Rezension von Mona

Lang haben wir Fans auf ein neues Werk des „Extrem laut und unglaublich nah“ Ausnahme-Autors gewartet und im November 2016 war es dann soweit – Herr Foer gab sich die Ehre, uns mit einem fulminanten Werk zu überraschen, dass von Komik, Tragik, Klugheit und Charme nur so strotzte.

„Hier bin ich“ ist seit längerem für mich wieder ein Werk, das zwar relativ umfangreich ist, sich aber nicht in Banalitäten verliert und somit die Handlung unnötig streckt. Für mich war es eines von 4 Highlights in 2016.

Worum geht es?

Familie Bloch, eine jüdisch-amerikanische Familie, die viel Wert auf Normalität legt, hat mehrere Krisen zu bewältigen. Drei heranwachsende Söhne, die sich gerade in der Sinnfindung befinden, die Schwere der Ehe meistern und immer öfter daran scheitern, und die israelischen Verwandten verstehen. Zudem ist ein verheerendes Erdbeben in Israel bereits dabei, alle Juden der Welt auf einen Prüfstand zu stellen.

Ganz so heiter, wie das vielleicht klingen mag, ist die Geschichte nicht. Sie sprüht zwar vor Sarkasmus und Wortwitz, was den überaus fein gezeichneten Charakteren geschuldet ist, aber die Grundprämisse ist doch eher düster und dementsprechend entwickelt sich die Geschichte auch. Wir steigen in die Geschichte ein, als der älteste Sohn beschuldigt wird, zahlreiche unverzeihliche Schimpfwörter geschrieben zu haben, was seine Tauglichkeit für die bevorstehende Bar Mizwa in Frage stellt.

Um diese Bar Mizwa dreht sich die ganze Geschichte, sie ist der Fokus, von dem anfänglich alle Charaktere angezogen oder abgestoßen werden. Zwischen Tradition, Hassliebe, Identitätskrise, Pflicht, Zugehörigkeit, Einsamkeit und Zwängen finden wir hier sämtliche Ausprägungen. Ein sehr großer Streitpunkt zwischen zwei Charakteren bildet hier auch die Frage, ob sich Juden auf ihrer Opferrolle ausruhen oder sie zurecht als das gebrandmarkte Volk angesehen wurden und immer noch werden (wichtig zu wissen ist, dass der Autor selbst Jude ist und das ein zentrales Thema in seinen Werken ist).

Die Charaktere selber wirken wie aus dem Leben entsprungen, so besonders, nah und echt hat der Autor sie gezeichnet. Anhand der zahlreichen wirklich fesselnden und spritzigen Dialoge kann man alle Charaktere voneinander unterscheiden, da der Autor jedem eine Seele eingehaucht hat. Jeder Charakter ist auf seine ganz eigene Art und Weise klug und besonders und bietet sehr viel Reibungspunkte. Also in dieser Geschichte empfand ich es nicht so, als dass mir eine Familie präsentiert wurde, die ich in mein Herz geschlossen und lieben gelernt habe, sondern dass eine Familie gezeigt wurde, die sich teilweise total daneben benimmt und nicht nachvollziehbare Dinge tut, aber genau so ist das Leben. In seiner Rolle (vermeintlich) zu versagen oder ratlos dem Leben entgegenblicken sind sehr menschliche und vom Autor zwar realistisch, aber irgendwie auch hoffnungsvoll, geschilderte Dinge.

Was die Geschichte ebenfalls sehr großartig macht (neben der Tatsache, dass sie wirklich bildend ist), ist die Entwicklung der Handlung. Ich habe dem Finale entgegengefiebert, wurde zahlreiche Male verblüfft, geschockt und auf die Folter gespannt. Dass der Autor ein Händchen für meisterhafte Geschichte hat, hat er schon vorher bewiesen. Dass er diese Spannung aber auch über eine hohe Seitenzahl halten kann, ist eine grandiose Leistung!

Fazit

11 Jahre nach Erscheinen seines letzten Buch hat Jonathan Safran Foer uns wieder mit einer neuen meisterhaften Geschichte beehrt, die so viel Klugheit und Charme versprüht, dass man sie wieder und wieder erleben will. Ein echtes Highlight!