Rezension von Julia

Joël Dickers dritter, ins Deutsche übersetzter Roman erschien frisch im Frühjahr 2019 und für alle begeisterten Leser seiner bisherigen Romane „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ und „Die Geschichte der Baltimores“ wird die Veröffentlichung des Neulings „Das Verschwinden der Stephanie Mailer“ ein Grund gewesen sein, schnellstens die nächste Buchhandlung aufzusuchen.

Inhalt

In einer amerikanischen Kleinstadt werden während der Premiere eines Theaterfestivals vier Menschen ermordet; die Familie des Bürgermeisters und eine Passantin, die auf ihrer üblichen Joggingrunde an dem Haus der Familie vorbei kommt. Der Schuldige ist bald gefasst und der Fall geschlossen – so glauben es die damals ermittelnden Beamten Jesse Rosenberg und Derek Scott. 20 Jahre später, kurz vor dem Jubiläum des Festivals, erscheint die Journalistin Stephanie Mailer, die die damaligen Ermittlungen in Zweifel zieht und davon überzeugt ist, der wahre Täter sei immer noch auf freiem Fuß. Sie vertraut sich Jesse Rosenberg an, der ihr jedoch nicht glauben will und kurz nach dem Gespräch verschwindet sie spurlos. Als immer mehr Hinweise darauf hindeuten, dass die Journalistin nicht freiwillig von der Bildfläche verschwunden ist, wird der Fall neu aufgerollt.

Die Ermittlungen in dem Fall werden immer verworrener und es wird immer gefährlicher je mehr hinter die gemütliche Fassade der Kleinstadt geschaut wird. Nach und nach erfolgen weitere Morde und Stephanie Mailers Annahme, dass der ursprüngliche Täter noch auf freiem Fuß ist, wird immer wahrscheinlicher, zumal der damalige Verdächtige bereits gestorben ist und somit zumindest nicht für die aktuellen Geschehnisse verantwortlich sein kann.

Rezension

Joël Dicker schafft es auch in diesem Roman wieder ein Geflecht aus kleinen Nebengeschichten um eine Haupthandlung zu knüpfen, das den Leser hin und wieder in die Irre führt. Die Atmosphäre einer amerikanischen Kleinstadt, in der jeder Bewohner seine eigene Geschichte voller Sorgen, Freuden und Tratsch hat, wird sehr anschaulich widergegeben und schnell wird man Teil der Verschwörungen und Vorurteile gegenüber anderen Bewohnern.

Auch weitere Geschichten außerhalb der Kleinstadt werden eingestreut und lenken oft von der Haupthandlung ab. So wird das Internet verurteilt, insbesondere Social Media Plattformen in Bezug auf Mobbing oder die Verdrängung gewöhnlicher Tageszeitungen. Auch den Beruf des Literaturkritikers stellt Dicker hier sehr kritisch dar. So gibt er ihn einer Figur, die im Laufe des Romans ins Lächerliche gezogen wird. Man hat das Gefühl, dass sich Joël Dicker in seinem neuen Werk über bestimmte Themen der heutigen Zeit gerne äußern möchte und dafür die Nebenhandlungen seines Romans nutzt.

Für alle Joël Dicker Fans ist „Das Verschwinden der Stephanie Mailer“ jedoch absolut empfehlenswert. Die Atmosphäre einer amerikanischen Kleinstadt, sowie die verworrenen Hinweise und Handlungsstränge erinnern stark an seine Vorgängerromane und auch hier fließen die Nebenhandlungen nach und nach in die Haupthandlung ein und es kommt zu einem überraschenden Ende. Sobald der wahre Mörder bekannt ist, möchte man eigentlich noch einmal von vorne anfangen, um zu verstehen, warum man dieses Ende nicht in seinen Gedanken als Möglichkeit miteinbezogen hat, obwohl man während des gesamten Verlaufs von einer Verdächtigung zur nächsten ermutigt wird.

Joël Dickers Romane lesen sich sehr leicht und sind doch anspruchsvoll in ihren Handlungen. Seine drei Werke sind für sich abgeschlossene Geschichten und seine Figuren und Beschreibungen ermöglichen es einem, von der ersten Seite an in das Geschehen einzutauchen und vom Alltag abzuschalten. Auch bei diesem Roman verliert man sich vollkommen in den Ereignissen der Kleinstadt und kann das Buch nicht mehr weglegen. Eine absolute Leseempfehlung für Fans und Neulinge!