Rezension von Julia

„Veronika beschließt zu sterben“ ist ein 1998 entstandener Roman des Bestseller Autors Paulo Coelho, der sich mit der Thematik psychiatrischer Anstalten beschäftigt. Coelho lässt in seinem Werk auch sich selbst als Figur auftauchen und gibt dem Leser Einblicke in seine eigene Zeit in einer psychiatrischen Anstalt. Er schreibt, dass er von Veronikas Geschichte erfuhr und indem er ihre Geschichte aufschrieb, konnte er seine eigenen Erfahrungen verarbeiten, ohne dabei seine Eltern bloßzustellen, die zusammen mit dem Arzt, den sie damals aufsuchten, der Auffassung waren, sein Wunsch Künstler zu werden, entsprang einem gestörten Geist.

Inhalt

Veronika ist ein junges Mädchen und lebt in Ljubljana, der Hauptstadt Sloweniens. Sie arbeitet in einer Bibliothek und trifft sich nach der Arbeit oft mit Männern in Bars. Doch sie beschließt zu sterben und bereits zu Beginn des Romans wird der Leser Zeuge ihres Selbstmordversuches. Sie nimmt eine Reihe von Schlaftabletten und wartet auf den Tod. Einen besonderen Auslöser für diese Tat gab es nicht, für sie ist ihr Leben sehr trostlos und sie kann sich nicht vorstellen, dass sich dies mit den Jahren ändern wird. Jeden Tag der gleiche Trott zu der Bibliothek, abends Männerbekanntschaften in einer Bar. Eines Tages vielleicht eine Hochzeit und Kinder und dennoch die gleichbleibende Eintönigkeit. Warum also nicht gleich Schluss machen, denkt sie sich.

Doch ihr Versuch scheitert und sie wacht in einer psychiatrischen Klinik auf. In „Villete“ wird ihr von dem Anstaltsleiter Dr. Igor mitgeteilt, dass ihr Selbstmordversuch ihr Herz derart geschwächt habe, dass sie in den kommenden Tagen an Herzversagen sterben werde. Dies zu erfahren und gewissermaßen auf den Tod warten zu müssen, den sie sich so gewünscht hat, ist für Veronika schlimmer als nach der Einnahme der Tabletten auf den Tod zu warten. Sie weiß, dass es bald passieren wird, aber sie weiß nicht, wann genau und wie es sein wird.

Im Klinikalltag lernt sie einige Menschen kennen und mit jedem Tag, den sie weiterlebt, findet sie ein Stück Lebenswillen wieder und ertappt sich zwischenzeitlich dabei, ihren Selbstmordversuch zu bereuen. Gespräche mit den Patientinnen Zedka und Mari lassen sie über sich selbst nachdenken und langsam erinnert sie sich wieder an ihren Traum, Pianistin zu werden und auch an das Gefühl der Angst, das Gefühl zu hassen und schließlich auch zu lieben. Kurzum, sie erinnert sich wieder an das Leben.

Rezension

Wie auch in „Der Alchemist“ wird hier der Sinn des Lebens behandelt. Der Blickwinkel ist jedoch ein ganz anderer, nämlich der einer sterbenden jungen Frau. Stück für Stück begleitet der Leser Veronika wieder in ihr Leben zurück und wird zusammen mit ihr der einfachen Dinge im Leben gewahr, die unser Leben aber ausmachen und die wir im Alltag allzu oft übersehen oder vergessen.

Jeder der Patienten hat eine eigene Geschichte zu erzählen und eigene Gründe, in der Anstalt zu leben und sogar dort bleiben zu wollen. Mit jedem der Patienten kann sich der Leser auf irgendeiner Ebene identifizieren und verstehen, warum sie aus ihrem alten Leben ausbrachen. Der Patient Eduard wurde beispielsweise (wie Coelho selbst) eingewiesen, weil er Künstler werden wollte und sein Wunsch nicht mit den gesellschaftlichen Erwartungen an ihn zu vereinbaren war. Der Roman macht uns deutlich, dass wir alle auf unsere Weise „verrückt“ sind und es zum glücklichen Leben oftmals gehört, sich den gesellschaftlichen Erwartungen zu widersetzen und diese Verrücktheit ein Stück weit herauszulassen, Risiken einzugehen, jeden Tag als den letzten anzusehen und anzufangen zu leben.