Rezension von Mona
Inhalt
Alicia Keys ist eine Künstlerin, die mich das ganze letzte Jahr über begleitet hat. Bis dato hatte ich sie immer als überdurchschnittlich talentierte Pop-Künstlerin wahrgenommen, aber eben nicht mehr. Musik, die man sich gerne im Radio anhört, wenn sie gespielt wird, die man sich aber nicht unbedingt selber in die Playlist ziehen würde. Dann beschloss ich aus irgendeinem Impuls heraus 2019, mir ein Album von ihr anzuhören, was zuvor auch nie der Fall war. Und wie durch eine glückliche Fügung habe ich ihr zu dem Zeitpunkt aktuelles Album Here angeklickt. Was sich mir hier präsentierte, war eine Alicia Keys, die ich so nie zuvor wahrgenommen hatte. Eine starke, unabhängige Künstlerin, voller Wut angesichts der Ungerechtigkeiten dieser Welt, erfüllt von politischem Aktivismus und das alles verpackt in Klänge, die so gar nicht an den lieblichen Pop erinnerten, der mir vertraut war. Schon allein das Plattencover zeigt sie mit ungebändigter Haarpracht und ungeschminkt, womit sie ein passendes Statement setzt. Das ganze Album ist kraftvoll, energetisch, macht wütend und berührt auf eine sehr eindringliche Art und Weise. Nach dem Anhören stellte sich mir unweigerlich die Frage, ob ein Album, das derart unkommerziell konzipiert ist, überhaupt zu der Künstlerin passt, wie ich sie immer wahrgenommen hatte. Weshalb ich umso neugieriger war, als ich vom Erscheinen ihrer Autobiographie erfuhr.
Alicia erzählt hier davon, wie sie mit ihrer alleinerziehenden Mutter in New York aufwuchs und sich dort von Beginn an der Musik verschrieben hat. Ein wegweisender Schlüsselpunkt für sie war der Tag, an dem ihre Mutter ein Piano organisiert hat und Alicia somit allmählich ihre Ausbildung als Pianistin begann, die den Grundpfeiler für ihre spätere Karriere legen sollte. Schon immer hatte sie das Bedürfnis, sich mit ihrer Umwelt musikalisch auseinanderzusetzen und bekam in ihrer Heimat Hell’s Kitchen den nötigen Nährboden und die Inspiration durch sämtliche musikalische Einflüsse.
„Während dieser goldenen Zeit des Hip-Hop lebte Musik nicht nur in uns, sondern einfach überall: eingezwängt in den Sprüngen der Gehwegplatten, durch die finsteren Seitenstraßen und Brownstones hallend, aufsteigend aus neonerleuchteten Bodegas bis hin zu verspiegelten Wolkenkratzern.“ (S. 51)
Einen Hinweis darauf, was für eine passionierte Musikerin Alicia schon immer war, bietet eine Anekdote, die sich zugetragen hat, als sie ihren ersten Plattenvertrag unterschrieb; denn die Tatsache, dass man ihr ein teures und klangvolles Hochglanz Piano bot, trug maßgeblich zu der Entscheidung bei, den Vertrag dort zu unterschreiben. Ein starkes Lockmittel für einen bis dato Neuling in dem Business und eine Entscheidung, die sie schon bald bereuen sollte, die sie dann aber in ihrem ersten Album verarbeitete.
Sie erzählt außerdem davon, wie man sie zu einer Marke umformen wollte, man von ihr verlangte, ihre Identität zu verleugnen. Sie sollte sich die Haare glätten, abnehmen, sich die Zähne bleichen lassen, kurze Röcke und ein weit ausgeschnittenes Dekolleté tragen, um sie zu einem Pop-Idol umzuformen. Anforderungen, welchen die Künstlerin sich als selbst erklärter Tom Boy widersetzen musste, was schon damals, mit nicht einmal 20 Jahren, für ihren willensstarken und idealistischen Charakter sprach.
Und im Großen und Ganzen ist es das, worum ihr Leben immer wieder kreist; sich in all dem Trubel, der mit Ruhm und Erwartungen von außen einhergeht, nicht selbst zu verlieren; eine langjährige Pilgerreise zu sich selbst.
Ich hatte auf den etwa 350 Seiten das Gefühl, ein umfassendes Bild von der Künstlerin zu bekommen, die ein für mich derart prägendes und unvergessliches Album geschaffen hat und war umso erfreuter, dass sie das selbe über das Album denkt und mit diesem zu ihrer wahren Essenz vorgedrungen ist, auch wenn diese Platte vergleichbar wenig kommerziell erfolgreich war und in Zuschauerlisten kaum Erwähnung findet.
Fazit
Was ich dem Buch aber ankreiden muss, da es mich oft sehr gestört hat, war die Übersetzung. Wenn man Alicia in Interviews beispielsweise reden hört, weiß man, dass sie gerne Slang Begriffe nutzt und frei heraus das ausspricht, was sie denkt und fühlt. Das schlägt sich gerne auch hier in der Sprache nieder, aber dass diese Slang Begriffe ständig übernommen wurden oder ein passendes deutsches „flapsiges“ Äquivalent verwendet wurde, fühlte sich vollkommen falsch an. So als versuche jemand auf Krampf, Coolness zu erzeugen, die in dem Kontext aber einen komplett gegenteiligen Effekt bewirkt und überhaupt nicht authentisch wirkt, wie es beabsichtigt war.