Rezension von Annemarie

gadddafis pferdeKomplett ahnungs- und demzufolge auch vorurteilslos reist Doris Luser 1998 aus beruflichen Gründen nach Libyen, in ein von Gefahr und der diktatorischen Herrschaft Muammar al-Gaddafi geprägtes Land. Ursprünglich war nur ein Aufenthalt von ein paar Monaten geplant. Der Aufenthalt zog sich jedoch in die Länge, sodass die Autorin letztendlich ganze fünf Jahre in Libyen blieb. Launig berichtet sie dabei von ihren Erlebnissen und Erfahrungen und ganz allgemein von ihrem Leben in Libyen.

Rezension

Doris Luser ist also ohne Furcht, Angst, aber auch ohne Ahnung in ein Krisengebiet gereist. Das machen so nur wenige. So ist das Buch eine Erzählung über eine Frau, die quasi in eine ihr völlig fremde Welt hineinfällt. Man mag der Autorin eine grenzenlose Naivität vorwerfen, wie von anderen Rezensenten dieses Buches geschehen; meiner Ansicht nach hat diese Naivität aber auch dazu beigetragen, dass sie die ein oder andere potentiell brenzlige Situation besser überstand. Ihre Tierfreundlichkeit war rührend, wenn auch in einem Land, in dem Tierschutz völlig unbekannt ist, schwer zu ertragen. Nichtsdestotrotz versuchte die Autorin, so gut es ging, Tiere zu schützen. Das orientalische Flair kam in dieser Lektüre ebenfalls gut herüber.

Unerklärlicherweise ist das Buch bei vielen Verlagen unter „Sachbuch“ zu finden. Dabei ist es meiner Ansicht nach alles andere als das, sondern eine wahre Erzählung, die einem Roman sehr ähnlich ist. Dieses Buch ist daher auch nicht objektiv, sondern sehr subjektiv geschrieben, mit dem vorrangigen Ziel, den Leser zu unterhalten. Der Schwerpunkt liegt auf den Gesprächen, die sie mit den Einheimischen führt, wobei die Unterhaltungen teils wortwörtlich wiedergegeben werden.

Ganz wichtig ist aber: Dieses Buch handelt keineswegs von der aktuellen Situation. Luser war schon von 1998 bis 2003 in Libyen. Da stellte sich mir die Frage: Warum zur Hölle gibt die Frau das Buch erst zwölf Jahre (!) nachdem sie Libyen verlassen hat, heraus? Und wie um alles in der Welt kann sie sich nach so einer langen Zeit noch so genau an so viele Gespräche erinnern, dass sie diese wortwörtlich wiedergeben kann? Offen gesagt kam mir während des Lesens der Verdacht auf, dass Luser weniger einen realitätsgetreuen Bericht ihrer Erfahrungen und Erlebnisse schreiben wollte, sondern die Gunst der Stunde nutzte, dass Libyen jetzt in den Medien ist, und ihre Erinnerungen an die damalige Zeit fantasievoll ausgeschmückt hat.

Auch aus einem anderen Grund war ich von dem Buch nicht überzeugt. Lusers Schreibstil war doch sehr flapsig und teilweise irgendwie sehr gewollt lustig. Das gefiel mir persönlich nicht. Während ich das Buch durchlas, kamen mir zudem viele Fragen auf, die unbeantwortet blieben. So bin ich mir bis heute im Unklaren, was Doris Luser überhaupt beruflich in Libyen machte. Mit Pferden hatte es jedenfalls wohl nichts zu tun… Ich hätte ebenfalls sehr gerne erfahren, warum Frau Luser ihren Aufenthalt verlängerte und weshalb sie nach fünf Jahren wieder abreisen musste. Daneben kam mir Frau Lusers grenzenlose Naivität doch teilweise etwas zu extrem und irgendwie auch unglaubwürdig vor. Obwohl mir das Buch aber nicht wirklich gefiel, kann ich mir gut vorstellen, dass der Schreibstil anderen Personen sehr gut gefällt. Besonders diejenigen, die launige Frauenromane á la Susanne Fröhlich sehr gerne lesen, könnten an diesem Buch Gefallen finden.

Fazit

Für Susanne-Fröhlich-Fans und andere Liebhaberinnen launiger Frauenromane meiner Ansicht nach gut geeignet – wohlgemerkt als Roman, nicht als Sachbuch – für alle anderen eher weniger. Tipp: Unbedingt vor dem Kauf erst einen Textauszug probelesen!