Rezension von Marion

Dieses Buch spielt in der Mitte des 19. Jahrhunderts und beginnt im Hafenstädtchen Hull. Die Ära der Walfangschiffe neigt sich dem Ende zu. Die Meere sind so gut wie leer gefischt, außerdem steigt die Wirtschaft zunehmend auf Erdöl um. Doch die Volunteer soll noch einmal auslaufen, noch einmal das große Geld machen wie Baxter, der Schiffseigner, hofft. Er schickt den vom Pech verfolgten Kapitän Brownlee auf eine neue Walfangexpedition.

Brownlee stellt eine armselige Crew zusammen. Da sein sein Ruf nicht der Beste ist, ist die Auswahl nicht groß. Unter ihnen ist der Harpunierer Henry Drax, ein hartgesottener Mann der vor nichts zurückschreckt, auch nicht vor Mord. Seine sexuellen Neigungen lebt er ohne Rücksicht aus. Drax ist ein richtig mieser Mensch, doch er ist sehr intelligent und schafft es so seine Schandtaten zu verheimlichen und die Menschen um sich herum zu seinem Vorteil zu manipulieren.

Der irische Arzt Patrick Sumner war bei der Belagerung Delhis dabei, und wurde unehrenhaft entlassen. Er bittet Brownlee als Schiffsarzt anheuern zu dürfen, da er sich ein wenig Geld verdienen möchte. In Wahrheit möchte er sich rar machen, da die Umstände unter denen er bei der Armee ausgeschieden ist, sehr unglücklich gewesen sind. Er ist dem Opium zugetan, eine Sucht, die auch damals teuer und nicht ungefährlich war.

Als die Volunteer ausgelaufen ist, lernt der Leser alle Charaktere erst einmal näher kennen. Schon nach kurzer Zeit wird man in das raue Leben an Bord des Walfangschiffes gezogen. Die Arbeit ist hart, das Leben der Männer mehr als anstrengend. Einige verlieren bei der Arbeit ihr Leben, nicht jedes Schiff läuft wieder sicher im Hafen ein. Es beginnt bald die kalte Jahreszeit, die Gefahr einen Eisberg zu rammen ist nicht unerheblich.

Als Sumner bei einem Schiffsjungen deutliche Anzeichen von Missbrauch entdeckt, verlangt er von Brownlee der Sache auf den Grund zu gehen. Danach überstürzt sich die Handlung, eine Katastrophe nach der anderen geschieht. Ist Brownlee wirklich vom Pech verfolgt? Hat Henry Drax etwas mit dem schändlichen Missbrauch zu tun? Kommen Sie doch einfach an Bord der Volunteer und überzeugen Sie sich selbst, wenn Sie sich trauen……

Der Autor schlägt in dem Amazon-Bestseller oft einen derben Ton an, so wie man ihn unter Seeleuten zu der Zeit erwarten würde. In einem anderen Roman hätte mich dies abgestoßen, hier machte es die Geschichte für mich sogar noch authentischer. Ich fühlte mich an Deck des Schiffes versetzt, als stiller Beobachter. Erzählerisch ist Ian McGuire ein Meisterwerk gelungen, er hat mich voll und ganz überzeugen können.

Für mich war dieser Roman eine Reise in eine Welt, die ich nur fiktiv erleben möchte. Dennoch ist es eine Reise die man gemacht haben sollte. Nordwasser ist ein kleines literarisches Juwel. Von einigen Leser habe ich gehört, man könne den Roman mit Süsskinds Parfüm oder Moby Dick vergleichen. Abwegig sind diese Vergleiche in meinen Augen zwar nicht, aber ich sehe in Nordwasser trotzdem ein Werk, das sich von der Masse abhebt und dem Leser etwas ganz Neues bietet.