Rezension von Annemarie

Flucht, Flüchtlinge und das viele Leid, das damit zusammenhängt. Diese Themen sind topaktuell. Und meist denkt man dabei an das Mittelmeer, Nordafrika und den Krieg in Syrien. Doch auch die Vorfahren vieler Deutscher, etwa die Eltern oder Großeltern, waren Flüchtlinge. Als sie gegen Ende des Zweiten Weltkriegs und danach aus ihrer Heimat, den ehemaligen Ostgebieten Deutschlands, flohen oder vertrieben wurden. Auch deren Leid war groß, teilweise sogar fast unendlich groß.

In diesem Band sind nun verschiedene literarische Geschichten unterschiedlicher Autoren versammelt, die sich mit der Flucht der Deutschen aus den Ostgebieten befasst haben. Die vielen Kurzgeschichten und auch einige Gedichte, die in diesem Band vorzufinden sind, sind in verschiedene Kapitel untergliedert. Dabei legt der Herausgeber großen Wert darauf, dass die Kapitel allenfalls eine grobe Untergliederung darstellen und die Übergänge zwischen den Kapiteln fließend sind.

Im ersten Kapitel sind Geschichten versammelt, in denen Menschen sich zunächst nicht überwinden können, ihre Heimat zu verlassen. Das zweite Kapitel umfasst Geschichten, die den Zeitraum während Flucht und Vertreibung zum Thema haben. In Kapitel drei findet man Geschichten zum Ost-westlichen Bevölkerungsaustausch vor. Im vierten Kapitel erfährt man, wie die Flüchtlinge in ihrer neuen – teilweise auch temporären – Heimat empfangen wurden und im fünften über die Trauer nach dem Verlust der alten Heimat, die teilweise jahrzehntelang anhielt. Kapitel sechs umfasst Geschichten, in denen Menschen ihre alte Heimat wieder besuchen und sich teilweise auch mit dem Vergangenen abfinden. Das siebte und letzte Kapitel schließlich beinhaltet Gedichte zum dem gesamten Themenbereich.

Anmerkungen, Nachbemerkungen, Kurzporträts der Autoren und Quellenverzeichnis bilden den Abschluss des Werks. Zu jedem Kapitel wird am Anfang vom Herausgeber eine kurze Einführung in die jeweilige Kapitelthematik bezüglich der historischen Situation gegeben.

Im vorderen und hinteren Einband ist jeweils die gleiche Farbkarte vorzufinden, die zeigt, aus welchen Gebieten – sowohl in Deutschland, als auch generell in Osteuropa – die Vertriebenen zwischen 1945 und 1950 in welcher Anzahl in welchen Teil Deutschlands flohen.

Rezension

Dieser Band ist als Lesebuch gestaltet. Dennoch ist er nicht nur unterhaltsames Lesebuch, sondern er lehrt einen parallel auch einiges über die Geschichte und die Situation der Menschen gegen Ende und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. So hat das Werk im Grunde genommen zwei nützliche und gute Auswirkungen – Unterhaltung und Information.

Im Laufe des Buches erfährt der Leser, wie es Flüchtlingen ergeht und welches Leid sie erdulden müssen. Das ist teilweise erschreckend, wenn man es sich vorher nicht so wirklich klar gemacht hat. Aber es lehrt einen auch, empathischer, sensibler und rücksichtsvoller mit den Menschen umzugehen, denen es nicht so gut geht wie einem selbst – Menschen, die fast alles verloren haben.

Der Band ist ziemlich dick und kompakt. Zum Transport ist er daher weniger geeignet. Dafür umso mehr zum Lesen einzelner Geschichten in diversen kleineren Abschnitten. Die zwei Lesezeichenbändchen sind dabei sehr praktisch, möchte man eine Geschichte vielleicht später noch einmal nachschlagen.

Fazit

Wer sich dafür interessiert, mithilfe von Literatur zu erfahren, wie Menschen Flucht und Vertreibung erlebten, wird mit diesem umfassenden, schönen Buch eine gute Lektüre finden.