Rezension von Lena

Der Roman „Der Dieb in der Nacht“ wurde von der im Jahre 1984 geborenen, deutschen Schriftstellerin Katharina Hartwell verfasst. In ihrem Roman „Der Dieb in der Nacht“ schafft sie ein Szenario in einer Welt zwischen Realität und Phantasie; voller Spannung, Hoffnung und Enttäuschung. Es ist schwierig, ihren Roman einem bestimmten Genre zuzuordnen, da es die Vereinigung von Realität, Mystik und einer Anhäufung von Zufällen ist, die ihren Schreibstil ausmacht und ihre Leserschaft immer wieder aufs Neue in ihren Bann zieht und bis zur letzten Sekunde fesselt. Ein erotischer Schauerroman voller Gefühle, Hoffnungen und Träume.

Plot

10 Jahre ist es jetzt her, dass Felix Heller verschwunden und nicht wieder aufgetaucht ist. 10 Jahre, die sich Paul immer wieder die Frage gestellt hat: Was ist in jener Naht passiert, in der sein bester Freund Felix nicht mehr nach Hause zurückgekehrt ist? Und was hat der Mann, der sich Ira Blixen nennt, Felix auf geheimnisvolle Art und Weise ähnelt, und keine Erinnerung an seine letzten 20 Lebensjahre hat, mit Felix´ Verschwinden zu tun?

Inhalt

Auf einem Konzert in der Lucerna Bar, sieht Paul ihn. Oder zumindest glaubt er, ihn zu sehen: Felix. Felix, seinen besten Freund. Felix, der seit 10 Jahren spurlos verschwunden ist. Doch der Mann heißt nicht Felix Heller. Der Mann heißt Ira Blixen und scheint wie das komplette Gegenteil Felix´ auszusehen. „Der Mann in der Lucerna Bar, der nicht aussieht wie Felix, sich aber bewegt wie Felix, Paul anschaut wie Felix und Felix´ Muttermal am Handgelenk trägt, erklärt, dass es ihm leidtue. Sein Name sei Ira Blixen. Er lebe bereits seit vielen Jahren in Prag.
Und er sei Paul noch nie begegnet, ganz sicher nicht.“

Aber es sind nicht die Äußerlichkeiten, die Paul fest davon überzeugen, seinen Freund wiedergefunden zu haben. Es ist die Art und Weise wie er spricht, wie er sich bewegt und Paul ansieht. Doch Blixen erinnert sich nicht an Paul. Blixen erinnert sich an überhaupt nichts. Seine letzten 20 Lebensjahre sind wie ausgelöscht. Außer Paul selbst, scheint keiner Felix in Blixen zu erkennen. Paul jedoch ist fest davon überzeugt: Das ist der Mann, mit dem er früher zur Schule gegangen ist. Das ist der Mann, der ihn immer schon verstanden hat. Das ist der Mann, mit dem ihn mehr verbindet, als bloß Freundschaft.

Blixen wird für Louise (Felix´ Schwester), Paul und alle Angehörigen eine wichtige Person, die in ihrem Leben nicht mehr wegzudenken ist. Mit ihm ist der Glaube zurückgekehrt, Felix wiedergefunden zu haben. Doch schon bald müssen sich Louise und Paul die Frage stellen, die sie sich im Laufe des Romans noch so einige Male stellen werden müssen: Ist Blixen wirklich der verschwundene Felix?

Die Protagonisten

Felix:

Das letzte Mal wird der Junge Felix an einer Tankstelle gesehen. Danach verschwindet er. Spurlos. Niemand weiß, wo er ist. Ob er entführt wurde oder freiwillig gegangen ist. Ob er wiederkehren wird oder nicht. Alles was man weiß, ist, dass er verschwunden ist. Es ist sein rätselhaftes Verschwinden, welches der Auslöser für alle Ereignisse des Romans ist.

Louise:

Louise ist Felix´ Schwester und Pauls Freundin. Sie bricht ihr Studium ab, um Cupcakes zu verkaufen. Als Paul ihr erzählt, dass er Felix gefunden habe, ist sie zunächst irritiert. Aber als sie Blixen näher kennenlernt, und eine Bindung zu ihm aufbaut, ist sie sich sicher: Blixen ist ihr verschwundener Bruder.

