Rezension von Anastasia

Inhalt

Wer denkt, Frauen können nur Zuhause am Herd stehen, das Haus in Ordnung halten und die Kinder großziehen, kennt dieses Buch nicht. Denn Frauen können viel mehr – wenn sie nur fest an sich glauben und für ihre Träume, Wünsche und Hoffnungen kämpfen. Das Buch erzählt die Geschichte einer blinden Ballerina, die weltweit gefragt war, und eines Mädchens mit Kinderlähmung, das zur schnellsten Läuferin der Welt wurde. Von Königinnen und Pharaoninnen, die um ihren rechtmäßigen Platz auf dem Thron kämpfen mussten. Von Frauen, die in ihren Röcken Berge bestiegen oder mit Kopftuch Gewichte heben. Von Künstlerinnen, Journalistinnen, Wissenschaftlerinnen, Spioninnen, Schriftstellerinnen, Sängerinnen, Staatschefinnen und und und. Und all diese Geschichten zeigen eines ganz klar: Frauen können alles sein, können alles schaffen.

Rezension

Das Buch Good Night Stories for Rebel Girls von Elena Favilli und Francesca Cavallo ist nicht nur inhaltlich außergewöhnlich, sondern auch seine Entstehungsgeschichte ist faszinierend. Die Autorinnen hatten keine Lust mehr, in Büchern ständig über schwache und den Männern unterlegene Frauen zu lesen. Also starteten sie eine Crowdfunding-Aktion, die ihnen für das Projekt eine Rekordsumme von über einer Millionen U. S. Dollar einbrachte und somit das Buchprojekt finanzieren konnte.

Das Buch stellt eine Sammlung von über 100 Frauen dar, die in ihrem Leben etwas Außergewöhnliches erreicht haben – oft in einer Zeit, in der Frauen noch diskriminiert wurden oder in Ländern, in denen sie auch heute noch weniger Rechte haben als die Männer.

Bei den Frauen handelt es sich um eine bunte Mischung – ob weltberühmt oder eher unbekannt, bereits verstorben oder gerade mal in der Grundschule, ob arm oder reich, ob wissenschaftlich oder eher künstlerisch interessiert. Aber nicht nur diese Unterschiede machen das Buch zu einer derartig abwechslungsreichen Lektüre. Denn jede Geschichte ist anders, jeder Beitrag für die Gesellschaft, ob klein oder groß, ist bedeutsam und inspirierend.

Jeder Frau wird eine Doppelseite gewidmet, nur vereinzelt teilen sich mehrere Frauen eine Doppelseite. Auf der linken Seite, die eher schlicht gehalten ist, befindet sich, neben dem Namen, einer Angabe zum Beruf bzw. der Tätigkeit, dem Geburts- und ggf. dem Sterbedatum sowie dem Heimatland, der eigentliche Text.

Jeder Text ist in zwei Spalten aufgeteilt. Die Schrift ist recht klein, der Zeilenabstand allerdings angemessen groß. Auch der Flattersatz und die Verwendung von Schrifteinzügen erleichtern das Lesen. Zum eigenständigen Lesen ist es allerdings erst für geübte Leser geeignet.

Unter dem Textblock steht in etwas größerer und roter Schrift ein Zitat der jeweiligen Frau. Bei einigen Frauen fragt man sich allerdings, ob es wirklich Zitate dieser sind oder ob die Worte lediglich aus dem Kotext heraus interpretiert wurden.

Die Texte sind nicht, wie üblicherweise bei biographischen Texten der Fall, vorwiegend sachlich gehalten, sondern werden wie fiktive Geschichten erzählt. Oft beginnen die Erzählungen mit den Worten „Es war einmal ein Mädchen…“, was stark an Märchen erinnert. Und dies war vermutlich auch die Intention der Autorinnen, denn Märchen sind beliebte Gutenacht-Geschichten – nur leider mit oftmals veralteten Geschlechterrollen und Frauenbildern.

