Rezension von Anastasia

„Wird der Schwarze Zauberstab mit schwarzer Magie gefüllt, kann er Schattenwesen heraufbeschwören. […] In diesem Fall muss das jüngste und fähigste Mitglied der Gesellschaft – idealerweise ein zaubermächtiges Mädchen – den Ewigbesten Zauberstab aus seinem Versteck in Unter-London holen. […] Das jüngste und fähigste Mitglied der Gesellschaft übernimmt damit die Rolle der furchtlosen Retterin guter Magie.“ (Karen Foxlee)

Inhalt

Annabelle lebt im 19. Jahrhundert in London, wo sie das Leben einer kleinen Dame führt. Allerdings kommt es seit einiger Zeit zu seltsamen Visionen, die sie in Pfützen sieht und die ihr furchtbare Angst einjagen. Auch ihre Mutter ist schockiert – allerdings aus einem anderen Grund, wie Annabelle bald schon erfahren soll. Denn kurz darauf verlässt ihre Mutter das Land und gibt sie bei ihren beiden Großtanten Henrietta und Estella ab, die einen Zauberladen in einer heruntergekommenen Gegend in London führen und als Hexen Mitglieder der sogenannten Großen & Gütigen Zaubergesellschaft sind. Während Annabelle noch damit beschäftigt ist, sich an die neue Umgebung und die für sie sehr unerfreulichen Umstände zu gewöhnen, hat sie bald schon eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Ein böser Magier namens Mr. Angel hat nämlich einen sehr mächtigen und sehr gefährlichen Zauberstab in seinen Besitz genommen und damit begonnen, eine Armee aus Schattenwesen heraufzubeschwören. Sein düsteres Ziel: Die Macht über die Stadt und die Bewohner zu erlangen. Aber es gibt Hoffnung. Die Tanten finden in einem alten Buch eine Prophezeiung, die besagt, dass Annabelle nach Unter-London herabsteigen soll, um den Zauberstab des Elfenvolkes zu holen und so Mr. Angel aufzuhalten. Ob ihr das ohne jegliches Wissen über die magische Welt, nur mit der Hilfe eines Straßenmädchens und eines Besens, gelingen wird?

Rezension

Von der Idee her hat mir das Buch direkt zugesagt und ich war gespannt, wie die Geschichte sein würde. Leider wurde ich von Beginn an einfach nicht warm mit dem Buch. Der Schreibstil ist zwar flüssig und lässt sich gut lesen, aber die Handlungen und Charaktere konnten mich nicht fesseln. Die Handlung hat ziemlich abrupt eingesetzt, indem Annabelle wieder einmal eine Vision hatte und Mr. Angel die ersten Schattenwesen heraufbeschworen hat. Es gab keine wirkliche Einführung in die Geschichte und so konnte man gar nicht die Gelegenheit bekommen, Annabelle richtig kennenzulernen und ihr bisheriges Leben, welches sie im Verlauf des ganzen Buches vermisst, richtig nachvollziehen zu können. Danach plätschert die Geschichte erst einmal vor sich hin, bis es dann nach etwa einem Drittel des Buches für Annabelle und das Mittelsmädchen Kitty nach Unter-London geht. Hier wird es dann auch endlich etwas spannender, denn in Unter-London lauern viele Gefahren. Außerdem werden noch ein paar kleinere Spannungsbögen aufgebaut, die einen dazu motivieren, das Buch doch bis zum Ende durchzulesen und nicht vorher aufzuhören.

Annabelle als Charakter ist auch eher schwierig. Sie ist im 19. Jahrhundert aufgewachsen und wurde zu einer jungen Dame erzogen. Sie hat eine Akademie für junge Damen besucht und erinnert sich gelegentlich an diese Zeit und ihre Freundinnen dort zurück. Zu Beginn eines jeden Kapitels findet sich jeweils ein Zitat aus Miss Finchs kleinem blauen Buch, in dem eine Regel für junge Damen steht. Diese Regel hat zum Teil etwas mit dem kommenden Kapitel zu tun. Hierdurch erhalten die Leserinnen zudem einen Einblick in das Leben, das viele Frauen und Mädchen zu der damaligen Zeit (Viktorianisches Zeitalter) geführt haben.

Zu Beginn war Annabelle sehr verängstigt, tollpatschig, hat ständig geweint und war so gar nicht an Magie oder ihren Fähigkeiten interessiert. Für eine Protagonistin in einem Fantasy-/Abenteuerroman fand ich ihr Benehmen etwas nervig. Allerdings ist es mit Blick auf ihre Herkunft und die Zeit, zu der sie lebte, wiederum eher realistisch. Allerdings war dann der plötzliche Wandel um 180 Grad eher unglaubwürdig. Plötzlich ist sie mutiger als ihre Gefährtin Kitty, die an Gefahren gewöhnt ist, und bekämpft jedes noch so gefährliche Wesen.

Die fantastischen Elemente, die Foxlee in einem historisch-realistischen Kontext integriert, sind allesamt nichts Neues. Es gibt Hexen, Zauberer, Trolle, Elfen und einen Lindwurm (Drachen). All das hat man schon öfter in anderen Büchern oder Geschichten gelesen. Hier hätte ich mir doch ein paar andere fantastische Wesen gewünscht.

Neben dem Fantasy-Thema ist ein wichtiges Thema Freundschaft. So entwickelt sich zwischen Annabelle und Kitty, die unterschiedlicher nicht sein könnten, im Laufe ihres Abenteuers eine Freundschaft. Und auf ihrer Reise schließen sie auch noch andere Freundschaften.

Der Autorin gelingt es gut, eine bestimmte Atmosphäre zu kreieren und anschaulich darzustellen. Die Atmosphäre in dem Buch ist fast durchgehend düster. Dies beginnt bereits bei den Charakteren, die entweder mürrisch und streng oder unnahbar sind und Annabelle so zu Beginn kein Gefühl von Geborgenheit geben. Als Mr. Angel in ganz London einen schwarzen Nebel heraufbeschwört, verstärkt sich die schaurige Stimmung. Außerdem gibt es einige teilweise recht makabre und auch grausame Textstellen.

Es wird auch viel mit Kontrasten gearbeitet: Annabelle aus gutem Hause und im Kontrast dazu Kitty von der Straße; die junge Annabelle und im Kontrast dazu die sehr alten Mitglieder der Zaubergesellschaft; und dann das übliche Gut-Böse-Schema, das allerdings an einigen Stellen durchbrochen wird und so für Überraschungen sorgt.

Fazit

Die Geschichte hätte wesentlich mehr Potenzial gehabt. Zwar wurde es gegen Ende hin doch recht spannend, aber für mich fehlte eindeutig etwas. Das Buch ist für Leser ab etwa 12 Jahren geeignet, da die Atmosphäre durchgehend wirklich sehr düster und schaurig ist. Außerdem werden vermutlich eher Mädchen von dem Buch angesprochen sein, denn fast alle Hauptcharaktere sind weiblich. Wer von der Geschichte nicht allzu viel und vor allem nichts wirklich Neues erwartet, wird nicht enttäuscht werden. Von mir wegen der inhaltlichen Schwächen leider nur 3 ½ von 5 Sterne.