Rezension von Anastasia

Was wissen wir eigentlich alles über Bienen? Sie bestäuben Pflanzen und leisten so einen wichtigen Beitrag zur Verbreitung dieser. Außerdem verdanken wir ihnen den leckeren Honig. Und sie können stechen – was ziemlich weh tut. Aber es gibt so viel mehr über diese nützlichen Insekten zu wissen, als wir uns jemals hätten erträumen können. Um uns dieses Wissen näher zu bringen, hat sich Piotr Socha, Sohn eines Imkers und einer der beliebtesten Cartoonisten Polens, in seinem Sachbilderbuch Bienen ganz diesen wunderbaren und erstaunlich vielfältigen Tierchen gewidmet – sozusagen eine Hommage an die Biene. Auf 80 Seiten erzählt er in bunten Bildern und kurzen Texten die Geschichte der Bienen – von den Anfängen bis heute.

Inhalt

Seit wann gibt es Bienen eigentlich? Wie ist ihr Körper aufgebaut, welche Aufgaben haben sie innerhalb ihres Schwarms? Wie pflanzen sich Bienen fort und wie läuft die Bestäubung von Blumen ab? Dies sind einige der typischen Fragen, die sich im Zusammenhang mit Bienen zunächst einmal stellen. Auch hierauf gibt Piotr Socha ausführliche Antworten. Aber: Das Buch geht weit über diese Themen hinaus. So erfahren der Leser und Betrachter beispielsweise, was die Bienen mit Bionik zu tun haben, welche Rollen sie in der Geschichte der Menschheit spielten und welcher Zusammenhang zwischen griechischen Göttern und Bienen besteht. Der Kinderbuch-Bestseller wurde in viele Einzelthemen unterteilt, die jeweils entweder eine oder zwei Seiten (sog. Tafeln) in Anspruch nehmen. Es wird auf geschichtliche Ereignisse und Persönlichkeiten eingegangen, eine Reise in unterschiedliche Kulturen der Welt vorgenommen und nebenbei lernt der Leser nicht nur etwas über Bienen, sondern auch über viele Tier- und Pflanzenarten. Es wird auch ein Einblick in die Imkerei, die Nutzung von Honig, die Behandlung von Bienenstichen sowie die Zukunft der Bienen und der Bestäubung gewährt.

Beurteilung

Sachbücher haben bei vielen Menschen keinen besonders hohen Stellenwert. Bei ihnen steht die Informationsbeschaffung im Vordergrund, nicht aber das Vergnügen. Wenn Sachbücher dann noch mehr Text als Bilder haben und die Bilder nicht gerade anschaulich sind, sinkt dieses Genre noch weiter in der Gunst der LeserInnen. Umso wichtiger ist es, dass gerade Kinder wieder mehr zu Sachbüchern hingeführt werden und ihr natürliches Interesse am Lernen und Erkunden durch diese geweckt und bestätigt wird.

Piotr Socha ist mit Bienen ein Werk gelungen, welches ebendies erreichen kann. Die Kombination aus Bild und Text macht dieses Buch zu einem einzigartigen Erlebnis. Die Bilder, die sehr farbenfroh sind, vereinen Abstraktion mit fotorealistischen Elementen. Die Personen sind eher abstrakt gehalten und sehen dadurch sehr lustig und ansprechend aus. Auf der Doppelseite zum Körperbau der Biene hingegen finden wir fast fotorealistische Zeichnungen von Bienen aus unterschiedlichen Perspektiven.

Die Bilder sind großformatig und dominieren die Seiten. Teilweise handelt es sich um vollständige Szenen, teilweise um viele Einzelbilder – aufeinander abgestimmt, ohne durcheinander zu wirken. Einige Bilder sind, wenn nötig, mit einzelnen Wörtern oder Nummern beschriftet. Die Nummern finden sich zur jeweiligen Information dann im Text wieder. Dies ist teilweise allerdings etwas umständlich, insbesondere, wenn einen nur ein Detail auf einer Seite interessiert. Der Text ist ein Fließtext, befindet sich jeweils ganz unten und ist, um den Bildern mehr Raum zu gewähren, relativ klein geschrieben. Dennoch ist der Text gut leserlich und die Zeilenabstände sind groß genug, um ein entspanntes Lesen zu gewährleisten. Die Texte selber sind eine Mischung aus wissenschaftlichem Sachtext und lockerer, kindgerechter Sprache (ohne zu kindisch zu sein). Der Text beinhaltet auch bildliche Sprache und wörtliche Rede, um das Leseerlebnis aufzulockern und Eintönigkeit zu vermeiden. Es werden teilweise Fachausdrücke verwendet, diese werden aber verständlich erklärt. Auch wenn die Texte recht kurz sind, so beinhalten sie viele Informationen, die auf den Punkt gebracht sind.

Neben den einzelnen ‚Tafeln‘ gibt es im Buch jeweils zwei Doppelseiten, die als ‚Bienenblättchen‘ betitelt werden. Die Seiten sind ganz im Sinne einer altmodischen Tageszeitung gestaltet, mit schwarz-weißen Bildern und kurzen, interessanten Texten über Bienen im Sinne von ‚Wusstest du schon…?‘. Dies bietet erneut eine sehr erfrischende Abwechslung zu üblichen Sach(bilder)büchern. Die Informationen, die vielfältiger nicht sein könnten, sind alle sehr gut recherchiert unter der Unterstützung von Experten und wurden im Auftrag des Gerstenberg Verlags erneut von Dr. Werner von der Ohe (Institut für Bienenkunde Celle) auf ihre Richtigkeit geprüft. Einziger Kritikpunkt ist das fehlende Inhalts- sowie Stichwortverzeichnis, was eine gezielte Arbeit mit dem Sachbuch umständlich macht. Allerdings können so die Leser zu einem freien Erkunden des Buches animiert werden.

Fazit

Das Sachbilderbuch (geeignet ab 3 Jahren) hat großes Potenzial, jeden Leser – sofern er oder sie es noch nicht ist – zum großen Bienenfan zu machen. Es überzeugt durch und durch und hat einen hohen Suchtfaktor – denn: Wer einmal die Bilder gesehen hat, kann es nur noch schwer aus der Hand legen. Dem Autor und Illustrator ist es gelungen, das Genre des Sachbuchs zu revolutionieren: Lernen mit Freude und fürs Auge. Neben dem Informationsgehalt erfüllt das Buch aber auch einen anderen, ebenso wichtigen Zweck: Es öffnet dem Leser die Augen darüber, wie schützenswert diese kleinen, fleißigen und überaus nützlichen Geschöpfe sind und was wir ihnen eigentlich alles zu verdanken haben.

Auch wenn die Hauptzielgruppe Kinder im Kinder- und Grundschulalter sind, so ist das Buch für jede Altersgruppe geeignet. Bereits die kleinsten Kinder werden sich an den wunderschönen und humorvollen Illustrationen kaum sattsehen können und auch Erwachsene können durch das Buch vieles lernen, was sie noch nicht über Bienen gewusst haben.

Nicht zu Unrecht wurde das Werk im Jahr 2017 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis in der Sparte ‚Sachbuch‘ ausgezeichnet. Absolute Kaufempfehlung, denn dieses Buch darf in keinem Bücherregal fehlen!