Rezension von Annemarie

Inhalt

Bulimie. Eine weit verbreitete Krankheit, die man den wenigsten Menschen aber anmerkt. Denn sie kann gut im Verborgenen ausgeübt werden. Nichtsdestotrotz ist auch bei dieser Krankheit der Leidensdruck der Betroffenen zum Teil enorm hoch. Wie also aus der Bulimie herauskommen?

In diesem Band schreibt Nina Wolf über ihre Erfahrungen. 25 Jahre lang führte sie ein scheinbar perfektes Doppelleben, in dem sie sich mit ihrer Bulimie sehr gut arrangiert hat. 25 Jahre lang hat sie Bulimie, bis sie den Entschluss fasst, ihre Bulimie aufzugeben. Und so begibt sie sich auf einen langen, harten und steinigen Weg.

Durch eine Hilfsperson von außen angeleitet nimmt sie am umgemünzten 12-Schritte-Programm der Anonymen Alkoholiker teil und schafft es schließlich, die Bulimie hinter sich zu lassen.

Der Band ist in diverse Kapitel und Unterkapitel unterteilt. Zu Beginn des Buches ist ein Vorwort mit nützlichen Informationen zur Bulimie zu finden, gefolgt vom Beginn des Erfahrungsberichts der Autorin, bis hin zu dem Zeitpunkt, ab dem sie Hilfe bekommt. In den folgenden Kapiteln werden dann die 12 Schritte erläutert. Den Abschluss des Bandes bilden ein Nachwort sowie eine kurze Information zu Selbsthilfegruppen.

Der Band ist im Fließtext geschrieben und sollte von vorne nach hinten durchgelesen werden, gerade wenn man selbst Betroffene(r) ist.

Rezension

Ein 12-Schritte-Plan, um aus der Bulimie auszusteigen. Das klang für mich überzeugend und interessant. Doch – so einfach und überzeugend wie der Titel verheißt, ist das Ganze dann leider doch nicht, im Gegenteil, die Umsetzung dieses 12-Schritte-Plans ist sehr hart und kann einen vermutlich an seine Grenzen bringen.

Im Buch kann einem auch leicht der Eindruck aufkommen, dass man die Bulimie ohne ärztliche oder therapeutische Unterstützung selbst heilen kann, zumal am Ende des Bandes auch Selbsthilfegruppen stehen. Die ganzen Therapien der Autorin sind ja auch gescheitert und so liegt die Vermutung nahe, dass man auf diese verzichten kann. Das fand ich ziemlich unglücklich. Denn auf der allerletzten Seite steht dann kurz, dass man auf jeden Fall Arzt und/oder Therapeuten parallel zurate ziehen sollte. Eine dermaßen wichtige Information sollte meiner Meinung nach aber gerade bei einem Band, der von vorne nach hinten durchgearbeitet werden soll, ganz am Anfang des Buches stehen. So kann man diesen enorm wichtigen Hinweis sehr leicht überlesen oder stößt erst auf ihn, wenn die Selbsttherapie gescheitert ist.

Dieser Band ist zudem ein Erfahrungsbericht. Das heißt, Wolf schreibt subjektiv über ihre Erfahrungen. Das Buch liefert also kein Patentrezept, es stützt sich nicht auf wissenschaftliche Erkenntnisse und getreu dem Motto, dass alle Menschen sich unterscheiden und nicht alle gleich behandelt werden können, wird es wohl auch viele Personen geben, die mit dieser Therapieform nichts anfangen können. Wer also ein Buch sucht, das einem mit sehr hoher Sicherheit hilft, die eigene Bulimie loszuwerden, sollte den Kauf des Buches noch einmal überdenken. Wer hingegen ausprobieren möchte, ob das Programm der Anonymen Alkoholiker das Richtige für einen ist und testen möchte, ob er auf diese Weise seine Bulimie in den Griff bekommt, für den eignet sich der Band. Besonders gut ist das Buch für Personen geeignet, die sich in einer ähnlichen Position wie die Autorin befinden, die also schon längere Zeit Bulimie haben, sich mit ihrer Krankheit eigentlich ganz gut arrangiert haben und sich nicht mehr so recht vorstellen können, wie ein Leben ohne die Bulimie aussehen mag.

Wolf schreibt viel von ihren persönlichen Begegnungen und Erfahrungen und schreibt oft Gespräche direkt wörtlich nieder. So ist der Band auch ein Lesebuch und weniger ein Ratgeber. Man muss immer selbst den Transfer von der Autorin auf einen selbst leisten und überlegen, wie man das Ganze selbst – eventuell mit den entsprechenden Anpassungen – umsetzt.

Ich persönlich bin nicht so ganz überzeugt, dass das Buch wirklich allen Bulimikern hilft. Zum einen kommen bei Wolf einige Faktoren zusammen, die beim Durchschnittsbulimiker wohl nicht zusammenkommen werden. Insbesondere die hilfreiche Person, die die Autorin direkt von außen anleitet, die Bulimie hinter sich zu lassen, wird wohl bei den meisten Betroffenen fehlen. Wenn Wolf schon schreibt, wie schwer es für sie trotz der Hilfsperson war, mithilfe des Programms aus der Krankheit auszusteigen, wie schwer wird es dann erst für Personen, die diese Hilfe nicht haben!

Andererseits liefert der Band einige hilfreiche Impulse, die einem dann doch auf dem Weg aus der Bulimie helfen können.

Fazit

Ein Erfahrungsbericht einer langjährigen Bulimikerin, wie sie mithilfe des Programms der Anonymen Alkoholiker aus ihrer Krankheit herauskam. Personen, besonders langjährige Bulimiker, bei den die bisherigen Therapien nicht funktioniert haben, können mit diesem Band möglicherweise neue, hilfreiche Impulse bekommen.