Rezension von Anjana

Die Münchner Kripo wird zu einem grausamen Mord gerufen. Ein Mann wurde an den Füßen aufgehängt und die Kehle aufgeschlitzt. Todesursache: Verbluten. Und der Täter scheint ein Profi zu sein, denn die Spurensicherung findet kaum einen Hinweis.

Als sich jedoch Kommissar Simon die Sachen des Toten genauer ansieht, macht er eine erschreckende Entdeckung. Am Tatort wurde ein Gegenstand gefunden, der eindeutig aus seiner Wohnung stammt. Damit wird aus dem einfachen Mord für Paul Simon eine persönliche Angelegenheit. Und dann taucht auch schon die zweite Leiche auf.

SPRACHLICH/LITERARISCH

Der Thriller hat weder Prolog noch Epilog, er besteht aus fünf Teilen mit einer unterschiedlichen Anzahl an Kapiteln. Die Teile gliedern das Buch auf und geben ihr Zwischenüberschriften, die die Spannungskurve, die die Handlung beschreibt, in Worten ausdrückt.

Die Handlung hat einen personalen Erzähler, der sich bei verschiedenen Charakteren aufhält und aus deren Sicht erzählt. Jedoch bleibt er dabei nicht ganz stur bei einer Person innerhalb des Kapitels, sondern springt auch zwischen zwei Personen hin und her, auch wenn er bei dem zweiten Charakter nicht lange verweilt. Meist werden dabei die Situation oder die Gedanken einer Person zu der derzeitigen Situation als Ergänzung hinzugezogen. Beispielsweise um das Verhalten und Handeln des Kommissaren Simon, bei dem sich der Erzähler die meiste Zeit aufhält, durch seinen Partner darzustellen. Besonders deutlich wird dabei die Heimlichtuerei von Paul Simon, der seinen Partner und Freund im Unklaren lässt und auf Alleingang geht. Hier stehen sich Aktion und Reaktion direkt gegenüber.

Aus der Sicht des Täters wird ebenfalls erzählt, jedoch ohne zu viel preiszugeben. So erhält der Leser Informationen, die Spannung wird dabei aber nicht zerstört. Dadurch ist es möglich, dem Geschehen aufmerksam zu folgen, da „Mitdenken“ gefordert ist, der Leser kann in gewisser Weise mit der Polizei „mitermitteln“. Außerdem entstehen gewisse Vorahnungen, die einen bangen lassen, da man weiß, welche Konsequenz auf diese oder jene Handlung folgt, die für die betreffende Person jedoch eher negativ ist. Das Gefühl des „weglegen wollen, weil man sich das nicht mehr mit ansehen kann; aber weiterlesen müssen, weil man doch wissen will, wie es weitergeht“ entsteht dabei – sehr wertvoll für ein Werk wie dieses.

HANDLUNG

Neben der ersten Handlung, die Ermittlungsarbeit in Folge der Morde, steht eine zweite Handlung, die persönliche Seite des Kommissaren Paul Simon, der durch den Täter direkt angegriffen wird. Dieser beginnt daher, zweigleisig zu fahren, einerseits die Schiene der offiziellen Ermittlungen, andererseits seine persönlichen Nachforschungen. Dass er dabei die eine oder andere Regel bricht, gibt dem ganzen einen kleinen Kick. Die Handlungen verlaufen parallel und werden letzten endlich durch die gleichen Ereignisse geprägt. Alles ist schlüssig durchdacht, es bleiben keine direkten offenen Fragen und auch das letzte Kapitel, was als Epilog durchgehen könnte, lässt keine Erwartungen auf eine Fortsetzung offen.

Zu sagen ist jedoch, dass das Gefühl aufgekommen ist, dass der erste Handlungsstrang mit den offiziellen Ermittlungen immer nebensächlicher wird, je weiter die Bedrohung von Simon und seiner Familie durch den Täter fortschreitet. Das kann natürlich so von dem Autor Christian Kärger gewollt sein, denn trotzdem scheint alles gut durchdacht. Eine andere Erklärung wäre, dass Kärger den Ausbau der polizeilichen etwas „aus den Augen verloren hat“, als der persönliche Kampf zwischen Simon und dem Täter immer mehr Aufmerksamkeit gefordert hätte.

PERSONEN/CHARAKTERE

Die Anzahl der Charaktere im Buch ist überschaubar, wichtige, die Handlung beeinflussende Personen treten immer wieder auf und bleiben als diese mit ihrem Charakter im Gedächtnis. Besonders gefiel mir der Rechtsmediziner Dr. Franke, der mit seiner neunmalklugen, belehrenden Art und seiner Intelligenz ein schöner Gegensatz zu den Ermittlern Simon und seinem Partner Lockhardt ist.

ABSCHLIEßENDES GESAMTBILD

Das Werk gibt ein gelungenes Gesamtbild ab. Die Handlungen sind insgesamt schlüssig und die Situationen nachvollziehbar.
Die Spannung wird durchgängig gehalten und die durch langatmige, unnötige Situationen herausgezögert, ebenso macht die Handlung keine Sprünge, sodass man das Gefühl hat, etwas wichtiges verpasst zu haben, nur, um schnell zum Ende zu kommen.

Ein kleiner Schönheitsfehler, der aber durchaus Geschmacksache sein kann, ist die etwas „abgespeckte“ Ermittlungsarbeit, wie, schon unter HANDLUNG benannt, immer mehr in den Hintergrund rückt. Im Allgemeinen hätte ich mir mehr Details, mehr Ereignisse, mehr Ermittlung gewünscht.

Somit möchte ich hier von einem spannenden Werk sprechen, welches die Genrebezeichnung Thriller hat.