Rezension von Annemarie

Inhalt

Die Erziehung nach der Montessori-Pädagogik bedeutet, sich intensiv dem eigenen Kind und dessen Bedürfnissen zu widmen und es diese frei und unabhängig von irgendwelchen Vorgaben entfalten und entwickeln zu lassen.

Nur – wie geht das bei einem noch ganz kleinen Kind – beim Baby? Wie kann man diesem Wesen eine möglichst warme und heimelige, liebevolle Umgebung geben, dabei aber nicht aus den Augen verlieren, dass es sich selbst und das eigene Selbst selbstständig entwickeln und eigene Erfahrungen machen muss? Genau das lernt man in diesem Buch.

Verfasst ist es von Simone Davies, Montessori-Spezialistin, die international Anerkennung genießt und bereits international weit verbreitete Bestseller verfasst hat, sowie Junnifa Uzodike, einer Montessori-Erzieherin, die in Nigeria eine eigene Montessori-Schule gegründet hat.

Untergliedert ist ihr Werk in zehn Kapitel, welche nochmals aus Unterkapiteln, und oft auch aus Unter-Unterkapiteln, bestehen. Nach einer allgemeinen Einleitung in das Buch und die Montessori-Pädagogik wird im zweiten Kapitel die Montessori-Pädagogik umfassender beleuchtet. Hierbei geht es zunächst nur um die Montessori-Pädagogik allgemein. Im Anschluss wird es spezieller: Es wird auf den Lebenszeitraum des Kindes von der Zeugung bis zur Geburt eingegangen und wie man dem Kind schon im Mutterleib einen wohlbehüteten, liebevollen Start ins Leben geben kann. Es folgt eine Erläuterung, wie man das Zuhause des Babys und zukünftigen Kleinkindes möglichst liebevoll und altersentsprechend einrichten sollte, bevor die Grundwerte der Begleitung eines Babys nach Montessori näher erläutert werden. Wie man Babys beschäftigen kann und sollte, um ihre Entwicklung zu fördern, ist Inhalt des folgenden Kapitels. Dabei wird zum einen eine Unterteilung in die unterschiedlichen Altersabschnitte 0-3 Monate, 3-6 Monate, 6-9 Monate sowie 9-12 Monate vorgenommen, zum anderen auch in Bewegungsaktivitäten, sprachliche Aktivitäten und andere Aktivitäten. Nun geht es an die praktische Umsetzung. Hierbei wird allgemein auf den Alltag und im Speziellen auf die körperliche Fürsorge sowie auf weitere Situationen eingegangen und häufige Fragen beantwortet. Da das Ganze von Erwachsenen eine gewisse Reife und Geduld benötigt, wird im folgenden Kapitel auf die Vorbereitung auf das Baby eingegangen. Schließlich werden weitere Fragen und Themen zum Alltag mit dem Baby, beispielsweise als alleinerziehende oder in Trennung lebende Person, behandelt. Wie sich das Kind im Anschluss an die Säuglingszeit weiter entwickelt, ist Teil des letzten Kapitels. Schlussendlich erzählen einige Montessori-Familien weltweit auf wenigen Seiten aus ihrem Alltag. Im Anhang findet man tabellarisch aufgelistet die unterschiedlichen Aktivitäten von Babys verschiedener Altersklassen, Hinweise, was wann passiert und wie man sich im entsprechenden Entwicklungsabschnitt des Kindes zu verhalten hat, Hinweise auf weiterführende Lektüre und Downloads, eine kurze Auflistung der primitiven Kindsreflexe sowie einen Dank.

Das Buch ist an einigen Stellen farbig und mit einfachen Zeichnungen illustriert. Diese drängen sich aber niemals in den Vordergrund, sind ausschließlich in kleinem Format und eher selten vorzufinden und dienen nur der netteren Lesbarkeit.

