Rezension von Annemarie

Wir leben in einer Demokratie. Das lernt jedes Schulkind. Doch ist das wirklich noch der Fall? Rainer Mausfeld, der Autor dieses Bandes, meint: nein! Die Demokratie in Deutschland ist nur noch eine Illusion, so der Autor. Und darüber schreibt er in diesem Werk.

Das Buch vereint sechs Aufsätze des Autors und drei Gespräche. Die einzelnen Kapitel beleuchten die zentrale Problematik aus unterschiedlichen Perspektiven, beziehen sich aber auch aufeinander. So besteht das Buch aus insgesamt neun Kapiteln, die jeweils zwischen sechs und 62 Seiten lang sind.

Doch nun ein kurzer Abriss des Inhalts. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs war in Deutschland die Hoffnung auf Demokratie und Frieden verbunden. Beide Begriffe sind nach Mausfeld ihrer ursprünglichen Bedeutung entleert und so missbraucht worden. Statt wirklicher Demokratie besteht eine Wahloligarchie ökonomischer und politischer Eliten, ohne, dass zentrale Bereiche der Gesellschaft und insbesondere der Wirtschaft demokratisch kontrolliert werden oder Rechenschaftspflicht unterliegen. Für Mausfeld wurde die Demokratie schon lange durch eine Illusion der Demokratie abgelöst.

Die vielen Millionen Toten jährlich und das Elend der Welt, das in wesentlichen Teilen durch die Wirtschaftsordnung verursacht wird, vergessen die Menschen dabei gerne. Moderne Sklaverei und Umweltzerstörung werden gerne in den Hintergrund gestellt, wenn es um das Wirtschaftswachstum geht. Die Gründe für die fehlende Auflehnung gegen diese Strukturen versucht Mausfeld in seinem Buch darzulegen. Einzelne Schaubilder, Bilder und Karikaturen sollen helfen, dass man wichtige Zusammenhänge besser versteht.

Rezension

Was für interessante Fragestellungen und Themen! Der Kern dieser Fragestellungen ist aber so alt wie die Menschheit und so gelingt es auch Mausfeld natürlich nicht, die ultimative Lösung zu präsentieren, das sollte man schon wissen.

Ein zentraler Aspekt des Buches ist die Frage nach Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit der Auswirkungen politischer Entscheidungen. Ausführlich beleuchtet der Autor die Funktion der Medien. Die Bestimmung der medialen Agenda ist ein Mittel der Machtausübung. Auch politische Klauseln, die so manchen an das Orwell‘sche Neusprech erinnern mögen, werden als Machtinstrument beleuchtet. So versucht der Autor einen Teil der unsichtbaren Wirklichkeiten sichtbar zu machen. Bei dem Band handelt es sich um keine ausschließlich politische oder soziologische Analyse der Gesellschaft, die vermutlich nur für ein Fachpublikum interessant und spannend wäre. Stattdessen arbeitet Mausfeld immer wieder mit seinen Kenntnissen aus der Wahrnehmungs- und Kognitionsforschung.

Der Autor vermeidet dabei über weite Strecken, akademisch zu schreiben. Stattdessen ist der Text flüssig geschrieben, man kann ihn gut lesen. Zugleich ist der Schreibstil dennoch wissenschaftlich gut. Schön fand ich auch, dass man die Quellen gut nachvollziehen konnte. Es lässt sich darüber streiten, ob Endnoten besser als Fußnoten sind. So steht dem eigentlichen Text mehr Platz auf der Seite zur Verfügung, da die Fußnoten teilweise recht umfangreich sind, aber um etwas nachzuschauen, muss man ist es jedes Mal zum Ende des Textes blättern. Das nervte teilweise schon. Gut fand ich aber, dass Verweise auf andere Stellen des Werks direkt neben dem Text vermerkt sind.

Auch wenn man nicht alle Ansichten des Autors teilt, bietet sich durch die Lektüre ein interessanter Einblick in die aktuelle gesellschaftliche Situation und man beginnt, die eigene Sichtweise zumindest in Teilen zu hinterfragen. Ich hätte mir aber gewünscht, dass die Kapitel zumindest ganz grob eine vergleichbare Länge haben. So fand ich das 62 und das 58 Seiten lange Kapitel einfach zu lang. Besser hätte ich eine Unterteilung des ganzen Kapitels in Unterkapitel oder mehrere Kapitel gefunden.

Fazit

Für alle, die sich für Politik interessieren und sich schon einmal gefragt haben, inwieweit wir wirklich in einer Demokratie leben, ein ganz nettes Buch, das viele interessante und fundierte Informationen beinhaltet und zum Nachdenken anregt.