Rezension von Mona

„Im Krieg bedeutet Krankheit etwas anders als im Frieden.“ (S. 176)

Inhalt

Osteuropa 1914. Klirrende Kälte, Hunger, Leid, Angst, Verzweiflung und der Hoffnungsschimmer einer zarten Liebe. Das ist der Ausgangspunkt der Geschichte, das ist das, was man definitiv bekommt.

 Unser Protagonist ist ein junger Medizinstudent, hungrig nach Wissen und unbeugsam gegenüber seiner reichen Familie, die den Ärzteberuf für nicht ehrenhaft genug hält. Doch Lucius brennt für die Medizin, schon früh denkt er seine Berufung gefunden zu haben, ist mit Feuereifer dabei. Als der erste Weltkrieg ausbricht, jubelt ganz Österreich, endlich eine Chance zu glänzen und sich in der Welt zu behaupten, auch unser österreichische Protagonist ist zunächst angetan und meldet sich bereitwillig für den Dienst am Vaterland. Über Umwege landet er in einem Lazarett in den Karpaten im medizinischen Dienst und muss dem Tod täglich ins Auge blicken.

Und hier beginnt die Geschichte um den Wintersoldaten, der ins Lazarett eingeliefert wird und Lucius zu einer Entscheidung bringt, die schwer auf ihm lasten wird. Wir lernen zudem die Krankenschwester und Nonne Margarete kennen, die der größte Stützpunkt im Leben Lucius‘ sein wird. Beide eint die Passion für ihren Beruf; Lucius zuerst eher aus einer medizinischen Perspektive und Margarete aus einer sozialen.

Rezension

Sowohl die Kälte und die Armut und das Siechtum sind hier erschreckend gut beschrieben, niemand würde mit den Protagonisten tauschen wollen, jeder dürfte froh sein, in seinem sicheren Hafen nur als Beobachter zu fungieren. Denn der Autor entwirft seine Szenerie meisterhaft. Auch die Figuren erscheinen lebendig und Konflikte, die es hier immer wieder gibt, brennen sich einem ein. Ich denke da an eine bestimmte Szene mit dem Wintersoldaten und einem, ich nenne ihn mal Antagonisten (denn ist im Krieg nicht jeder mit einer auf ihn gerichteten Waffe ein Antagonist?), die mich absolut erschaudern ließ. Dieser Antagonist, ein Kommandant, der die Soldaten wieder ins Feld schicken will, ist auch maßgeblich für die unangenehme Entwicklung in diesem Lazarett verantwortlich, bindet dafür die Protagonisten näher an den Leser, denn sie, und insbesondere Margarete, sind das Gute und Menschliche.  Mit den Worten: „Wer krank ist, bestimme ich.“ (S. 177) spielt der Kommandant maßgeblich Gott, richtet nach seinen eigenen Werten.

Und hier kommen wir zu einer wesentlichen und hochinteressanten Thematik des Romans: Die Stellung von psychischen Krankheiten in der damaligen Gesellschaft. Wer kein sehr offensichtliches körperliches Gebrechen hatte, galt als gesund und kampffähig. Schwer traumatisierte Soldaten, die keine körperlichen Schäden vorweisen konnten, galten als Simulanten, Weicheier, Kriegsverweigerer. Und wurden im Fall unseres Romans (und auch tatsächlich) sanktioniert. Und zwar schwer. Das heute bekannte Kriegszittern war ein Symptom für Alkoholismus und/oder  wurde absichtlich herbeigeführt, um Mitleid zu erregen und sich vom Dienst fernhalten zu können. Welch‘ gravierende Schäden psychische Traumata in einem Menschen hinterlassen können, war zu der Zeit nie spruchreif und wenn, dann galt es als unpopuläre Meinung. Auch das bringt uns Mason gekonnt nahe.

Einziger Kritikpunkt an der Geschichte liegt für mich bei der Liebesgeschichte, die zwar nie übermäßig kitschig war (im Sinne von überzogener Romantik), sich für mich oftmals aber wie eine ZDF Seifenoper las. Mit affektierten Gesten und schwülstigen Dialogen.

Fazit

Alles in allem ist der Wintersoldat aber ein gelungener Roman, der gekonnt moralische Fragen aufwirft,  den Leser in ein unangenehmes Setting wirft und ein gelungenes Bild der damaligen Zeit zeichnet.