Rezension von Ramon

Inhalt

Der Bienenzüchter Sergej Sergejitsch ist ein Griesgram und Nörgler. Frau und Tochter sind ihm davongelaufen. Jetzt lebt er als einer der zwei letzten in einem Dorf in der Nähe von Donesk in der Ostukraine. Hier besteht seit drei Jahren die „Graue Zone“, ein Kampfgebiet zwischen ukrainischer Armee und prorussischen Separatisten. Immer wieder schlagen Bomben ein, doch Sergej bleibt. Weil er das Dorf beschützen will, so redet er sich ein, weil doch jemand da bleiben muss, damit später auch die anderen zurückkehren können. Der einzige andere Mensch, der das Dorf noch nicht verlassen hat, ist sein „Feindfreund“ Paschka, ein Mann, den er schon zu Schulzeiten nicht leiden konnte. Doch in der Not sind sie aufeinander angewiesen, trotz aller politischen Differenzen. Ganz anders als Sergej steht Paschka auf Seiten der prorussischen Seperatisten.

Die erste Hälfte des Romans schildert viele Episoden aus Sergejs Alltag in der „Grauen Zone“. Sergej entdeckt einen Toten im Dorf und fragt sich, wo dieser herkommt. Er erinnert sich an bessere Zeiten vor dem Konflikt, als der Gouverneur noch vorbeikam, um auf seinen Bienen zu schlafen und so zur Ruhe zu kommen. Ein ukrainischer Soldat besucht ihn und weil man als Gast nicht mit leeren Händen kommt, schenkt er ihm eine Handgranate. Das Dorf hat zwei Straßen, die Schewtschenko- und die Leninstraße. Sergej will nicht länger in der Leninstraße wohnen, tauscht daher alle Straßenschilder um. Seinem Nachbarn Paschka ist das sehr recht.

Bei aller Komik rückt das ernste Thema nicht in den Hintergrund: Die Not der Zivilbevölkerung in diesem Konflikt. Sergej Sergejitsch ist dabei eine überzeugende Figur. Er macht sich gerne selbst etwas vor, ist nicht frei von Vorurteilen und unterstellt anderen, etwa seinem „Feindfreund“ Paschka, gerne böse Absichten. Trotz seiner oft störrischen und abweisenden Art offenbart er immer wieder auch ein tiefes, mitfühlendes Gemüt, so dass er dem Leser wieder nahbar wird. Dabei nutzt Kurkow gekonnt die Erzählperspektive. Man taucht tief in die Gedanken von Sergej ein und fängt erst nach und nach an, seiner Wahrnehmung mancher Dinge zu misstrauen.

Als das Leben im Dorf nahezu unmöglich wird, bricht Sergej mit seinen Bienen auf, um sie an einen Ort zu bringen, wo sie in Freiheit Nektar sammeln können. Er erkennt dabei, warum er vielleicht wirklich so lange geblieben ist. Nicht, um das Dorf zu beschützen, sondern weil er dachte, das Dorf würde ihn beschützen …  So nimmt die Geschichte nach der Hälfte des Buches eine neue Wendung, über die an dieser Stelle noch nichts verraten werden soll. Doch eines ist gewiss: Der Krieg wird Sergej auch auf seiner Reise weiter verfolgen.

Fazit

Ein gut erzählter Roman über einen aktuellen Konflikt, der aus der breiten Wahrnehmung geraten ist. Was die Bienen sinnbildlich mit diesem Konflikt zu tun haben, wird erst nach und nach klar. Hier findet Kurkow eine eindrückliche Allegorie. Dem Roman gelingt es, ein ernstes Thema mit Humor und Ironie unterhaltsam zu verpacken und ihm dennoch auch in seinem Schrecken gerecht zu werden.