Rezension von Annemarie

Inhalt

Volker Halfmann ist Pastor einer Freikirche. Er hat eine gute Frau, tolle Kinder und einen sicheren Job. Eigentlich alles in Ordnung, könnte man meinen. Doch Halfmann ist kein normaler Pastor, denn er ist psychisch krank. So hat er viele Probleme – von Zwangsstörungen über Essstörungen bis zu seiner Alkoholabhängigkeit. Und darüber schreibt er in dieser Autobiographie sehr offen, ehrlich und authentisch.

Das Buch ist aus fünf Teilen zusammengesetzt, die aus jeweils vier Kapiteln bestehen. Nach drei Vorworten – einem vom Geschäftsführer der SCM Verlagsgruppe, einem von einem Arzt und Psychotherapeuten und einem von Halfmanns Ehefrau – sowie einem Prolog schreibt Halfmann im ersten Teil „Die Risse“ über den Beginn seines Leidenswegs. Im zweiten Teil beleuchtet Halfmann die Ursachen seiner Krankheiten näher. Diese sind teils lange Zeit zurückliegend und reichen bis in die Zeit, als der Autor noch ein Säugling war, und teilweise sind sie erst seit kurzer Zeit existent. Im kommenden Teil steht Halfmann vor den Scherben seines Lebens und versucht, irgendwie mit seinen Störungen klarzukommen. Der Weg aus diesem Tal wird im vierten Teil beschrieben und erläutert. Im fünften Teil erläutert der Pastor schließlich, was er aus seiner Leidenszeit gelernt hat. Dabei bezieht er, wie generell im gesamten Buch, stark seinen christlichen Glauben mit ein. Epilog, ein paar Literaturquellen zu den unterschiedlichen Süchten und Krankheiten Halfmanns, die man sich zur Vertiefung durchlesen kann, einige Filmtipps, Internetseiten und Apps sowie ein Anmerkungsverzeichnis bilden den Abschluss des Bandes.

Rezension

Volker Halfmann gehört nicht zu einer der beiden Landeskirchen, sondern ist Pastor einer Freien evangelischen Gemeinde, das sollte man im Voraus wissen. So ticken die Freien Gemeinden und deren Pastoren doch deutlich anders als die Landeskirchler und haben eine andere Einstellung zum Glauben. Und das merkt man auch im Buch.

Ferner sollte man meiner Meinung nach gläubig christlich sein, da der Autor diverse christliche Zitate verwendet – und das im Optimalfall bei einer Freien evangelischen Gemeinde. Das ist sinnvoll, damit man den Pastor möglichst gut verstehen kann. So haben Freie evangelische Gemeinden doch einige Besonderheiten, die Außenstehende nicht kennen und in die sie sich nicht so recht einfühlen können. Nur wer weiß, wie freie Kirchengemeinden in etwa ticken, versteht auch, welche Aufgaben, Verpflichtungen, Probleme und Bedürfnisse Halfmann in seinen Gemeinden hatte. Und da diese ein Grund dafür waren, dass es ihm zeitweise sehr schlecht ging, ist es für das Verständnis des Pastors wichtig, die Strukturen zumindest grob zu kennen und optimal, das ganze Gemeindeleben von innen heraus zu kennen. Ich als Nicht-Freikirchlerin, d.h. als Außenstehende, fand es hingegen teilweise doch schwierig, Halfmanns Probleme nachzuvollziehen und ihn wirklich zu verstehen. Da wäre es doch vielleicht sinnvoll gewesen, am Anfang oder Ende des Buches ein paar Informationen zu Freikirchen und gerade auch zu den Aufgaben und Verpflichtungen von Pastoren in Freikirchen zu geben, oder diese Informationen im Band – eventuell als Fußnote – miteinzuflechten.

Dennoch empfand ich den Text als sehr interessant, teilweise auch aufwühlend. Es ist wahrlich spannend, nachzuvollziehen, durch was für eine Hölle Halfmann gemeinsam mit seiner Familie, insbesondere seiner tollen Ehefrau, die ihn wirklich bewundernswert unterstützt hat, gegangen ist. Allerdings umschreibt der Autor oft Dinge zum Schutz seiner oder der Privatsphäre einer Person oder mehrerer anderer Personen. Unter anderem das führte leider dazu, dass ich Halfmann nicht so nah kam wie erhofft. Insgesamt hat man meiner Meinung nach auch gemerkt, dass der Pastor es nicht so wirklich gewohnt ist, zu schreiben. Auch wenn der Inhalt emotional und interessant ist – so richtig gepackt hat mich der Band nicht. Daher würde ich jedem an dem Buch Interessierten raten, vorher ein paar Seiten in den Band reinzulesen, um festzustellen, inwieweit einen der Schreibstil des Autors packt und einem zusagt.

Fazit

Ein aufwühlender, emotionaler Leidensbericht eines und über einen Pastor einer evangelischen Freikirche, der erschreckend und zugleich bewundernswert offen und ehrlich über seine vielen Probleme schreibt. Allen Interessierten zu empfehlen, die einen Tatsachenbericht eines suchtkranken Menschen lesen wollen, der dennoch fest im Glauben verwurzelt ist.