Rezension von Katharina
Inhalt
Joanna Quinn beginnt ihre Geschichte im Jahr 1919. Die ungewöhnliche Protagonistin der Geschichte, Cristabel Seagrave, ist erst drei Jahre alt und wartet auf die neue Frau ihres Vaters. Eigentlich ist sie ihm egal, aber sie hofft, dass mit der neuen Frau noch jemand anderes in ihr Leben tritt: ein Bruder, ein Held für ihre Geschichten. Denn Mädchen können keine Helden in Abenteuergeschichten sein. In allen Geschichten sind es die Brüder und Freunde, die den Lauf der Geschichte verändern, nicht die Mädchen. Und deshalb wartet Cristabel auf dem Dachboden. Sie wartet auf den Helden ihrer Geschichten.
Ein toter Wal am Strand läutet den nächsten Akt in der Geschichte von Cristabel ein. Gemeinsam mit ihrer Schwester Flossie und ihrem Bruder Digby beschließt sie, diesen Wink des Schicksals zu nutzen. Der Wal bietet Cristabel endlich den würdigen Rahmen, um die Figuren in ihrem Kopf zum Leben erwecken zu können. Gemeinsam mit Freunden und Familie eröffnen sie das erste Waltheater der Welt und für eine kurze Zeit ist die Welt genauso wie sie sein sollte.
In Europa bricht der Krieg aus und schnell wird klar, wie zerbrechlich die Normalität ist, und wie leicht alles auf Nichts reduziert werden kann
Es ist, als hätte der Krieg die ganze Welt wie Würfel in einem Becher durcheinandergeschüttelt, und jetzt purzeln wir alle in die verschiedenen Richtungen. Jedes der drei Kinder geht seinen eigenen Weg, kämpft im Krieg auf seine Weise, hat seine eigenen Schrecken und dunkle Kapitel, seine schlaflosen Nächte, aber auch seine kostbaren Momente des Glücks.
Am Ende des Weges liegt die Welt in Trümmern, aber zwischen den Steinen regt sich bereits neues Leben. Ein Ende und ein Anfang.
Fazit
Mit ihrer lyrischen Erzählweise erweckt Joanna Quinn ihre Figuren zum Leben. Ein idyllisches Familienleben, das in ihren Grundfesten erschüttert wird, dank den Wirren des Krieges. Fröhliche Ausgelassenheit wird zu Verbitterung, Angst und Zorn. Das Leben einer Familie, das durch den Krieg aus den Fugen geraten ist. Die unterschiedlichen Charaktere bieten verschiedene Blickwinkel. Briefe und Gedankenspiele unterbrechen den Erzählstrang und bieten Einblick, in die Gefühl und Gedankenwelt. Zweifel an der Welt und an der eigenen Moral durchziehen die Seiten und lassen die Angst des Krieges spürbar werden.
Wie kann es zur Normalität werden, dass der Tod einem über den Kopf fliegt? […] Wie kann es zur Normalität werden, einfach weiterzumachen, als ob es normal wäre?
Doch trotz der düsteren Thematik sind es immer wieder die klaren Worte von Cristabel, die sanfte Herzlichkeit von Flossie und die Leichtigkeit von Digby, die dieses Buch zu einem wertvollen und bezaubernden Begleiter machen.
Man sollte sich nicht über sein Schicksal beklagen. Man sollte vielmehr dankbar sein, dass man überhaupt mitmachen darf.