Rezension von Mona

Inhalt

„Die ewige Rache der Gerechten.“ (S. 247)

Bücher, die den Vampir-Mythos aufrollen, gibt es etliche. Bücher, die sich der Thematik durch die historische Persönlichkeit „Vlad Draculea“ (oder auch „Vlad der Pfähler“) nähern, sind auch nicht selten zu finden, aber vermutlich eher für tiefergehend Interessierte. „Die nicht sterben“ ist ein Buch, das sich nicht so recht einreihen mag in die Riege der klassischen Horrorliteratur. Es einen historischen Roman zu nennen, wäre auch zu viel. Aber was genau ist es, das dieses Buch so speziell und vor allem so lesenswert macht, inmitten einer Thematik, über die schon in der Unterhaltungsliteratur alles gesagt zu worden scheint?

Am Interessantesten war für mich die Erzählweise, die mich immer hat zweifeln lässt, wer denn eigentlich der Protagonist ist. Ist es unsere Erzählerin, die in ihrer Darstellungsweise eher unzuverlässig und sehr schwierig greifbar ist? Oder ist es Dracula bzw. Vlad Draculea, der Bram Stoker seinerseits zu seinem Gothic Klassiker inspirierte? Dann wiederrum hatte ich das Gefühl, dass der wahre Protagonist hier das Land Rumänien ist, nur um irgendwann der Überzeugung zu sein, dass der Vampir-Mythos an sich die zentrale Rolle spielt. Ich kann auch nach der Lektüre nicht beantworten, was genau der Fokus ist und das mag negativ klingen, ist es aber absolut nicht! Denn all das zusammengenommen, ergibt erst ein umfassendes Bild über die Gestalt, die sich so hartnäckig in der Popkultur hat beweisen können und mittlerweile vielleicht sogar einen zu romantischen Anstrich erhalten hat. Und da es mir auch sehr schwerfällt, diesen Mythos unabhängig von Rumänien zu betrachten, war ich sehr dankbar für die Herangehensweise. Die Autorin betrachtet dabei „ihr Land“ (sie hat schweizerisch-rumänische Wurzeln) nicht romantisch verklärt und idealisierend, sondern durchaus rau und kritisch, nicht aber ohne eine spürbare Zuneigung.  Die Glorifizierung und Sensationsgier sind es auch, die sie hier gerne mal anprangert:

„Selfies vor unserer Krypta, Selfies vor den bizarren Männern in der Tracht; zynische Selbstdarsteller auf ihrer eifrigen Jagd nach dem absonderlichsten Bild. Dabei Gelächter, als würde man das Fotografieren gar nicht ernst nehmen.“ (S. 165)

Es lässt sich also an der einen oder anderen Stelle sehr gut herauslesen, wie sie dazu steht, dass Rumänien, wenn, dann als Heimstätte der Blutlust, wahrgenommen wird, obwohl es so viel mehr ist. Eine kleine Twilight Referenz hat das Bild noch perfekt gemacht.

Und apropos Komik: Die versteckt sich hier ebenfalls zwischen den Sargdeckeln. Ich erinnere mich an eine sehr komisch-morbide Friedhofsszene, die meine Sicht auf das Geschriebene das ein oder andere Mal beeinflusst hat (herrlich!).

Fazit

Was man sich bitte nicht erwarten sollte: Eine reine Horrorgeschichte, um des Horrors willen. Auch keinen Thriller, keine Ermittlungsarbeit, keine Protagonistin, die einen an die Hand nimmt und im klassischen Sinne mitfiebern lässt. Was man aber auf jeden Fall bekommt: Eine messescharfe Prosa, Rumänien, eine kleine historische Aufarbeitung des Dracula und ja, auch sehr bizarren Witz an der ein oder anderen Stelle. Aber eben eine Erzählerin, bei der man von Anfang an nicht weiß, wie man sie einordnen soll und die sich selber ständig von dem Erzählten distanziert und nie ganz zuverlässig scheint.

„Sie werden in allem, was ich Ihnen erzähle, böse Anzeichen sehen, Ankündigungen für das, was folgte. Sie werden sich nach Vorboten fragen, den Vorboten des Schocks, der unvorstellbaren Grausamkeiten, des Todes aller Tode.“ (S. 15)