Rezension von Annemarie

Inhalt

Als Elternteil übernimmt man eine Führungsrolle. Das heißt, man hat das Kind anzuleiten und ihm sanft aber unmissverständlich Grenzen aufzuzeigen, um ihm zu ermöglichen, sich im Rahmen dieser Grenzen frei entfalten zu können. Leider wird das bei vielen Kindern allenfalls mangelhaft umgesetzt. Und dadurch kommt es laut Jesper Juul, dem Autor dieses Bandes, zu Problemen. In diesem Band zeigt er nun auf, wie man die Rolle des Leitwolfes übernehmen kann.

Der Band setzt sich aus 14 Kapiteln plus Einleitung und Anhang zusammen. In den ersten Kapiteln befasst sich der Autor damit, warum man als Erwachsener die Führung übernehmen sollte, dass man dem Kind vertrauen kann, der Frage, wer man als Elternteil selbst ist, dem Unterschied zwischen weiblicher und männlicher Führung und der Rolle als Frau und Mutter sowie als Mann und Vater. Die folgenden Kapitel behandeln die Fragen, inwieweit starke und gesunde Kinder das Ziel der Erziehung sind und inwieweit Macht und Führung miteinander korrelieren. In den sich anschließenden Kapiteln argumentiert der Autor, warum im Jetzt die Zukunft des Kindes ist, welche Werte Führung schaffen und, dass Erfolg auch durch Anpassung zustandekommt. Im Anschluss daran findet man Fallgruben für Leitwölfe, eine Information, wie man Teenager und junge Erwachsene führen soll – nämlich deutlich weniger stringent – und eine Hilfe, was getan werden kann und soll, wenn es in der Familie Probleme gibt.

Der Band ist als Lesebuch aufgemacht, das heißt, die Schrift ist vergleichsweise groß und er sollte von vorne nach hinten durchgelesen werden.

Rezension

Als Leitwolf seine Kinder sanft, aber stringent erziehen. Diesen Ansatz fand ich interessant.

Was mir bei dem Buch aber ganz sauer aufgestoßen ist, ist die Selbstdarstellung des Autors. Gleich auf den ersten zwei Seiten sind Lohudeleien von diversen Personen zu Juul zu lesen. Der eigene Teil mit Büchern und DVDs von Jesper Juul, der in drei Kapitel unterteilt ist, die zweiseitige Autobiografie des Autors und die umfassende Information zu den – zufälligerweise von Hesper Juul selbst gegründeten – Familienwerkstätten „familylab international“ waren auf mich einfach zu viel. Zusätzlich ist der Schreibstil des Autors auch sehr selbstbewusst, um es mal positiv auszudrücken. Ich habe bislang in kaum einem Ratgeberbuch dermaßen oft das Pronomen „Ich“ gelesen. Dann fragen Eltern in dem Buch den Heilsbringer Jesper Juul, und er bringt ihnen natürlich sofort die perfekte Lösung. Diese fiktiven Gespräche mit besorgten oder unglücklichen Eltern stehen dann auch noch in wörtlicher Rede, sodass man Juul auch noch wörtlich zitiert vorgesetzt bekommt. Da wurde mir etwas schlecht. Wenn es zudem Leute gibt, die von diesem Buch so überzeugt sind, dass sie mehr von Juul wollen, wird es für sie wohl ein Leichtes sein, den Namen einfach zu googeln und sich selbst darüber zu informieren. Von daher hätte man sich die ganzen Informationen am Ende des Buches auch gut schenken können. So kam der Autor auf mich teilweise ziemlich arrogant und selbstverliebt rüber.

Abgesehen davon lernt man aber eine Menge Neues und ich habe auch einiges aus dem Buch mitgenommen. Besonders wichtig fand ich, dass man lernt, als Elternteil eine ganz klare Linie zu verfolgen, bei der man auf die Gefühle des Kindes eingeht, diese aber nicht verzieht. Im Grunde genommen ist dieses Wissen nichts Neues, sondern seit Jahrhunderten bekannt, aber in der heutigen Zeit, in der einem sämtliche Mitmenschen und Medien oft ungefragt ihre tollen Erziehungsratschläge zum Besten geben wollen, bei vielen Menschen einfach aus dem Bewusstsein verschwunden.

Allerdings fand ich das Buch manchmal schon etwas langatmig. So hatte ich öfters den Eindruck, dass der Autor ziemlich ausschweift und nicht wirklich auf den Punkt kommt. Das hat den Band doch ziemlich aufgebläht. So finde ich die Menge an nützlichen Informationen im Vergleich zum Textumfang doch ziemlich gering. Inwieweit es zudem angemessen ist, einen Preis von knapp 19 Euro für 211 Textseiten zu verlangen, die in recht großer Schrift geschrieben sind und bei denen der Autor oft plaudert, muss jeder für sich entscheiden.

Fazit

Ein Lesebuch für Eltern, die mehr die Führung innerhalb der Familie übernehmen wollen und damit klarere Strukturen schaffen wollen. Aus meiner Sicht ein ganz netter Band mit einem weniger guten Preis-Leistungsverhältnis.