Da die Texte recht kurz sind, geben sie nur grob das Leben bzw. wichtige Epochen aus dem Leben der betreffenden Frauen wieder. Dadurch sind die Erzählungen natürlich nicht sehr detailliert, was seine Vor- und Nachteile haben kann. Vorteilhaft ist so auf jeden Fall, dass nie Langeweile aufkommt und dass man nach dem Lesen einer Geschichte Lust bekommt, noch mehr über das Leben und Schaffen der Frauen zu erfahren.

Dennoch enthalten die Texte viele wertvolle Informationen und der Leser lernt nicht nur einiges über die beschriebenen Frauen, sondern auch über die Welt, die Geschichte, Tiere, unterschiedliche Wissenschaften und andere Kulturen. Außerdem werden Themen wie Rassismus, Faschismus, Nationalsozialismus, Diskriminierung, Apartheid, Sklaverei und Antisemitismus aufgegriffen. Diese Themen sowie schwierige oder unbekannte Begriffe werden weitestgehend kindgerecht und gut verständlich erklärt, sodass ein großer Wissenszuwachs möglich ist. Dennoch sollten Kinder und Teenager, die die Geschichten lesen oder vorgelesen bekommen, bereits mit den genannten schwierigeren Themen vertraut sein oder zumindest die Möglichkeit erhalten, mit einem Erwachsenen über diese Themen zu sprechen und Fragen dazu zu stellen.

Auf der rechten Seite befindet sich jeweils eine ganzseitige Illustration der Frau, um die es in der Geschichte geht. Jede Illustration ist von einer anderen Künstlerin gestaltet worden und daher sind die Bilder ebenso vielfältig und verschieden wie die Frauen und ihre Geschichten. Einige Illustrationen sind farbig und andere schwarz-weiß, einige analog und andere digital. Einige Frauen sind fast fotorealistisch oder als Porträtzeichnungen dargestellt, wieder andere erkennt man kaum, so abstrakt sind die Illustrationen. Aufgrund der unterschiedlichen Stile gibt es sicherlich das eine oder andere Bild, das einen weniger anspricht. Aber dennoch sind die Bilder sehr schön anzusehen und eine optische Bereicherung des Buches. Sehr gelungen ist auch, dass viele Illustratorinnen Details aus den Geschichten bzw. typische Merkmale der Frauen in ihre Bilder aufgenommen haben.

Die Geschichten sind nach den Vornamen der Frauen sortiert – von A wie Ada Lovelace bis Z wie Zaha Hadid. Das Inhaltsverzeichnis ganz zu Beginn erleichtert das Suchen bestimmter Personen, insbesondere weil hier erneut die Tätigkeit der Frau genannt ist. Wen also Wissenschaftlerinnen am meisten interessieren, kann diese gezielt finden.

Am Ende hat die Leserin die Möglichkeit, ihre eigene Geschichte aufzuschreiben und ein Bild von sich zu zeichnen oder einzukleben. Hier wird die Message des Buches noch einmal sehr deutlich: Jedes Mädchen und jede Frau ist etwas Besonderes.

Fazit

Aufgrund der hohen Präsenz dieses Buches in sozialen Medien und Bücherläden sowie der Tatsache, dass es bereits einen zweiten Band gibt, war ich sehr gespannt darauf, die Geschichten für ‚rebel girls‘ zu lesen. Und ich wurde nicht enttäuscht. Einige der Frauen waren mir bereits bekannt, aber dennoch habe ich auch über diese noch etwas Neues erfahren können. Und durch das Buch habe ich viele neue, bemerkenswerte Frauen kennenlernen dürfen. Das Buch ist wirklich sehr besonders und sollte von jedem Mädchen und jeder Frau gelesen werden. Es ist sehr inspirierend und ermutigt die Leserinnen dazu, ihre Träume und Wünsche zu erreichen und gleichzeitig auch für andere da zu sein.

Ob das Buch als Vorlesebuch für Kinder unter 9 oder 10 Jahren geeignet ist, ist wegen der teilweise schwierigen Themen fraglich. Einige der Geschichten können aber auf jeden Fall auch bereits jüngeren Mädchen vorgelesen werden.