Übersetzt aus dem Englischen von Anke und Eberhard Kreutzer

Rezension von Mona

Inhalt

„Vor sechs Monaten war ohne Vorwarnung eine unfassbare Geschichte in den Swan hineingeplatzt; heute wurde sie zurechtgestutzt, glattgebügelt und faltenfrei weggepackt.“ (S. 357)

In ihrem dritten Roman (Stand 2020) erzählt Diane Setterfield eine geheimnisvolle, spannungsgeladene und tragisch schöne Geschichte rund um eine Ortschaft, in welcher sich das scheinbar Unfassbare zugetragen hat. Ein Mann wird eines Nachts angeschwemmt. In seinen Armen ein Bündel, das man für eine Puppe hält. Nach einiger Zeit stellt sich heraus, dass diese Puppe ein menschliches Kind ist. Ein Mädchen, das tot war und wieder zurück ins Leben gefunden hat. Niemand weiß, wer dieses Mädchen ist, doch zwei Familien erheben Ansprüche auf sie. Und damit entspinnt sich eine Geschichte rund um Trauer, Verlust und Zusammenhalt. Und einen Fährmann, der sich die Toten holt.

Bevor ich das Buch zur Hand nahm, wusste ich nicht recht, was mich erwartet. Würde es kitschig werden, voller Klischees und einer vorhersehbaren Handlung oder haben wir es hier mit einer Erzählerin zu tun, die ihr Handwerk versteht? Zu dem Zeitpunkt hatte ich bereits 2 Bücher aus dem 2020er Programm des Blessing Verlag gelesen, die mich beide komplett ergriffen hatten. Deswegen wagte ich mich an die Geschichte, wohlwissend, dass es nach hinten losgehen könnte und ich mich eventuell durch einen dicken Wälzer kämpfen müsste.

Doch bereits die erste Seite verschaffte mir Erleichterung. Der Stil war wunderschön, malerisch und die Übersetzung hervorragend. So begab ich mich gerne auf die Reise rund um das Mysterium, das sich um die Ortschaft am Fluss zog. Und meine Befürchtung bezüglich der Dicke des Buches hatte sich auch direkt verflüchtigt. Nicht eine Seite zu viel, nicht ein Satz unnötig. Wehmütig klappte ich das Buch am Ende zu und wusste, dass dies nicht mein einziges Buch der Autorin bleiben würde.

„Und jetzt, liebe Leserin, lieber Leser, ist die Geschichte zu Ende. Es ist Zeit, noch einmal über die Brücke zu gehen und in die Welt zurückzukehren, aus der du gekommen bist. Dieser Fluss – der die Themse ist und auch wieder nicht – muss jetzt ohne dich weiterfließen. Du hast dich hier lange genug getummelt und, davon abgesehen, doch bestimmt auch eigene Flüsse, die deine Aufmerksamkeit verdienen?“ (S. 568)

Fazit

Für mich war das Buch der perfekte Schmöker zur kalten Jahreszeit, ohne dabei in irgendeiner Art und Weise platt zu sein. Ich habe der Erzählung der Autorin wahnsinnig gerne gelauscht und war froh zu erfahren, dass sie bereits zwei Bücher veröffentlicht hatte (alle im größeren Abstand zueinander, Qualität braucht ihre Zeit). Zur Handlung bedarf es nicht vieler Worte, jedes wäre vermutlich zu viel vorweggenommen. Aber falls sich jemand fragt, inwiefern die Geschichte fantastisch ist oder solche Elemente enthält: kaum. Es gibt eine fantastische Komponente, die aber nicht wesentlich ist und man auch nicht als solche akzeptieren muss, wenn man das nicht möchte. Ansonsten konzentriert die Geschichte sich auf die Figuren und ihre Entwicklungen und hüllt diese in einen wunderbar warmen Stil.