Tristan Gooley: Unsere verborgene Natur

Rezension von Annemarie

Inhalt

Ein Gespür dafür, was in der Natur vor sich geht. Das hatten unsere Vorfahren einst. Sie wussten oft sehr genau, was die unterschiedlichen Wolkentypen bedeuten, wie man sich in der Natur zurechtfindet, welche der Informationen, die ihnen die Natur zur Verfügung stellte, wichtig war und was weniger relevant war. So mussten sie zum einen das große Ganze im Blick haben, zum anderen aber auch die wichtigen Informationen herausfiltern. Dies alles war notwendig, wollten sie überleben. Fähigkeiten, die in der heutigen Zeit intensiv trainiert werden, hingegen sind vor allem das Sitzen auf Bürostühlen, das Autofahren, die Fähigkeit, Schnäppchen zu ergattern und im Internet zu surfen. Keine Frage, der Mensch hat sich von seinen ursprünglichen Aufgaben und seinem ursprünglichen Leben sehr weit entfernt. Fähigkeiten und Wissen über Natur und Umwelt, die noch vor wenigen Jahrhunderten ganz selbstverständlich von fast jedem einfachen Bürger beherrscht wurden, sind verlorengegangen. Doch im Grunde ist der Mensch für ein Leben in Bürogebäuden gar nicht geschaffen. Zudem ist die Ratlosigkeit groß, wenn man sich in der Natur befindet – vielleicht in einer Notsituation – sich auf einmal dort zurechtfinden muss. Doch – das muss nicht so bleiben! Man kann das Wissen wieder erwerben. Und wer weiß besser Bescheid über das Wissen und die notwendigen Fähigkeiten als Tristan Gooley! Denn dieser hat viele Jahre seines Lebens damit verbracht, die Natur genauer zu erfassen und zu entschlüsseln, den eigenen Instinkt wieder zu entfachen und sich in der Natur zurechtzufinden und zuhause zu fühlen. Des Weiteren hat der Naturexperte bereits einige Bücher verfasst, darunter auch New-York-Times-Bestseller. Aufbauend auf seinen eigenen Erfahrungen und Erlebnissen, die er im Buch schildert und während derer er u.a. vieles von dem uralten Wissen neu erlernt, erklärt der Autor, wie man das Wissen, das doch einst vollkommen selbstverständlich war, wiederentdeckt und vielleicht auch seiner eigenen Natur wieder näher kommt. So erläutert er häufig auch seine eigenen Erlebnisse, Erkenntnisse und Naturerfahrungen.

Untergliedert ist der Band relativ übersichtlich in fünf Teile, die jeweils nochmals aus fünf bis 14 Kapiteln bestehen, plus einen sechsten Teil, den ich aufgrund seiner Länge eher als Abschlusskapitel bezeichnen würde: den Epilog. Der erste Teil ist primär eine Einführung in die Naturbeobachtung und darüber, wie man dieser wieder näher kommen kann. Im zweiten Teil lernt man bestimmte großräumige Landschaftselemente, darunter Himmel, Sonne, Wälder, Licht und Schatten, aber auch kleinere Elemente wie Hecken, Bissspuren etc. kennen. Im Anschluss daran erzählt der Autor über seine Tierbeobachtungen und was man daraus lernen kann. Nachdem in den ersten Teilen die grundlegenden Zeichen besprochen und erläutert wurden, sollte man für den vierten Teil schon etwas Naturerfahrung haben und zumindest einen grundlegenden Instinkt besitzen, was wichtig ist und was nicht. Denn in diesem werden die Zeichen für fortgeschrittene Personen auf dem Gebiet de Naturbeobachtung und -erfahrung erläutert. So geht es in diesem u.a. um das Schwarmverhalten von Tieren, um Schwingungen von Tieren – etwa Vögeln auf Ästen – aber auch von Wasser und anderen Elementen. Teil fünf schließlich enthält das spezifischste Wissen. Hierfür sollte man die ersten Teile gründlich durchgearbeitet und verstanden haben – theoretisch und praktisch. So geht es hier u.a. um die Jagd – was man also als erfahrener Jäger alles an Zeichen miteinbeziehen kann und sollte, möchte man möglichst erfolgreich jagen – sowie um die Wahrnehmung von Tieren.

Der Band ist als Lesebuch gestaltet, enthält aber an den Stellen, wo eine Skizze unterstützend für das Verständnis ist, einfache Schwarzweiß-Zeichnungen zur Veranschaulichung.

Rezension

Ein Buch, mit dem man die Natur wieder besser erfährt, kennenlernt, die eigenen Instinkte schärft. Das fand ich spannend. Und da ich Gooley nicht zum ersten Mal las, bin ich mit recht hohen Erwartungen an den Band herangegangen. Um es kurz zu machen: Meine Erwartungen wurden vollkommen erfüllt. Warum? Nun – man bekommt enorm viel neues, interessantes und wichtiges Wissen über die Natur auf malerisch-unterhaltsame, aber auch sachliche Art und Weise vermittelt, merkt dabei aber auch, wie viel Wissen eigentlich verloren gegangen ist und wie stark wir Menschen heutzutage von den selbstgemachten Strukturen und Technologien abhängig sind. Und: Man wird motiviert, rauszugehen und selber die Natur kennenzulernen und zu erfahren. So eignet sich der Band besonders gut für Menschen, die das Gefühl haben, dass Ihnen irgendetwas im Leben fehlt, vielleicht aber nicht wirklich wissen, was genau dies ist.

Besonders und faszinierend an Gooleys Schreibstil finde ich, dass dieser zum einen malerisch schreibt; er nimmt den Leser auf seine Naturerfahrungen mit, bei denen er tief in die Natur eintaucht. So ist der Band auf der einen Seite schön und man kann sich wunderbar in diesen vertiefen. Zum anderen erklärt Gooley aber auch ganz rational und auf naturwissenschaftlichen Erkenntnissen beruhend. So taucht man nicht nur in die Natur ein, erhält einen Einblick, was wichtig ist und was nicht, sondern versteht auch, warum dies so ist. Und das fand ich einfach gut.

Fazit

Ein faszinierendes Buch vom „Sherlock Holmes“ der Natur, in dem man sowohl auf emotionaler, als auch auf rationaler Ebene die Grundlagen dafür lernt, die Natur wieder richtig wahrzunehmen und ihre Zeichen zu verstehen. Allen Menschen zu empfehlen, die die Natur mögen, diese verstehen möchten und vielleicht auch ihre uralten Instinkte wieder entfachen wollen.