Anna Machin: Papa werden. Die Entstehung des modernen Vaters

Rezension von Annemarie

Inhalt

Ich werde Vater. Diese Nachricht ist für fast alle Männer mit großen Veränderungen und einigem an Aufregung verbunden. Doch was genau ist eigentlich die Aufgabe der Väter? Ist es wirklich nur ihre Aufgabe, das Geld reinzubringen und aufzupassen, dass nichts Schlimmes passiert? Nein, so die Autorin des Bandes. Väter haben eine spezifische Aufgabe und einen besonderen Nutzen in der Erziehung ihres Kindes, sie übernehmen einen genauso wichtigen Teil im Leben und der Entwicklung ihres Kindes. Und was genau das für Aufgaben und Dinge sind, die zur gesunden Entwicklung des Kindes zu einem guten, glücklichen Erwachsenen wichtig sind, erklärt sie in ihrem Werk.

Bei der Autorin handelt es sich um Anna Machin, eine evolutionäre Anthropologin an der Universität Oxford mit Schwerpunkt „Die Rolle von Vätern in der Gesellschaft“ und Mutter zweier Kinder.

Das Sachbuch besteht aus fünf Teilen, die jeweils nochmals aus ein bis drei Kapiteln zusammengesetzt sind. Im ersten Teil wird die Entwicklung der menschlichen Vaterschaft einführend erläutert, bevor sich die Autorin im zweiten Teil mit der Rolle der Väter bei Empfängnis und Schwangerschaft ihrer Partnerin(nen) befasst. In Teil drei steht die Geburt im Fokus. Hierbei wird auch die Geburt der Vatergefühle und die Entwicklung vom kinderlosen Mann zum Vater betrachtet. Der folgende Teil hat die ersten Wochen nach der Geburt des Kindes zum Inhalt. Im Fokus steht hierbei vor allem der Aufbau der Bindung von Vater und Kind, die ja – anders als bei Müttern – nicht schon in der Schwangerschaft, sondern größtenteils erst ab der Geburt aufgebaut wird. Hier wird auch erläutert, welche Rolle die beiden Elternteile einnehmen, wie sich die Organisation innerhalb des Familiengefüges entwickelt und verändert und auch, wie sich die Beziehung zwischen beiden Elternteilen entwickelt. Im letzten Teil wird die spätere Entwicklung des Kindes kurz angerissen. So erklärt Machin, was Väter ihren Kindern besonders lehren und was ihre Rolle im Kleinkindalter und in späteren Jahren für das Kind ist. Ganz am Ende gibt die Autorin einen Ausblick, wie sich die Rolle des Vaters zukünftig entwickeln kann und wird.

Im Band verteilt sind diverse kurze Erfahrungsberichte unterschiedlicher Väter, die Einblicke in ihr Leben, ihre Gedanken- und Gefühlswelt geben. Nach jeder Texteinheit von einer halben bis mehreren Seiten sind mögliche Leseunterbrechungen markiert.

Rezension

Die Aufgabe der Väter und der Sinn, den sie für ihre Kinder haben. Ein aus meiner Sicht hochinteressantes Thema, das in der heutigen Gesellschaft, in der Männer ja doch eigentlich gleichberechtigt die Aufgaben neben der Mutter wahrnehmen können sollten, zu wenig beachtet wird. Daher war ich auf den Band ziemlich gespannt.

Gut fand ich, dass sich Machin nicht auf den westlichen Mann in der heutigen Zeit beschränkt, vielmehr betrachtet sie viele Väter und Vaterbilder in unterschiedlichen Kulturen und zu unterschiedlichen Zeiten. Das ist bei ihrem Hintergrund auch kein Wunder. So fasst sie den Begriff „Vater“ auch sehr weit. Nicht nur der biologische, auch der soziale Vater ist aus ihrer Sicht ein Vater. Im Grunde können sogar Frauen, wie sie selbst schreibt, die Vaterrolle einnehmen. Und: Es kommen nicht nur Väter in heterosexuellen Beziehungen zu Wort, auch homosexuellen Vätern wird Platz eingeräumt. Besonders gefallen haben mir die wissenschaftlichen Studien, die sie im Buch verteilt nennt und auf denen aufbauend sie ihre Sicht und die Wichtigkeit und Aufgaben der Väter erläutert. So baut Machin ihre Schlussfolgerungen ganz stark auf den wissenschaftlichen Fakten und Forschungsergebnissen auf und nicht auf ihrer eigenen subjektiven Meinung. Anhand dieser wissenschaftlichen Ergebnisse und gestützt durch die Aussagen diverser Väter trifft sie ihre Schlussfolgerungen. So ist der Band ein breites, umfassendes Kompendium zum Vater. Schön hätte ich es allerdings gefunden, wenn sie direkt bei den Studien auch die Quellen zu den Studien genannt hätte – vielleicht anhand von Fußnoten, die im Anhang erläutert werden. Dann hätte man ihren Ursprung besser nachvollziehen und diese bei Interesse vielleicht auch nachlesen können.

Doch nicht nur der wissenschaftliche Aspekt, auch der Textfluss gefielen mir. So ist der Band sehr angenehm, gut und auch unterhaltsam zu lesen. Das Buch ist nicht zu schwer, hat aber durchaus einiges an Inhalt und wirkt recht hochwertig. Daher eignet er sich als Leselektüre sehr gut.

Fazit

Ein hochinteressanter Band, der die Aufgaben, den Sinn und – ja – auch die Freuden des Vaterseins primär aus evolutionärer Sicht beleuchtet. Allen Interessierten wärmstens ans Herz zu legen.