Rezension von Ramon

Inhalt

Madrid im Jahr 1969, zur Zeit der Franco-Diktatur. Berta Isla und Tomás Nevinson, der halb Spanier und halb Engländer ist, verlieben sich ineinander. Als sie beide ihr Studium beginnen, kommt es zu einer Zeit der Trennung. Berta bleibt in Spanien und Tomás studiert in England. In dieser Zeit ist der andere „in Klammern gesetzt“, beide haben Affären, so dass weder das Leben mit dem anderen noch das ohne ihn eine „volle Wirklichkeit“ erlangt. Dies erscheint wie eine Ankündigung ihres späteren Ehelebens: „Gemeinsam, aber mit spärlicher Präsenz, ohne festes Gleis, oder gemeinsam, doch mit dem Rücken zueinander“. Denn in England macht Tomás ein schreckliches Erlebnis. Er gerät in Verdacht, ein Verbrechen begangen zu haben, an dem er unschuldig ist. Mit einer Mischung aus Drohen und Locken wirbt ihn daraufhin der Geheimdienst an. Während Berta nach der Hochzeit Mutter wird, ist Tomás immer wieder wochenlang weg, ruft sie nur gelegentlich an. Tomás lässt sie in dem Glauben, er würde nur in der britischen Botschaft arbeiten.

Als Berta eines Tages mit ihrem Sohn im Park sitzt, taucht ein fremdes Ehepaar auf und verwickelt sie in ein Gespräch. Sie seien Freunde ihres Mannes, behaupten die Fremden, man habe sich bei einem Cocktailempfang in der Botschaft kennengelernt. In den folgenden Wochen schleichen sich die beiden in ihr Vertrauen, fragen sie über ihren Mann aus. Dann besuchen sie sie zuhause, wo der Sohn in einem Korbbettchen friedlich schläft. Sie eröffnen Berta, ihr Mann würde für den MI6 arbeiten und eine Invasion von Irland planen. Sie selbst sind irische Agenten, die sich in ihr Vertrauen geschlichen haben. In einer dramatischen Szene täuscht der Mann an, das Bett ihres Sohnes mit einem Zippo-Feuerzeug anzuzünden. Nach dieser unverhohlenen Drohung fordert er, sie müsse ihren Mann von seiner Mission abbringen.

Für Berta bricht eine Welt zusammen. Sie versucht ihren Mann telefonisch zu erreichen, doch es gelingt ihr nicht. Erst Wochen später kann sie ihn zur Rede stellen und bekommt von ihm bestätigt, was die Fremden ihr erzählt haben. Ja, er ist ein Spion, aber er könne ihr nichts näheres sagen. Die Fremden würden sie nie wieder belästigen. Berta hält zu ihrem Mann, nimmt dieses Leben weiter in Kauf, doch sie beginnt, immer mehr über Geheimdienste zu recherchieren, will sich ein Bild von der Arbeit ihres Mannes machen und sich ein Urteil darüber bilden …

Leseeindruck

Die Anlage des Romans ist originell. Es handelt sich um ein Geheimagenten-Roman, der aber nicht als Thriller, sondern als Beziehungsgeschichte und weitgehend aus der Perspektive der Ehefrau erzählt wird. Man erfährt einiges über die Franco-Zeit und über die Arbeit von Geheimdiensten. 

Die zweite Hälfte des Romans liest sich manchmal etwas mühsam, was an der passiven Hauptfigur liegt. Berta Isla erträgt und erduldet einfach alles. Man möchte sie manchmal schütteln und ihr zurufen: „Tu endlich was!“ Doch alles, was ihr Mann ihr zumutet, nimmt sie einfach hin, immer versucht sie nur Verständnis aufzubringen. Auf eine Entwicklung oder Wendung wartet man hier vergebens. Das ist zwar sehr realistisch beschrieben, aber für den Leser sind passive Figuren nun mal kein ausgesprochenes Vergnügen.

Darüber tröstet die Sprache hinweg. Marías schreibt immer wieder ausgesprochen kunstvolle, oft sehr philosophische Sätze. Ihm gelingt es, konkrete Beobachtungen in die Abstraktion zu überführen und auf diese Weise Allgemeingültiges auf den Punkt zu bringen. Immer wieder können einzelne Sätze wie Aphorismen für sich stehen, Sätze über die Beziehungen zwischen Männern und Frauen oder über Macht und Ohnmacht in repressiven Systemen.

So fand ich den Roman trotzdem sehr lesenswert.