Paul:

Paul ist Germanistikstudent und Louises Freund. Es ist das Auftauchen Blixens, das seine Welt komplett auf den Kopf stellt. Zunächst auf eine positive Weise, weil er denkt, in Blixen seinen verschwundenen Freund wiedergefunden zu haben. Doch ist Blixen wirklich der vermisste Felix? Ein Geflecht aus Wahrheit und Lüge, aus Traum und Alptraum scheint sich immer mehr aufzubauen, um am Ende möglicherweise wie ein Kartenhaus zusammenzufallen…

Blixen:

Blixen ist zunächst der Mann, dessen Auftauchen alle Probleme zu lösen scheint und Lois und Paul an das Gute glauben lässt. Louise und Paul schenken Blixen ihr volles Vertrauen, weil sie sich immer sicherer werden: Blixen ist der verschwundene Felix.

Hauptteil: Meine eigene Meinung

Mit ihrem Buch „Der Dieb in der Nacht“ hat Katharina Hartwell ein Szenario zwischen Traum und Albtraum geschaffen. Eine Welt, die zu Beginn noch in Ordnung ist, dann jedoch in sich zusammenzufallen und all das Gute, was in ihr war, mit sich zu reißen droht…

Zu Beginn erzählt Hartwell eine Geschichte über Freundschaft und Liebe. Einerseits wird die Freundschaft von Paul und seinem Freund Felix erzählt, andererseits die Geschichte von Paul und Louise. Doch mit dem Auftauchen Blixens ändert sich alles.

Was als Liebesgeschichte beginnt, entwickelt sich immer weiter zu einem Netz aus Lügen, Irrtum und Verrat. Einem Netz, dessen Fäden behutsam und geplant von Blixen gespannt werden. Denn alles hat einen Sinn. „Alles ist wichtig. Vor allem die Details.“

Ich habe Hartwells Roman zunächst als Liebesgeschichte zwischen Paul und Lois wahrgenommen, die sich dann immer mehr um das Verschwinden von Felix dreht. Ich habe mit allem Möglichen gerechnet. Aber nicht mit einem Horrorszenario, wie es Hartwell schließlich konstruiert hat. Blixens Gefühle und Gedanken bleiben dem Leser stets verborgen. Vielleicht ist es das, was ihn so geheimnisvoll, unnahbar und einfach gespenstisch erscheinen lässt. Es ist allein seine Person, die dem Roman sowohl Spannung, Erotik, Abneigung und zugleich Begierde verleiht.

Erster Eindruck

Hartwells Stil scheint auf den ersten Blick sehr einfach. Doch schon bald fällt auf, dass sie ihre Worte stets mit Bedacht wählt und sich mehr hinter ihren Worten versteckt, als erwartet. Szenen, die in dem Buch beschrieben werden, die zunächst keine besondere Bedeutung für den weiteren Verlauf des Romans zu haben scheinen, werden auf späteren Seiten in den Vordergrund gerückt. Es ist die Undurchschaubarkeit Hartwells Charaktere, die das Buch zu einem wahren Kunstwerk und psychischen Schauerspiel machen.

Der Roman Hartwells ist von der ersten Seite bis zur letzten ein sehr spannendes Werk. Der Leser/die Leserin erhält einen Einblick in das Leben Pauls und Louise´ und wie sich dieses durch das Auftauchen Blixens verändert. Und wie sich die Charaktere Paul und Louise durch das Auftauchen Blixens verändern.

Schluss

Das Auftauchen Blixens stellt das Leben von Louise und Paul völlig auf den Kopf. Dabei bemerken Louise und Paul zu spät, wie sehr sie ihr Leben von Blixen abhängig machen und zu ihren eigenen Doppelgängern werden. Und immer wieder ist es dieselbe Frage, die sich Paul und Louise stellen müssen: Ist Blixen der verschwundene Felix?
Die Leserschaft, die bereit ist, sich auf eine Reise abseits des „sicheren Pfades“ zu begeben, und bereit ist, in die Psyche der Hauptcharaktere einzutauchen, sollte den Roman auf jeden Fall lesen.

Ein Hin und Her von Gefühlen, Vermutungen, Hoffnungen und Träumen. Vermutungen, die wahrscheinlich mehrere Male überdacht und neu konstruiert werden müssen. Hoffnungen und Träume, die zerstört werden. Die Entscheidung darüber, ob man einem Menschen sein ganzes Vertrauen schenkt oder nicht- Das ist die größte aller Entscheidungen, die die Leserschaft, die sich auf dieses psychische und erotische Schauerspiel einlassen will, treffen muss. Die Leserschaft, die jedoch an das Gute im Menschen glaubt, und nicht bereit ist, sich von einem Menschen in die Irre führen zu lassen und den „sicheren Pfad“ bevorzugt, sollte daher eher nicht zu diesem Buch greifen und weiterhin in ihrer „heilen Welt“ voller Glück und dem Glauben an das Gute verweilen.