Rezension von Annemarie

Inhalt

Die Abgründe der menschlichen Seele sind tief. Vor deutschen Gerichten spielen sich so manche Grausamkeiten und unglaubliche Geschichten ab, dass man es oft nicht fassen kann.

Näher damit auseinandergesetzt hat sich Raquel Erdtmann, eine freie Schauspielerin, Autorin sowie Illustratorin. Sie hat sich als Zuschauerin in diverse Gerichtssäle begeben und den Fällen dort beigewohnt. Über aufsehenerregende und spannende Fälle berichtet sie nun.

So ist der Band in diverse Kurzgeschichten aufgeteilt. In diesen werden die unterschiedlichen Fälle vor Gericht vorgestellt. Dabei gerät man einigen Personen erstaunlich nah, hat teilweise sogar fast das Gefühl, selbst im Gerichtssaal zu sitzen. Sehr plastisch beschreibt Erdtmann in den Geschichten die bemerkenswertesten Einzelheiten der einzelnen Fälle, oft auch mit wörtlicher Rede, wer was während des Tatvorganges und während des Gerichtsprozesses gesagt hat. Gerade in Bezug auf die Ursachen für die Tat nennt sie einiges an Fakten, so oft auch die Vergangenheit von Täter und ggf. auch Opfer. Sie erklärt, wie sich die Situationen zugespitzt haben, beschreibt den Tathergang selbst und erläutert dann Bemerkenswertes, was sich im Gerichtssaal während der Anklage abspielte. Dabei erspart sie dem Leser netterweise genauere Einzelheiten der Grausamkeiten.

Die einzelnen Geschichten sind im Fließtext geschrieben, die Namen sind verändert, ebenso gibt es zur Bewahrung der Anonymität der beteiligten Personen keine Fotos und andere Abbildungen im Buch. Dafür ist der Band relativ leicht und handlich und eignet sich auch zum Lesen unterwegs.

Rezension

Die Fälle sind wie das Leben selbst. Bei einigen Tätern kann man die Tat in Anbetracht der Umstände verstehen, andere Taten hingegen sind vollkommen unerklärlich und der Täter erscheint einem fremd, fast schon als Monster. Manche Urteile der Richter wirken gerecht, andere, etwa im Fall der Freisprechung eines Zuhälters, himmelschreiend ungerecht. Und manchmal sind die Täter die eigentlichen Opfer, da sie eine Tat nur deshalb begangen haben, um ihrem schweren Leid zu entkommen oder weil sie aufgrund von Missbrauch psychisch krank geworden sind. Und dann werden sie auch noch für ihre Tat verurteilt. So hat das Buch eine große Fülle an komplett unterschiedlichen Täterprofilen und Fällen. Von Überfall über Menschenschmuggel, Körperverletzung und versuchten Mord bis hin zu real vollbrachtem Totschlag, fahrlässiger Tötung und Mord ist vieles dabei.

Allerdings wurden mir viele Fälle doch zu kurz erläutert. Ich hätte mir da ausführlichere Erläuterungen gewünscht. Vielleicht liegt das auch daran, dass Erdtmann eben „nur“ Zuschauerin ist und beruflich im Bereich Medien tätig ist, der Band also aus Sicht eines Laien geschrieben ist. Die Schilderungen einer Richterin oder Staatsanwältin hätten sicherlich anders ausgesehen.

Gut gefiel mir aber, dass Erdtmann sehr authentisch schreibt. Sie übertreibt nicht, berichtet eher. Und gerade dadurch wird die jeweilige Tat und der damit verbundene Schrecken so plastisch. Natürlich macht die Tatsache, dass alle Fälle real sind, auch einen erheblichen Reiz an diesem Band aus. So ist das Buch – auch wenn das jetzt ein bisschen makaber klingt – ziemlich unterhaltsam und gut zu lesen.

Da der Band keine genauen Schilderungen der blutigen Fälle enthalt, kann er auch von eher zartbesaiteten Personen ganz gut gelesen werden.

Durch die kurze Länge der Kapitel kann das Buch sehr gut in vielen kleinen Etappen durchgelesen werden und eignet sich optimal, wenn man im Alltag eine kurze, spannende Auszeit braucht, die einen schnell und effektiv in eine andere Welt hineinkatapultiert.

Fazit

Ein reales, oft erschreckendes Buch, in dem verschiedene reale Gerichtsfälle vorgestellt werden. Allen zu empfehlen, die spannende, wahre Kurzgeschichten aus dem Gerichtssaal lesen möchten.