ist Ihr Geheimrezept?

Die Selbstzweifel gehören dazu, finde ich. Wer als Autor nicht an sich selbst zweifelt, wird unweigerlich nachlässig, und das tut keinem Buch gut. Gegen Selbstzweifel sollte man also gar nicht vorgehen, sondern sie pflegen. Schreibblockaden halte ich – wenn sie länger als ein paar Stunden dauern – für eine perfide Ausrede mancher Kollegen, nicht schreiben zu müssen. Sie tauchen ja auch meistens bei Autoren auf, die es finanziell nicht mehr nötig haben, unbedingt schreiben zu müssen. Ich kann mir keine Schreibblockade leisten, also hatte ich bisher auch keine.

Fabelhafte Bücher: Ob Indieautor oder Verlagsautor – längst wird erwartet, dass Autoren auf ihre Leser zugehen. Lesungen reichen nicht mehr, der Autor sollte möglichst auch im Internet präsent sein. Wie viel Zeit setzen Sie ungefähr für diese Aktivitäten rund ums Buch ein?

Ich wende schätzungsweise pro Tag 30-60 Minuten für die Pflege meiner Internetpräsenz auf.

Fabelhafte Bücher: Wenn Neulinge Sie nach einem Tipp fragen würden: Auf welches Marketinginstrument setzen Sie in erster Linie?

Ich setze aktuell neben meiner Website hauptsächlich auf Facebook, weil ich dort schnell und unkompliziert sehr viele Menschen auf einmal erreiche.

Fabelhafte Bücher: Von welchen Schriftstellern sehen Sie sich in Ihrem eigenen Werk beeinflusst? Wer inspiriert Sie?

Da ich hauptsächlich Kinder- und Jugendbücher schreibe, aber nur sehr selten Kinder- und Jugendbücher lese, sehe ich mich da nicht von bestimmten Schriftstellern beeinflusst. Als Leser habe ich natürlich ein paar Lieblingsautoren wie beispielsweise John Steinbeck, John Irving, Bret Easton Ellis, Nick Hornby oder Irvine Welsh, aber die schreiben eben keine Kinderbücher…;-)

Fabelhafte Bücher: Wieso werden von den großen Feuilletons, egal ob Spiegel, FAZ, ZEIT oder sonstigen Granden des Literaturbetriebs, immer nur die üblichen Verdächtigen rezensiert, die ohnehin jeder kennt? Wie könnte es gelingen, Newcomer stärker in den Vordergrund zu rücken?

Als Newcomer muss man sich eben selbst in den Vordergrund rücken, was im Internet ja auch sehr gut machbar ist – eine Garantie für Erfolg ist das allerdings trotzdem nicht. Aber als Autor rege und in den neuen Medien möglichst präsent zu sein, schadet ganz sicher nicht.

Fabelhafte Bücher: Nach Ihren Erfahrungen – welche Anfängerfehler würden Sie im Nachhinein vermeiden – was können Sie Neulingen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Buch zu schreiben?

Als erstes sollte man sich von dem Gedanken verabschieden, mit dem Schreiben von Büchern reich und berühmt zu werden – das gelingt nur in den allerwenigstens Fällen. Ein typischer Anfängerfehler, den ich zum Glück nicht gemacht habe, ist, sich von einem Zuschussverlag einwickeln zu lassen. Man kann es nicht oft genug sagen: Sobald ein Verlag von einem für was auch immer Geld verlangt, ist es kein seriöser Verlag, also Finger weg!

Fabelhafte Bücher: Viele Schriftsteller tun sich beim Schreiben von Sex-Szenen ziemlich schwer. Gibt es Themen oder Situationen, bei deren Beschreibung Sie sich schwer tun?

Ich mag keine ausschweifenden Beschreibungen, seien es nun Landschaften oder Örtlichkeiten oder Personen. Dem gehe ich aber ganz einfach aus dem Weg, indem ich (wenn es nicht zwingend notwendig für die Szene ist) nicht ausführlich beschreibe, sondern solche Äußerlichkeiten der Fantasie meiner Leser überlasse.

Fabelhafte Bücher: Als heikel gelten auch politische Zuschreibungen, etwa Islamkritik oder Kritik an jüdischer Siedlungspolitik um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie gehen Sie mit dem Thema um und welchen Umgang erwarten Sie sich von Autoren insgesamt zu dem Thema?

Derartige Themen kommen in meinen Büchern nicht vor, von daher muss ich nicht damit umgehen. Von anderen Autoren erwarte ich diesbezüglich erst mal gar nichts. Wenn sie sich dann aber schon derartigen Themen widmen, sollten sie fundiert recherchieren.

Fabelhafte Bücher: Wenn Sie schreiben – wie strukturieren Sie Ihren Tag? Schreiben Sie, wenn Sie gerade in Stimmung sind? Oder haben Sie sich feste Zeiten reserviert?

Mein Schreib-Tag ist strukturiert wie andere Arbeitstage auch. Morgens schreiben, Mittagspause, weiterschreiben, kleine Nachmittagspause, weiterschreiben, Feierabend. Das Ganze allerdings auch am Wochenende, da hat man die meiste Ruhe zum Schreiben, weil nicht ständig das Telefon klingelt oder Mails reinkommen. Mein Tagespensum besteht aus mindestens 2 Manuskriptseiten. Es werden auch mal 4 oder 5, aber niemals weniger als 2.

Fabelhafte Bücher: Bitte verraten Sie uns etwas über Ihr aktuelles Projekt. Wovon soll Ihr nächstes Buch handeln, was können Sie schon verraten?

Mein nächstes Buch wird der dritte Teil meiner Reihe „Spackos in Space“ sein – ein durchgeknalltes Weltraum-Abenteuer für Jungs ab 10 und Männer, die es geschafft haben, auch in höherem Alter noch Jungs zu bleiben. Gleiches gilt natürlich für Mädchen und Frauen, die auf witzige Science Fiction-Geschichten stehen.

Fabelhafte Bücher: Wir bedanken uns herzlich für das Gespräch.


Jochen Till im www


Kurzbiografie des Autors

  • 27.5.66 Meine Geburt, bei der ich wohl dabei war, mich aber in keiner Weise daran erinnern kann. In meiner frühesten Kindheitserinnerung steckt mein Kopf zwischen den Streben eines Treppengeländers fest, was nicht so toll war, aber von meinen Eltern irgendwie gelöst wurde, ohne bleibende Schäden zu hinterlassen.
  • 1980-1983 Drei besondere Schuljahre, weil ich jedes in der achten Klasse verbringen durfte. Meine wildeste Zeit, die ich um nichts in der Welt missen möchte. Mein Vater schon.
  • 1985-1988 Vier Jahre Oberstufe (die 11 gefiel mir so gut, dass ich sie zweimal machte) an der Ludwig Erhard-Schule (Wirtschaftsgymnasium) in Unterliederbach. Trotz meines heftigen Desinteresses an Fächern wie Wirtschaftslehre oder Buchführung überreichte man mir im Juni ’88 ein Abiturzeugnis.
  • 1988-2004 Student an der Uni/ Frankfurt. Anglistik/Amerikanistik/Germanistik, auf Magister. Nicht wirklich, sprich: mit viel Freizeit und ohne Abschluss.
  • 1995 – 2005 Mitarbeiter im Frankfurter Comic-Shop Comica.
    April 1997 Veröffentlichung meines Erstlings „Der Junge Sonnenschein“.
  • seit 2005 Ganz offiziell Schriftsteller, weil sich das so klug anhört…