Rezension von Anastasia

Inhalt

Ein kleines Kind darf mit dem großen Hund der Oma spazieren gehen. Eigentlich soll es nur eine kurze Runde werden, damit der Hund Pipi machen kann. Aber die Welt bietet so viele Abenteuer. Zuerst fahren die beiden mit einer magischen Eisenbahn und gelangen so in die unterschiedlichsten, wundervollsten und traumhaftesten Gegenden. Sie sehen riesige Burgen, verrückte Baumhäuser, Parks mit riesigen Skulpturen und fantastischen Wesen, lauschen einem höchst ungewöhnlichen Konzert, gehen Baden, fahren mit einem ‚Boot‘ und lernen die unterschiedlichsten Leute kennen. Aber irgendwann ist es dann doch wieder Zeit, zum Haus der Oma zurückzukehren. Und die wartet schon freudig auf die beiden.

Rezension

Dieses Bilderbuch ist wirklich etwas Besonderes. Es ist sehr großformatig und wirkt qualitativ hochwertig. Was dieses Bilderbuch allerdings ausmacht, ist die Tatsache, dass es ganz ohne Text auskommt und die Geschichte(n) allein auf der sehr künstlerischen Bildebene erzählt. Beim ersten Durchblättern war ich erst einmal etwas überfordert, da es einige Seiten gibt, die wimmelbildartig aufgebaut sind und dadurch etwas chaotisch wirken. Die beiden Hauptcharaktere (das Kind mit der roten Kappe und den riesigen weißen Hund) findet man auf jeder Seite wieder. Durch die beiden wird eine gewisse ‚Leserichtung‘ oder Betrachtungsrichtung vorgegeben, denn man kann jeweils ihren Weg auf zwei Doppelseiten nachverfolgen. Das Bilderbuch spielt in zwei Welten – der realistischen Welt bei der Oma, die die Geschichte einrahmt, und der eher fantastischen Welt, in die das Kind eintaucht, sobald es allein mit dem Hund spazieren geht. Es wird hier allerdings nicht so richtig klar, ob es sich wirklich um zwei Welten handelt, oder ob das, was wir sehen, nur der Fantasie des Kindes entspringt, das gemeinsam mit dem Hund die weite Welt entdeckt.

Neben fantastischen Elementen findet man in der Fantasiewelt allerdings auch wieder einige realistische Elemente wie Personen, Tiere, Pflanzen und sonstige Gegenstände aus der Alltagswelt der Kinder wieder. Außerdem gibt es viele Bezüge zur Weltgeschichte sowie Phänomene aus unserer heutigen Zeit. So finden sich beispielsweise einige Skulpturen von Personen aus der Zeit des Barocks, eine riesige Brunnenskulptur, die an Napoleon Bonaparte erinnert, und ein froschähnliches Wesen, das mit einem Handy oder Smartphone in der Hand desinteressiert in der Gegend herumsitzt.

Hinsichtlich der Wesen gibt es beispielsweise ein rosa Mammut, Riesen, lebendige Spielzeuge und viele vom Aussehen und von der Größe sehr unterschiedliche Figuren, die an die Mucklas aus Nordqvists Werken ‚Pettersson und Findus‘ erinnern.

Außerdem finden sich in den Illustrationen viele intertextuelle Elemente. So könnte das Kind mit der roten Kappe einen Bezug zu Rotkäppchen darstellen. Auf einer Seite finden sich sieben Zwergen, die auf Schaukeln schaukeln, auf einer anderen ein Detektiv mit Lupe (Sherlock Holmes?). Ob die Kinder diese Elemente (gerade auch die historischen) aber wirklich erkennen, ist fraglich.

Die Illustrationen sind in dezenten Farben. Teilweise werden auf einer Seite nur einzelne hervorstechende Farbakzente gesetzt. Es überwiegen Erd-, Grün- und Gelbtöne, die allesamt eine sehr beruhigende Wirkung haben – was auch ganz gut ist bei den teilweise etwas chaotischen Illustrationen. Durch die Farben wird gegen Ende hin auch Atmosphäre entwickelt, denn da sind die Illustrationen plötzlich dunkler und wirken eher bedrohend als – wie zuvor – heiter und unbeschwert.

Nordqvist verwendet unterschiedliche Stile. Es überwiegt der einfache Zeichenstil, aber es finden sich vereinzelt auch fotorealistische Elemente und die Verwendung digitalen Elementen. Einige Illustrationen sind sehr detailliert und aufwendig gestaltet, was wirklich beeindruckend ist. Es gibt eigentlich jedes Mal etwas Neues zu entdecken, was bei den Bilderbüchern ohne Text wirklich eine große Besonderheit darstellt.

Dadurch, dass auf jedem Bild so viele unterschiedliche und oft voneinander unabhängige Elemente zu finden sind, eignet sich das Buch hervorragend dazu, Kinder zum Erzählen anzuregen. Das Bilderbuch kann auch gut in der Grundschule verwendet werden, beispielsweise im Deutschunterricht als Schreibanlass.

Schade ist nur, dass auf der Haupthandlungsebene – das Kind und der Hund – nicht noch etwas Spannendes passiert, woran man zumindest eine gewisse Haupthandlung entwickeln könnte, die man den Kindern beim gemeinsamen Betrachten erzählt.

Fazit

Das Bilderbuch von Sven Nordqvist, dem Erfinder von Pettersson und Findus, ist ein wahres Kunstwerk. Auf insgesamt 25 großformatigen Seiten finden sich die detailliertesten und fantasievollsten Illustrationen, die man sich nur vorstellen kann. Jede Illustration erzählt die unterschiedlichsten Geschichten und lädt immer wieder dazu ein, neue Elemente und Details zu entdecken. Wegen der starken Bezüge zur Geschichte und unserer Gesellschaft ist das Buch keineswegs nur für Kinder geeignet, sondern auch für Erwachsene. Die Bilder laden zu Sprech-, Erzähl- und Schreibanlässen ein und somit ist das Bilderbuch vielseitig einsetzbar.

Wer allerdings eine spannende Haupthandlung erwartet, wie es in einigen Bilderbüchern ohne Text der Fall ist, wird hier eher enttäuscht werden.

Von mir bekommt das Buch daher 4 ½ von 5 Sterne und ist sehr empfehlenswert.