Rezension von Annemarie

Inhalt

Die Welt erstickt in Müll. Der Vorteil des Plastiks und anderer Materialien – ihre Langlebigkeit und Dauerhaftigkeit auch unter widrigen Umweltbedingungen – wandelt sich binnen kürzester Zeit vom Segen zum Fluch, nämlich dann, wenn es an ihre Entsorgung geht. Und da die Materialien kaum oder nur mit großem Aufwand entsorgt werden können, sammelt sich immer mehr Müll in der Umwelt an. Infolgedessen ist der Mensch auf dem besten Weg, seine Lebensgrundlage erfolgreich selbst zu zerstören. Maßnahmen wie der Umstieg auf andere Materialien haben oft kaum Wirkung, schließlich fehlt diesen etwas ganz Wesentliches: Ihre Langlebigkeit. Alles verloren? Nein, denn es gibt eine Lösung, die zwar unbequem scheint, aber doch gut möglich ist – wenn man es denn will: Die starke Reduktion des eigenen Mülls. So sorgt man dafür, dass er gar nicht erst entsteht. Und wie das geht, lehrt Olga Witt, die Autorin dieses Bandes. Bei Witt handelt es sich um eine Architektin, die „Tante Olga“, den ersten Unverpackt-Laden der Stadt Köln mit gegründet hat.

Ihr Buch besteht aus 16 Kapiteln, welche meist nochmals aus Unterkapiteln bestehen. Nach einer Einführung in die Müllproblematik in der heutigen Zeit nennt Witt neben dem Reduce weitere aus ihrer Sicht zur Müllvermeidung wichtige Begriffe – Refuse, Reuse, Recycle, Rethink und Relax – und erläutert diese. Im Folgenden, dem eigentlichen Hauptteil, werden die unterschiedlichen Alltagsbereiche erläutert, in denen man Müll vermeiden kann. So werden in den sich anschließenden Kapiteln die Verwendung von Mehrwegprodukten, die Müllreduzierung beim Essen und Trinken einschließlich der Verringerung der Lebensmittelverschwendung, im Umgang mit Reinigungsmitteln, bei der Körperpflege, Müllvermeidung im Bereich Gesundheit, im Bereich Kleidung und Textilien, im Büro und zur Entmüllung des Postkastens erläutert. Im Anschluss daran geht es um den Nutzungskreislauf; danach werden eher kurz Infos zum Recycling gegeben, bevor man erfährt, wie man auch im eigenen sozialen Umfeld eine Verringerung des Mülls erreicht. Die Müllvermeidung an Feiertagen und zu anderen Festen ist Inhalt von Kapitel 15. Das letzte Kapitel hat die Nebenwirkungen des Müllsparens, also quasi dessen Vorteile, zum Thema. Eingerahmt ist der Inhalt durch Vorwort, eine Information über die Autorin, mehreren Links zur Thematik, einem kurzen Anmerkungsverzeichnis und einem Register.

Rezension

Witt weiß nicht nur, wovon sie spricht, sie ist auch ziemlich kreativ. So sprudelt ihr Buch quasi vor unterschiedlichen Ideen über, wo und auf welche Weise man Müll vermeiden kann. Durch die Vielzahl der vorgeschlagenen Maßnahmen kann man sich gut selber entscheiden, welche und wie viele von ihnen man umsetzt bzw. erst einmal ausprobiert. Gourmets beispielsweise werden möglicherweise beim Gedanken an Müsli nur mit Wasser anstelle von Milch ein ungutes Gefühl in der Magengegend bekommen, während sich andere kaum vorstellen können, ihre heißgeliebte Kosmetik selber herzustellen. Gut hierbei fand ich auch, dass es einfach und unkompliziert umzusetzende Maßnahmen gibt – wie den Einkauf mithilfe von Stofftüten – und Maßnahmen, die mehr Willen erfordern; gerade der Umstieg auf wiederverwendbare Periodenprodukte könnte für Frauen durchaus eine Herausforderung sein.

Man sollte aber genau genommen nicht damit rechnen, wirklich Zero Waste zu erreichen, also gar keinen Abfall mehr zu produzieren. Obwohl die Autorin das auf den Titel schreibt, so hält selbst sie es nicht komplett ein. Schließlich haben beispielsweise die Stoffbeutel, die sie zum Einkaufen verwendet, ebenfalls nur eine begrenzte Lebensdauer. Zudem benötigt man für die Herstellung der Kosmetika Zutaten, die man kaufen muss – und diese müssen ja irgendwie verpackt sein, anders kann ich mir den Transport von Öl, Sheabutter oder Kakaobutter nicht erklären. Und der Deutschen liebsten Hamsterkaufgegenstand – das Klopapier – erwähnt sie seltsamerweise gar nicht. Vermutlich war ihr dieses Thema doch zu emotionsgeladen und sie wollte keine Drohbriefe oder noch Schlimmeres riskieren… Als Anleitung hingegen, die eigene Menge an Müll stark zu reduzieren, eignet sich dieser Band ausgesprochen gut.

Schade fand ich aber, dass der Band so eintönig aussieht. Ich kann ja verstehen, dass man aus Umweltschutzgründen keine bunten Farben verwendet, nur dann hätte man zum einen auch konsequent sein können und den äußeren Einband ebenso schlicht gestalten können. Der Band selber ist durch seine umweltfreundliche Herstellung ebenfalls weniger stabil und sah bei mir schon nach kurzer Zeit ziemlich abgenutzt aus. Schließlich stellt sich auch die Frage, was wichtiger ist: Dem Leser ein etwas umweltschädlicheres Buch zu liefern, das lange hält und auch nach vielen Jahren noch zur Hand genommen werden kann, das er wirklich gerne liest, in dem er oft und gerne blättert und aus dem er folglich viele Anstöße für den Umweltschutz mitnimmt, die er auch umsetzt – oder ein Band, der zwar ökologisch korrekter ist, in dem die Leser aber weniger gerne blättern und aus dem sie folglich weniger mitnehmen. Für die Umwelt wäre meiner Meinung nach Ersteres besser, zumal es auch umweltfreundliche Druckfarben gibt. Zudem wäre es doch schön gewesen, wenn der Band noch deutlich mehr – und hübschere – Zeichnungen enthalten hätte. Auch dies hätte die Freude an diesem Band gefördert. Und gerade darum geht es ja auch: Die Personengruppen zu erreichen, die nicht per se umweltorientiert sind, sondern erst einmal dazu gebracht werden müssen. Denn bei diesen ist das Veränderungspotential am größten. Ferner hätte ich mir gewünscht, dass das Inhaltsverzeichnis übersichtlicher ist.

Fazit

Ein Buch voller praktischer und meist relativ einfach umzusetzender Maßnahmen, wie man im Alltag Müll spart. Allen, die sich inspirieren lassen wollen, sehr zu empfehlen.