Kurzbiografie von Sarah

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Profi-Pokerspieler sind ohne Frage recht eigenartige Charaktere, schließlich vergraben sie ihre Nasen tagtäglich in einer Hand voll Karten und üben sich darin, eine möglichst undurchschaubare Miene zu bewahren. Stuart „Stu“ Errol Ungar war wahrscheinlich einer der berühmtesten Personen dieser Zunft, ihm haben Nolan Dalla und Peter Alson eine Biographie gewidmet.

Das Buch trägt den Titel »One of a Kind: The Rise and Fall of Stuey, ›The Kid‹, Ungar«, es stammt aus dem Jahr 2006. Stu lebte von 1953 bis 1998, er galt als wahres Genie auf seinem Gebiet – und stand stets auf der Schwelle zum Wahnsinn. Leider besaß er eine zweite Leidenschaft, die ihm schließlich das Leben kostete: Sie hieß Kokain. Doch bevor es zum traurigen Ende kam, schwamm der begnadete Spieler auf einer Welle des Erfolgs, gewann dreimal die World Series of Poker, die inoffiziell als Pokerweltmeisterschaft gilt, und ebenfalls dreimal den heute nicht mehr existenten »Super Bowl of Poker«. Dieser grandiose Erfolg gilt als ungeschlagen, aus diesem Grund blickt auch die neue Kartenspielergeneration noch immer zu diesem bedeutenden Mann auf. Stu Ungar ist und bleibt also einer der besten Spieler aller Zeiten, seine Legende lebt ohne Zweifel auch 20 Jahre später noch weiter.

Stu Ungars Nickname »The Kid« gibt Aufschlüsse über den Charakter dieses Ausnahmetalents, das anscheinend nie ganz erwachsen wurde. Bei aller Verehrung, die diesem Mann entgegengebracht wird, erscheint es nicht verwunderlich, dass eine andere bedeutende Persönlichkeit der Pokerszene, Daniel „KidPoker“ Negreanu, im eigenen Spitznamen eine Hommage an den großen Vorgänger trägt. Poker-Experten wissen: Der Stil dieser beiden Spieler weist eine gewisse Ähnlichkeit auf, und vielleicht verbirgt sich in ihnen auch ein ganz ähnlicher genialer Geist. Unterm Strich lässt sich jedoch sagen, dass, wenn die Reden auf Stu Ungar kommt, mittlerweile auch ganz viel Mystifizierung mit im Spiel ist – ein guter Grund, um der Legende im Buch auf dem Grund zu gehen.

Rezension zur Autobiografie

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Im Grunde haben es sich die Autoren hier zur Aufgabe gemacht, Stus Autobiographie zu vollenden. Diese existierte nur in bruchstückhaften Tonaufnahmen, die der große Pokermeister in den letzten Jahren seines Lebens aufgenommen hatte. Aus diesem Grund enthält das Buch einen reichen Schatz an Originalzitaten, die ihm eine besondere Lebendigkeit verleihen. Auch Nicht-Pokerspieler gelangen in die Handlung sehr gut hinein, weil die einzelnen Spielregeln auf einfache Weise erklärt werden – so muss sich wirklich niemand scheuen, diese Lektüre zu Hand zu nehmen, nur weil er bislang noch nichts vom Kartenspielen versteht. Auch die berühmtesten Episoden aus Stus öffentlichem Leben gelangen zur Sprache, sodass auch diejenigen Leser auf ihre Kosten kommen, die schon ein wenig Vorwissen mitbringen.

Die einzelnen Szenen sind spannend geschrieben, der schillernde Charakter des Protagonisten trägt sein Übriges dazu bei, dass sich dieses Buch nur schwer wieder zur Seite legen lässt. Sympathisch macht diesen Helden allemal, dass es ihm trotz der ungeheuren Gesamtgewinnsumme von 3,7 Millionen Dollar niemals wirklich ums Geld ging, sondern allein ums Pokerspielen – und wahrscheinlich auch darum, von anderen Menschen anerkannt zu werden. Der typische „American Dream“ spielte also in seinem Streben kaum eine Rolle, obwohl er ihn doch hervorragend verkörperte. Stu liebte einfach, was er tat, und das mit einer verzweifelten Inbrunst, die auf den Leser überspringt und ihn emotional berührt.

Dass die Geschichte kein Happy End besitzt, ist jedem bekannt, der schon einmal von diesem besonderen Protagonisten gehört hat. Dementsprechend handelt es sich auch keinesfalls um eine seichte Bettlektüre, sondern eher um ein Stück Literatur, das echt an die Nieren geht, vor allem deshalb, weil es sich um pure Realität handelt.

Fazit

Diese Biographie bringt uns den Menschen Stu »The Kid« Ungar näher und bleibt nicht an oberflächlicher Mystifizierung kleben. Ganz im Gegenteil: Weil die Autoren auch im nahen sozialen Umfeld des Pokerspielers recherchierten, gelang es ihnen, ein derart klares Bild von dieser Person zu zeichnen, dass dem Leser fast das Gefühl beschleicht, den Protagonisten tatsächlich zu kennen – zumindest ein wenig. Ganz nebenbei eignet sich das überaus bewegte Leben dieses Mannes hervorragend dazu, zu einer mitreißenden Geschichte verarbeitet zu werden.

Nolan Dalla wurde übrigens von Stuey 1998 persönlich autorisiert, diese Biographie zu Papier zu bringen. Der Autor genoss also das volle Vertrauen des Pokergenies – und hat es hiermit gewiss nicht missbraucht. Zudem ist Dalla selbst dem Spieltisch zugeneigt und kennt sich bestens mit der behandelten Materie aus. Eine klare Lese-Empfehlung!