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Fjodor Dostojewski, der für seine außergewöhnlichen Werke weltbekannt wurde und heute zu einem der wichtigsten Autoren der klassischen Literatur zählt, schaffte mit dem Werk „Der Idiot“ ein Buch, das bis heute nicht an Relevanz verloren hat. Der russische Schriftsteller begann mit dem Schreiben des Meisterwerks 1867 in Genf und beendete es nach einem Jahr in Mailand. Die Orte, an denen er schrieb, hatten immer einen großen Einfluss auf seine Werke. Nachdem das Buch veröffentlicht wurde, hatte es nicht nur unzählige Leser, sondern wurde in Form von Theaterstücken, Opern und Filmen immer wieder neu aufgeführt und interpretiert.

Dostojewski schrieb zu Lebzeiten einige große Werke, die bis heute ein wichtiger Teil der Literaturgeschichte geblieben sind. Dazu zählen auch die Klassiker „Schuld und Sühne“ und „Die Dämonen“. Bei all seinen Werken thematisiert Dostojewski gesellschaftliche Problematiken und lässt seine eigenen Erlebnisse in die Charaktere einfließen. So verarbeitete er beispielsweise persönliche Probleme in seinem Werk „Der Spieler“. Darin beschreibt er eine Stadt namens Roulettenburg, die starke Ähnlichkeit mit Wiesbaden hat, einem Ort, an dem er seine Zeit besonders gerne mit der europäischen Version von Roulette verbrachte. Auch in „Der Idiot“ können viele Aspekte aus dem echten Leben Dostojewskis gefunden werden. So begann er in Genf zu schreiben und lies auch seinen Protagonisten in der Schweiz starten. Der sogenannte Idiot leidet außerdem an Epilepsie, eine Krankheit, mit der der Autor selbst zu kämpfen hatte.

Der Protagonist des Romans ist Myschkin, ein junger Mann, der auf Grund seiner Epilepsie und einer Entwicklungsstörung intellektuell nie das Erwachsenenalter erreicht hat. Er vertraut jedem und ist besonders gutmütig. Die letzten Jahre hat Myschkin in einer Heilanstalt in der Schweiz verbracht, doch jetzt führt ihn sein Weg zurück nach St. Petersburg. Auf seiner Zugfahrt nach Russland trifft er einen Mann, der ihm von seiner unsterblichen Liebe zu einer Frau erzählt, die ein schwieriges Leben hinter sich hat. Die Frau, Nastasja, ist wunderschön, jedoch auch sehr launisch und dramatisch. Auch Myschkin verliebt sich in sie, erfährt jedoch bald, dass Nastasja einem Bekannten von ihm versprochen ist. Als die Verlobung der beiden bekannt wird, ändert Nastasja ihre Meinung und nimmt den Antrag des Mannes an, den Myschkin im Zug kennengelernt hat. Doch auch hier spielt die schöne Frau ein Spiel und entscheidet sich später für Myschkin. Probleme sind vorprogrammiert.

Die Gesundheit des jungen Mannes wird schlechter und im Laufe des Buches findet er sich zwischen zwei Frauen, deren Absichten nicht klar sind. Myschkin steht symbolisch für das Gute, das Einfache. Seine Gefühle sind rein und er hat nichts außer gute Absichten. Dabei ist er jedoch den Intrigen und Spielen der russischen Gesellschaft ausgesetzt und kann sich selbst nicht dagegen schützen. Mit seiner Sicht auf die Welt ist er ein leichtes Opfer für jeden um ihn. Der Kontrast zwischen den anderen Charaktere und Myschkin scheint daher auch einen gesellschaftskritischen Aspekt anzusprechen, mit dem der Autor selbst bereits zu kämpfen hatte. Der Titel des Werks zeigt außerdem, wie die Gesellschaft auf den armen Mann herabblickt. Statt seine Reinheit und Naivität zu schätzen, wird er bereits im Titel als Idiot bezeichnet.

Myschkin ist in jeder Form ein Kontrast zu den anderen Menschen um ihn herum und bietet damit die perfekte Symbolik für verschiedene Konflikte. Als sich Nastasja zwischen Myschkin und dem Mann aus dem Zug entscheiden muss, steht sie vor einer großen Frage. Der andere Mann verspricht Leidenschaft, Spannung und Ekstase, während Myschkin sie auf platonische Art und Weise liebt, jedoch echte Zuneigung und Fürsorge verspricht. Gleichzeitig steht Myschkin für Tradition und die alten Werte, er steht für Beständigkeit und Ehrlichkeit. Warum jedoch wird seine Gutmütigkeit ständig ausgenutzt? Im Buch wird der Leser dadurch ständig selbst vor die Fragen gestellt: Was ist die richtige Entscheidung? Was ist das richtige Verhalten?

Dostojewski hat mit „Der Idiot“ ein Meisterwerk geschaffen, in dem gesellschaftliche Normen und die menschliche Natur in Frage gestellt werden. Neben „Schuld und Sühne“ und „Die Dämonen“ zählt es zu seinen wichtigsten Büchern. Die Thematiken sind heute noch genauso relevant wie damals, wenn auch in anderer Form. So können Leser bis heute mit den Charakteren mitfühlen, wichtige Fragen zu Moral und Lebensweisen aufwerfen und über sich selbst lernen. Damit wird „Der Idiot“ wohl noch lange Zeit ein absoluter Lesetipp bleiben!