Rezension von Beste Bücher

Rezension

In diesem rasanten Thriller von Marc Elsberg verschmelzen die Thrillerqualitäten wie man sie aus den Werken Dan Browns kennt, mit den Zukunftsfantasien aus „Staatsfeind Nr. 1“. Cynthia, die sympathische Mittvierzigerin, Journalistin und Mutter wird eines Tages in einen Strudel aus Staatskomplott und Wirtschaftsinteressen gerissen, als sie eine neuartige technologische Errungenschaft – die Smartglasses – nutzen soll.

Sie leiht ihrer Tochter die Brille, die daraufhin innerhalb einer Woche zwei ihrer Freunde durch „Unfälle“ verliert. Was ist passiert? „Freemee“, ein mächtiges Technologieunternehmen das computerbasierte Lebensberatung anbietet, sieht seine Interessen durch die Journalistin gefährdet und versucht, Fehler der Vergangenheit zu vertuschen.

Staatsfeind Nr. 1 – nur besser

Zugegeben, Elsbergs Schreibstil spielt mit Elementen, die jeden halbwegs gebildeten Leser schon bei Dan Brown in die Flucht schlägt – die mehr als holzschnittartigen Protagonisten. Männer haben gerne mal ein kantiges Ostküsten-Geldadel-Profil, waren Elitekämpfer und machten dann schnell noch ihren Doktor in Cambridge, auch die Frauen sind ebenso hübsch wie schlau. Naja. Wenn man darüber hinwegsehen kann, wie auch über gewisse Logikbrüche (Warum muss der FBI-Chef eine verkorkste Personenschützeraktion des Secret Service vertreten?!? Und warum haken die Computer nie, auch wenn 15 Videofenster gleichzeitig geöfnet werden?!?), dann wird man mit einem rasanten und tatsächlich intelligenten Thriller belohnt.

Die von Elsberg vorgestellte Technologie existiert ja tatsächlich schon und „Big Data“ kann eben nicht nur als Geschäftsmodell sondern auch zu politischen Zwecken herangezogen werden. Schon heute, so argumentieren die Figuren im Buch, geben die Nutzer eine breite Datenspur preis, nur um Suchmaschinen nutzen zu dürfen und kostenlose Software zu erhalten.

zero_elsbergDer Nutzer ist selbst in doppelter Weise selbst schuld: Zuerst erzwingt er eine Umsonstkultur im Netz, so dass den Unternehmen zur Deckung von Entwicklungskosten und zur Erzielung von Gewinnen fast nichts anderes übrigbleibt, als die Daten seiner Nutzer zu sammeln und zu verwerten. Google ist im Kern ein gigantisches Werbeunternehmen, vielmehr als es eine Suchmaschine ist. Und außerdem gehen die Verbraucher derart sorglos mit ihren Daten um, dass die staatlichen Datenschutzbeauftragten wie Dinosaurier der Neuzeit wirken. In „Zero“ versucht die Politik nun, dieses umfassende Wissen über jeden einzelnen Bürger in politische Macht umzumünzen und Wahlkämpfe zu beeinflussen – plausibler, als es uns Lesern recht wäre.

Dabei kommt „Zero“ alles andere als technologiefeindlich oder gestrig daher. Es zeigt nur eine weitere Dimension der Big Data-Diskussion auf, die bislang zu wenig Beachtung gefunden hat.