Rezension von Katharina

Inhalt

Alles, was ich dir geben konnte, ist in diesem Buch enthalten, in seinen Worten. In meinen Worten. In den Worten eines Menschen, der verstanden hat, dass das Glück entweder allen gemeinsam ist oder nicht ist, dass Wohlstand entweder allen gehört oder nicht ist, dass die Freiheit entweder die Freiheit aller ist oder nicht ist.

Mit diesen Worten endet ein unglaubliches Buch. Eines, das keine heile Welt vorgaukelt, in dem sich alles in einem „Ende gut, alles gut“ auflöst. Eines, das uns nicht entführt in eine andere Welt, in der wir die eigenen Probleme und Sorgen vergessen können. Eines, das genau dort hinsieht, wo sich die Blicke normalerweise abwenden.

Roberto Saviano erzählt. Von alltäglichen Begebenheiten, von Politik und von Krieg. Er erzählt die Geschichten von einfachen Menschen. Menschen wie ich und du. Menschen, die uns einen großen Schritt voraus sind. Denn sie sind aufgestanden, wenn die Welt sie in die Knie zwingen wollte, haben ihr Leben riskiert und verloren, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen, haben nicht weggesehen, sondern ihre Stimme erhoben.

In einfacher, direkter Sprache holt Roberto Saviano seine Leserinnen und Leser ab. Im Plauderton erzählt er seine Geschichten, ohne Abschweifen, ohne Verzierungen. Nüchtern und schlicht, als berichte er von seinem letzten Ausflug mit dem Boot. Tut er nicht. Er beschreibt das Schicksal von dreißig Menschen, die den Mut hatten, aufzustehen und aufzuschreien. Namhafte Persönlichkeiten wechseln unbekannte Schicksale ab. Reiche Menschen, arme Bürger aus allen Teilen der Welt, aller Nationalitäten und Hautfarben. Saviano macht keinen Unterschied. Er erzählt die Geschichten von dreißig Menschen, und verändert damit unseren Blick auf diese Welt.

Der Titel hat mich neugierig gemacht, der Lebenslauf des Autors fasziniert. Das Buch aber hat mich festgehalten und nicht mehr losgelassen. Roberto Saviano richtet sich mit seiner Sprache häufig an die jüngeren Generationen. Klärt sie über politische Geschehnisse und Begebenheiten auf, die vor unserer Geburt passierten. Aber es ist kein Buch, dass nur einer Generation vorbehalten ist. Dieses Buch betrifft uns alle. Denn solche Geschichten passieren überall, zu jeder Zeit. Sie liegen nicht in unserer Vergangenheit oder in unserer Zukunft. Sie betreffen nicht bloß alle anderen, sie betreffen uns. Sie entspringen nicht Savianos Fantasie, sie sind wirklich passiert. Reale Schicksale von realen Menschen. Auch in diesem Moment werden Menschen bloßgestellt, ihre Rechte auf Freiheit, Leben und Privatsphäre verletzt und ignoriert.

Geschichten wie die […] schaffen es nur selten bis zu uns, doch wenn sie dir begegnen, sammle sie, lerne zu verstehen, woher sie kommen, und schrei sie heraus.

Es ist schwer, eine Rezension dieses Buches zu schreiben. Denn es ist kein Buch, es ist ein Apell. Ein Apell an die Menschheit, endlich aufzuhören wegzusehen, ein Apell für eine gerechtere Welt, die wahr sein könnte, und doch unmöglich scheint. Vor allem wendet sich dieses Buch an alle Leserinnen und Leser, die der Autor auch direkt anspricht.

Leser, das ist deine Macht, die größte Macht, die dir je gewährt wurde! Die Macht, zu lesen, in diesen Seiten und diese Leben einzutauchen. Die Macht, diese Leben zu verteidigen. Zu einer Gemeinschaft zu gehören, die kämpft, die schreit, die sich nicht zum Schweigen bringen lässt.

Fazit

„Aufschrei“ von Roberto Saviano ist ein Buch für alle Menschen, eine Inspiration, um die Welt zu einem mutigeren Ort zu machen.

Kursive Stellen sind direkt aus dem Buch entnommen. Saviano, Roberto: Aufschrei. Carl Hanser Verlag GmbH & Co. Kg, München. 1. Auflage 2022