Rezension

Die im Buch erläuterte Pädagogik finde ich sehr gut, logisch und kindsgerecht – in der Theorie. Nur – und jetzt der ganz große Haken aus meiner Sicht: Wie soll man als (werdende) Mutter bzw. als Vater oder andere Bezugsperson das alles schaffen? Da wird im Buch davon geschrieben, man solle die ganze Wohnung bzw. das ganze Haus nach dem Kind umgestalten, was ja noch ginge. Als es dann aber darum ging, dass die optimale Geburt ohne Schreien abläuft und man ein Kind möglichst gar nicht schreien lassen sollte, wurde mir schon ein wenig mulmig. Denn was, wenn man nicht perfekt ist, das Kind doch einmal anschreit, als alleinerziehende Person ohnehin genug um die Ohren hat und das Kind daher manchmal einfach schreien lassen muss, etwa wenn das Essen auf dem Herd nicht kohlrabenschwarz werden soll, wenn man die x-te schlaflose Nacht hinter sich hat und einfach komplett fertig ist, ein krankes und/oder ein Schreikind hat und, und, und? Und wie man die gefürchteten Koliken in den ersten drei Monaten wegbekommt – oft eine wesentliche Ursache für das Schreien, welche erst einmal beseitigt werden muss, damit das Kind ruhig und zufrieden ist – steht leider auch nicht im Buch. Auf solche Situationen wird gar nicht eingegangen. Es wird einfach vorausgesetzt, dass die erwachsene/n Person/en so etwas wie Übereltern sind, die keine Fehler machen und bei denen alles super läuft. Hinweise, wie man solche Fehler – wo möglich – „ausbügeln“ kann, wo man sich bei Überforderung Hilfe holen kann, was zu tun ist, wenn man an die eigenen Grenzen stößt (hat jeder Elternteil garantiert schon erlebt) oder wenn irgendetwas Unvorhergesehenes passiert, fehlen komplett. Und das finde ich gefährlich. Denn in der heutigen Gesellschaft werden Eltern ohnehin schon genügend unter Druck gesetzt, alles perfekt machen zu müssen, sie haben schon genügend mit oft komplett übertriebenen Ansprüchen zu kämpfen – und nach der Geburt sind Frauen ohnehin deutlich weniger belastbar, insbesondere, wenn sie auch noch eine Wochenbettdepression bekommen.

Aus diesem Grund finde ich den Band gut und interessant –solange man den Inhalt als Hinweise versteht, von denen man einige umsetzen kann, aber nicht muss, quasi als Band mit Anregungen. Die dogmatische, strenge Befolgung der Ratschläge aus dem Buch ist hingegen meiner Meinung nach in der Praxis kaum realisierbar und führt unweigerlich zum Gefühl, als Elternteil nicht gut genug zu sein.

Gut gefiel mir hingegen, dass in diesem Band – anders als in diversen anderen Büchern zum Thema Babys – schon auf die Entwicklung des Kindes im Mutterleib eingegangen wird. Dies fand ich besonders – besonders gut, um genauer zu sein – da ein Kind wissenschaftlich anerkannt und bewiesen schon früh in der Schwangerschaft wahrzunehmen beginnt und sich die Entwicklung nach der Geburt im Grunde genommen nur fortsetzt – nur eben mit deutlich veränderten Rahmenbedingungen und außerhalb des Mutterleibes. Umso schöner finde ich, dass in diesem Band endlich einmal nicht nur die gängigen Ratschläge zur optimalen Versorgung des Körpers von Ungeborenem und Schwangerer eingegangen wird, sondern das seelische Empfinden des Ungeborenen in den Mittelpunkt gestellt wird.

Fazit

Ein sehr interessanter Band mit Ratschlägen, wie das eigene Baby nach Montessori optimalerweise zu behandeln und zu fördern ist. Allen Eltern (in spe), die ihrem (entstehenden) Baby ermöglichen wollen, sich wirklich nach seinen eigenen Bedürfnissen zu entwickeln und entweder die Ratschläge aus dem Band als freiwillig umsetzbare Anregungen verstehen oder Übereltern sind, sehr zu empfehlen.