Rezension von Mira

„Denn die Fähigkeit des Menschen, sich anzupassen, führt zum größten Leid überhaupt. Wären wir auch eine Tierart, wären wir einfach ausgestorben, und die Angelegenheit hätte sich erledigt. Jetzt fackeln wir unsere Regenwälder ab, um Sojabohnen anzubauen, zwingen Kindersklaven hinab in Kobaltgruben, nur um billigere Batterien für unsere Elektroautos zu produzieren, quetschen uns auf unseren Müllbergen zu Gesellschaften zusammen, auf der absurden Jagd nach immer mehr Leben.“                                                                                             „Der Anfang von Morgen“, Jens Liljestrand, Seite 354

Verheerende Waldbrände, unnatürliche Hitze, Naturkatastrophen. Die Welt, die Jens Liljestrand in seinem neuen Roman „Der Anfang von Morgen“ beschreibt, zeichnet ein düsteres Bild der Zukunft. In Schweden, wo der Roman spielt, wüten Brände, die gesamte Dörfer auslöschen. Aufstände, Demonstrationen und Menschen in Notunterkünften bestimmen den Alltag in Europa und auf der ganzen Welt. Liljestrand erzählt von vier Menschen, die auf unterschiedliche Weise mit der Katastrophe umgehen und versuchen, sich der neuen Realität anzupassen. Er beschreibt lebhaft und kraftvoll wie Didrik, Melissa, André und Vilja, durch das Schicksal und die Krise verbunden, für ihre Zukunft kämpfen.

Perspektivwechsel sorgen für Spannung

Die ProtagonistInnen werden durch verschiedenen Perspektiven von mehreren Seiten beleuchtet und dargestellt, was die Charaktere sehr vielschichtig und interessant macht. Dabei verkörpern und präsentieren sie gleichzeitig verschiedene Standpunkte und Meinungen, wie die Klimakrise die Zukunft der Menschen beeinflusst und welche Rolle wir im Umgang mit der Natur spielen.

Die wechselnde Erzählperspektive macht den Roman zudem sehr spannend, da die Geschichten parallel zur selben Zeit an unterschiedlichen Orten spielen.

Erschreckend aktuell

Die Geschichte ist gleichzeitig beängstigend und mitreißend; spannend, emotionsgeladen und fesselnd. Die fast schon apokalyptische neue Realität, die Liljestrand schildert, liest sich zu real, als dass es sich um eine ausschließlich fiktionale Dystopie handeln könnte. Der Roman, 2021 erstmals veröffentlicht, scheint im Hinblick auf die vielen Waldbrände auch in Deutschland im Sommer 2022 erschreckend aktuell zu sein; er zeichnet ein Bild der Zukunft, das schockiert.

Es bleibt (vorerst) ein Roman

Nichtsdestotrotz darf man nicht vergessen, dass es sich hier um einen Roman handelt. Die Zustände, von denen Liljestrand schreibt, sind zwar eine echte Gefahr und in Teilen der Welt bereits Realität, allerdings sollte man eine gewisse Distanz zu der Geschichte entwickeln, da das Buch auch Angst machen kann.

Fazit

„Der Anfang von Morgen“ ist aufrüttelnd, spannend, emotionsgeladen, direkt und ehrlich. Es regt zum Nach- und Umdenken an, und ist absolut lesenswert. Besonders diejenigen, die aktuelle, brisante Themen in Romanen mögen, sollten das Buch lesen, denn es bietet einen echten Mehrwert und ist sehr flüssig und spannend geschrieben. Allerdings ist der Roman mit 540 Seiten nicht kurz, sodass man sich etwas Zeit nehmen muss.

Meiner Meinung nach lohnt es sich aber sehr, diesen Roman zu lesen, da die Geschichte nicht nur interessant erzählt wird, sondern zum Umdenken anregt und aufrüttelt.