Abnehmen ist eigentlich ganz einfach, wenn man nur weiß, wie. In den Medien gibt es diverse Erfolgsgeschichten über Personen, die binnen kürzester Zeit sehr viel abgenommen haben und nun rank und schlank, toll aussehend und natürlich überglücklich sind. Genau dies ist Michael, alias Micky Klemsch, dem Autor dieses Bandes, einem Wiener, Luftgitarrist, Handyweiterwerfer, Chefredakteur zweier Magazine und bekennendem Übergewichtigen, nicht gelungen. In seinem Werk schildert er die Geschichte seines Misserfolgs.

Seit seiner Kindheit ist Michael Klemsch übergewichtig. Er spürt die Probleme im Alltag, infolge seines Übergewichts, die Diskriminierung und die körperlichen Folgen seines Übergewichts, wie Arthrose. Und seit gefühlten Ewigkeiten kämpft er gegen sein Übergewicht an und nimmt sogar an einer Fernsehshow zum Thema Abnehmen teil – kurzzeitig erfolgreiches Abnehmen und der immer wiederkehrende Jojo-Effekt inklusive. Und im Laufe seines Weges kommt er zu dem Ergebnis (Achtung Spoiler!): Es sind gar nicht so sehr die äußeren Rahmenbedingungen, die von Bedeutung sind, viel wichtiger ist die innere Einstellung. Hat man die nötige Ruhe und Gelassenheit, kann es schließlich auch mit dem Abnehmen klappen.

Der Band ist in drei Teile untergliedert: „Dick werden“, „Dick sein“ und „Abnehmen (versuchen)“. Bei Teil zwei und drei handelt es sich dabei um die eigentlichen Hauptteile. Die Teile sind jeweils nochmals in Kapitel mit je vier bis zehn Seiten Umfang unterteilt. Im zweiten Drittel des Bandes sind mehrere Seiten mit Farbfotos vom Autor in unterschiedlichen Situationen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten vorhanden.

Rezension

Abnehmen ist so einfach, das wird einem von den Medien suggeriert. Wer zu dick ist, ist einfach nicht diszipliniert genug, jeder kann so etwas schaffen. Warum dann trotzdem so viele Menschen übergewichtig sind und erfolglos Diätversuche unternehmen? Diese Frage bleibt oftmals offen, zumal sich die „Erfolglosen“ oft dafür schämen und mit ihrer Geschichte nicht an die Öffentlichkeit gehen.

Umso toller finde ich, dass Micky Klemsch genau dies gemacht hat. Anfangs habe ich mich schon gefragt, was denn an einem Buch so spannend sein soll, wenn sich doch nichts verändert. Aber das ist eben der Irrtum, es verändert sich bei Klemsch eine Menge. Der Autor schreibt mit einer gehörigen Portion Selbstironie und erzählt von seinem eigenen Scheitern nicht als Katastrophe, als Weltuntergang, sondern als Weg. Und der Leser erfährt und lernt so eine Menge. So können sich Übergewichtige an vielen Stellen gut in Micky Klemsch wiederfinden und spüren, dass sie nicht allein sind, dass Übergewicht keine Schande ist. Das kann schon sehr weiterhelfen. Normalgewichtige hingegen erhalten einen guten Einblick in die Sorgen und Nöte und generell die Gesamtsituation von Übergewichtigen. Man erfährt zudem, dass die Übergewichtigen nicht so undiszipliniert sind wie bislang vielleicht gedacht. So finde ich den Band gerade zum Abbau von Vorurteilen sehr nützlich sowie dafür, ein Einblick in die Welt der Übergewichtigen zu bekommen.

Dabei ist der Band durchaus sehr unterhaltsam. Mickys frischen, realistischen und zugleich recht fröhlichen Schreibstil empfand ich als ausgesprochen angenehm und nett zu lesen. Der Lerneffekt tritt quasi nebenbei ein.

Fazit

Ein Buch, das anders als die ewig gleichen Erfolgsstories zum Thema Abnehmen eher die Geschichte eines Misserfolgs ist. Mit viel Ironie, Realismus und Fröhlichkeit schreibt Micky Klemsch über seinen Weg als Übergewichtiger. Besonders Überwichtigen zu empfehlen, die den ehrlichen Weg eines Leidensgenossen suchen, sowie Normalgewichtigen, um zu verstehen, was Übergewichtige so umtreibt.