Rezension von Annemarie

Inhalt

Essstörungen sind in der heutigen Zeit weit verbreitet. Gerade junge Menschen, die ihr Leben doch eigentlich noch vor sich haben, es auskosten und in vollen Zügen genießen sollten, leiden vermehrt darunter, ihre Anzahl steigt. Und so verlieren sie bei dem ganzen Kalorienzählen, sich um die eigene Figur sorgen, vielleicht auch bei Fressanfällen, und infolgedessen immer wieder Traurigkeit, Verzweiflung und der Mühe um strikte Kontrolle ganz ihr Lebensglück aus den Augen.

In diesem Band kommen nun 14 junge Frauen – alle ehemalige Patientinnen im Therapie-Centrum für Essstörungen (TCE) in München – zu Wort, die es geschafft haben, ihre Essstörung überwunden, hinter sich gelassen haben. Und die auf diese Weise eine beträchtliche Menge an Lebensglück zurückgewonnen haben. Jede dieser Frauen erzählt in einem eigenen Kapitel ihre Geschichte. Vorwort, Nachwort der Patientinnen und im Anhang Erkenntnisse sowie Schlussfolgerungen der Herausgeber sowie Dank, Ausblick und Hinweise zu weiterer Informationsliteratur bilden den Rahmen des Bandes. Dabei entscheiden die ehemaligen Patientinnen selber, was sie preisgeben; die Erzählungen folgen dennoch einem groben Schema. So erzählen die jungen Frauen chronologisch ihre Geschichte – von den Anfängen, wie sie in ihre Krankheit hineingerutscht sind und über ihr Leben mit der Krankheit. Dabei ist fast allen Erzählungen eines gemeinsam: Die Erläuterung, wie ein typischer Tag im Leben während ihrer Krankheitszeit aussah. Im Anschluss daran erzählen sie von ihrer Behandlung bzw. ihren Behandlungen, bevor sie am Ende des Kapitels erzählen, wie es ihnen heute geht und was sich für sie geändert hat. Zu Beginn jedes Kapitels stehen ein paar Eckdaten zur jeweiligen Person: Name, Alter, aktuelle berufliche Tätigkeit, Diagnose, mögliche Begleiterkrankungen und Alter bei Krankheitsbeginn.

Herausgegeben ist das Buch von Dr. med. Monika Gerlinghoff sowie Dr. med. Herbert Backmund, beide Gründer des TCE.

Rezension

Hut ab! Wie die Frauen es geschafft haben, ihre Krankheit zu besiegen, finde ich bewundernswert. Noch mehr, dass sie Klartext reden, völlig offen über ihre Krankheit sprechen, nichts beschönigen. Auch das erfordert jede Menge Mut. Und man können sich Essgestörte durchaus von ihnen etwas mitnehmen, Anstöße bekommen, die einem im Kampf gegen die Essstörung helfen. So eignet sich der Band meines Wissens nach gut für Personen, die unter einer Essstörung leiden.

Dennoch finde ich den Band leider etwas einseitig. Zum einen sollte man wissen, dass sämtliche Patientinnen im Therapiezentrum für Essstörungen in München stationär behandelt wurden und demnach durch die dort angewandte Therapieform auch geprägt wurden. Dadurch kommt der Band teilweise fast schon wie ein Werbeband für das TCE rüber. Das ist jetzt kein Drama, allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass Personen, die noch mitten in der Essstörung stecken, während oder nach der Lektüre des Buchs unbedingt am TCE unterkommen wollen. Wenn dieses Zentrum zu weit entfernt von ihrer Heimat ist – immerhin liegt es in München – oder einfach kein Platz mehr frei ist, droht Verzweiflung. So hätte ich mir gewünscht, dass am Ende des Buches wenigstens ein paar Informationen dazu vorhanden wären, in welchen anderen Kliniken in Deutschland und vielleicht auch in Österreich und der Schweiz man Hilfe mittels ähnlicher Therapien bekommt, schließlich gibt es viele gute Kliniken für Essgestörte im deutschsprachigen Raum.

Schade fand ich auch, dass man nur wenig zu den Therapien erfährt, die den Patientinnen geholfen haben. Man erfährt, dass die Frauen krank waren, dann waren sie im TCE, und dann ging es wieder aufwärts – manchmal relativ schnell und manchmal mit mehreren Rückschlägen. Nur was sie während dieser Therapiezeit für Therapien gemacht haben, was sich während der Zeit bei ihnen im Kopf veränderte – darüber erfährt man nur wenig. Dabei finde ich gerade das am interessantesten und hätte besonders darüber gerne mehr erfahren.

Fazit

Ein sehr schonungslos geschriebener Band darüber, wie junge Frauen in ihre Essstörung geraten, wie sie mit ihrer Essstörung lebten – und wie sie es aus dieser wieder herausschaffen. Allen zu empfehlen, die essgestörte Verwandte oder Bekannte haben und endlich verstehen wollen, wie diese ticken. Ebenso ist der Band Essgestörten zu empfehlen, die ein Mutmachbuch suchen, das ihnen klarmacht: Sie sind nicht allein, es gibt Hilfe.