Rezension von Mona

Inhalt

„Damals, als die Tiere verschwanden, wirklich und wahrhaftig verschwanden, nicht nur als Warnung vor einer düsteren Zukunft, sondern jetzt, jetzt und hier, im Zuge eines Massensterbens, das wir sehen und fühlen konnten, beschloss ich, einem Vogel übers Meer zu folgen.“ (S. 11)

In „Zugvögel“ begleiten wir Franny auf ihrer ganz persönlichen Zugreise. Den letzten Vögeln entgegen, und den Schatten ihrer Vergangenheit.

Franny ist eine eigenwillige und starke Protagonistin, die es sich in den Kopf gesetzt hat, den letzten überlebenden Seeschwalben zu folgen, um deren Überleben zu sichern – und das mit allen Mitteln. Schon bald wird klar, dass hinter ihrer Expedition mehr steckt als schierer Forschungsdrang. Frannys Reise ist eng verknüpft mit den Geistern ihres Daseins; wie weit das tatsächlich geht, entblättert sich erst allmählich. Sie provoziert immer waghalsigere Momente, schreitet todesmutig ihrer selbst ernannten Bestimmung entgegen.

Und hier kommen wir zu einem Aspekt, den ich an der Geschichte nicht sonderlich mochte; Franny ist eine ausgesprochen destruktive Persönlichkeit und zwar grundlegend, nicht nur in Bezug auf das Geheimnis, das sie umhüllt. Ich möchte das der Geschichte selbst nicht ankreiden, denn dies ist einfach ein großer Bestandteil, um die Figur zu verstehen und eine emotionale Bindung zu ihr aufzubauen. Nur mir persönlich liegen diese Charakteristika in Geschichten einfach selten.

Im Grunde ist die Geschichte absolut traurig und dramatisch. Und die Vögel, die anfänglich als Hauptmotiv gesehen wurden konnten, werden nur Mittel zum Zweck. Um Frannys Dämonen zu enthüllen. Und sie besser verstehen zu lernen, mit ihr mitfiebern zu können. Denn der eigentliche Zugvogel, um den es hier geht, ist unsere Protagonistin selbst. Sie war immer rastlos, fühlte sich von Orten und Situationen eingeengt, musste sie fluchtartig nach einer Weile verlassen.

„Mein Leben war ein Vogelzug ohne Ziel, und das an sich ist schon ein Widerspruch.“  (S. 150)

In Rückblicken lernen wir auch Frannys Ehemann kennen, ohne den sie gereist ist, wie so oft. Trotzdem trägt sie ihn bei sich, lässt ihn gedanklich und auch anhand von Briefen an ihrer Gedankenwelt teilhaben.

Die beiden lernten sich an der Uni kennen, er ein Biologie Professor, sie eine leidenschaftliche Hobby Ornithologin, ein Band, das sie eng umeinander schloss und nicht mehr loslassen sollte. Wie wichtig diese Ehe, diese Stabilität und die gemeinsame Passion für Franny sein sollte, lernte sie nur allmählich, entfernte sich permanent von ihm, um irgendwann wieder zurück zu kehren.

Fazit

Was mir an der Geschichte wunderbar gefiel, waren die Naturbeschreibungen und die Sinnlichkeit, mit der das Meer mit all seiner Schönheit und all seinen Gefahren geschildert wurde. Ebenso die Vögel, die in der ersten Hälfte des Buches vermehrt im Fokus standen und zu wichtigen Protagonisten erklärt wurden. Zudem wurden Frannys leidenschaftliche Wahrnehmung auf die Vogelwelt und ihre persönliche Geschichte eng miteinander verknüpft, so dass sich hieraus sehr schöne Bilder ergaben. Laut Autorenportrait wurde Charlotte McConaghy durch ihre eigene Faszination für die Natur zu der Geschichte inspiriert, was man beim Lesen deutlich spürt.