Rezension von Mona

[…] Malcom war klar, dass stets ein dunkler Schleier über der Vergangenheit lag und der Mensch sich seine eigene Geschichte aus verschiedenen Erinnerungsstücken bastelte. Die Vergangenheit war nun mal eine Geschichte, die man sich selbst erzählte.“ (S. 154)

Inhalt

„Das Vermächtnis unsrer Väter“ ist für mich persönlich ein sehr wichtiges Buch, eines, das dir sagt, dass alles gut wird und du nicht dazu verdammt bist, das Erbe deiner Eltern weitertragen zu müssen. Es ist okay sich zu entwurzeln und zu entfalten.

Diese Einsicht muss unser Protagonist Tommy aber erst gewinnen und zwar auf sehr schmerzhafte Weise. Er musste als Kind miterleben, wie sein Vater seine Familie und sich selbst ermordete. Tommy, der sich in einem Schrank versteckte, jedoch bewusst oder unbewusst verschonte. Als der erwachsene Tommy, dessen Leben nie geradlinig verlief, auf seine schottische Heimatinsel zurückkehrt, muss er sich seinen Geistern zwangsläufig stellen. Zugleich begegnen wir Malcom, Tommys Onkel, der sich dem Leben seit dem Tod seiner Frau eher unbeholfen stellt und kaum Erwartungen zu haben scheint. Doch die Begegnung der beiden verändert allmählich alles…

Wenn das Buch ein Mantra enthält, dann wahrscheinlich: Communication is key. Hätte zwischen den beiden distanzierten und in sich gekehrten Charakteren eine in irgendeiner Form gelungene Kommunikation stattgefunden, dann hätte das Buch vielleicht 100 Seiten. Ich weiß, dass es oft als negativ aufgefasst wird, wenn ein Drama aufgrund von fehlender oder fehlerhafter Kommunikation künstlich in die Länge gestreckt wird, und auch mir gefällt dieser Kniff in der Regel nicht. Doch hier empfand ich es weder als gestreckt und schon gar nicht als künstlich, denn beide Figuren sind dem Leben in der Form, wie es von ihnen erwartet wird, einfach nicht mehr gewachsen und das ist absolut plausibel und authentisch. Der wortkarge und emotional distanzierte Malcom hat sein Leben völlig in die Hände seiner Frau gelegt und beide waren damit zufrieden. Alleine klarkommen zu müssen, hat alles verändert und  auch er ist traumatisiert worden durch die Tatsache, dass sein eigener Bruder zu einem Mörder wurde und muss sich mit Schuldfragen auseinandersetzen. Tommy hingegen, der ja noch viel mehr in diesen Vorfall involviert war, musste alleine versuchen, mit sich und dem Leben klarzukommen und sich dies vor allem auch erlauben.  Als die beiden aufeinander treffen sind sie ohnmächtig in ihren persönlichen Gedanken- und Verhaltensmustern gefangen und nicht in der Lage, sich daraus zu befreien.

Rezension

Ich empfand die Geschichte als melancholisch und traurig, nie aber als zu düster. Denn das Setting, die schottische Insel mit ihren alt eingesessenen Bewohnern und ihrem eigenen Kosmos lockerte die Stimmung zumindest in der Form auf, dass es nicht zu schwermütig wurde. Und die große Frage, die sich unweigerlich stellt; ist Tommy seinem Vater ähnlich und eine Gefahr für sich und/oder seine Umwelt, bringt eine ordentliche Portion Spannung mit hinein. Denn wir haben keinen wirklich verlässlichen Erzähler, der uns über Tommys Absichten aufklärt. Wir haben nur die Empfindungen eines ältlichen Mannes, der verloren ist und nicht weiß, wie er seinen Neffen einschätzen kann und ob dieses aufgeladene Konfliktpotential für ihn erträglich ist.

Und Malcom ist ein wunderbarer Charakter, unbeholfen, ja. Von außen betrachtet vielleicht ein bisschen verschroben. Aber wahnsinnig gutherzig und liebenswürdig. Man lernt ihn, anders als Tommy, sofort einzuschätzen und schließt ihn ins Herz.

Fazit

Ich habe das Buch wahnsinnig gern gelesen, mochte das Setting, mochte wie die Autorin ihre Charaktere aufeinanderprallen ließ, ohne die Geschichte unerträglich schwer werden zu lassen und habe das Buch mit einem warmem Gefühl zuschließen können. Und man muss wahrlich kein Leser von konfliktreichen Beziehungsdramen sein, um dieses Buch mögen zu können!